Am Freitag hatten die Ermittler formelle Anschuldigungen gegen den Musiker in zehn Punkten erhoben, von denen sich neun auf den Missbrauch von Minderjährigen im Alter von 13 bis 16 Jahren beziehen. Staatsanwältin Kim Foxx sagte, die Fälle stammten aus den Jahren 1998 bis 2010 und beträfen vier Opfer, darunter drei Minderjährige. Pro Anklagepunkt erwarten Kelly zwischen drei und sieben Jahren Haft.
Nach Kellys Inhaftierung erklärte sein Anwalt Steve Greenberg, die Anschuldigungen beruhten auf alten und falschen Anschuldigungen. Greenberg sagte, der Musiker werde „rehabilitiert“: „Ich glaube, alle Frauen lügen.“ Nach Angaben des Opferanwalts Michael Avenatti werden die inzwischen neu aufgekommenen Anschuldigungen durch ein aufgetauchtes, 45-minütiges Video untermauert, das den Sänger beim Sex mit einer Minderjährigen zeigen soll.
Schutzalter
Das Schutzalter (Age of consent) wird in den USA von den Bundesstaaten geregelt. Als sexuell mündig gelten Jugendliche aber frühestens ab 16. Sex mit Personen unter 16 Jahren ist sexueller Missbrauch und somit eine Straftat.
Nach TV-Doku im Visier der Ermittler
„Nach fortlaufendem sexuellem Missbrauch und sexuellen Übergriffen minderjähriger Mädchen über 25 Jahre hinweg ist der Tag der Abrechnung für R. Kelly gekommen“, so Avenatti, der durch seine Tätigkeit für die Pornodarstellerin Stormy Daniels im Rechtsstreit mit US-Präsident Donald Trump bekannt wurde, via Twitter. „Es ist vorbei.“ Avenatti hatte bereits vor einigen Tagen mitgeteilt, das Video an die Ermittler in Kellys Wohnort Chicago übergeben zu haben.
Der US-Sender Lifetime hatte im Jänner eine sechsstündige Dokumentation „Surviving R. Kelly“ (sinngemäß: „Ich habe R. Kelly überlebt“) ausgestrahlt, in der mehrere Frauen den Sänger beschuldigten, Mädchen unter 16 Jahren sexuell missbraucht zu haben. Andere Zeugen versichern, der durch Hits wie „I Believe I Can Fly“ bekannte Musiker habe Frauen wie Sexsklavinnen gehalten. Als Konsequenz kündigte das Plattenlabel RCA die Zusammenarbeit mit Kelly auf. Staatsanwaltschaften in unterschiedlichen Bundesstaaten schalteten sich ein.
Netz ruft zu Kelly-Boykott auf
Erste öffentliche Anschuldigungen gegen R. Kelly gab es bereits vor knapp 20 Jahren. 2002 wurde der Sänger und Produzent wegen Filmaufnahmen angeklagt, auf denen er zu sehen sein soll, wie er eine 13-Jährige sexuell missbraucht. Er war damals in 14 Punkten angeklagt und wurde 2008 freigesprochen. Kelly, der mit bürgerlichem Namen Robert Sylvester Kelly heißt, und das damalige mutmaßliche Opfer, zum Zeitpunkt des Prozesses bereits erwachsen, bestritten beide, auf dem Video zu sehen zu sein.
Indes formiert sich – vor allem im Netz – immer größerer Widerstand gegen den Sänger. Menschen wollen den Sänger mittels des Hashtags „#MuteRKelly“ sowie mit Petitionen boykottieren. In Deutschland haben Zehntausende Menschen mit ihrer Unterschrift ein geplantes Konzert in Sindelfingen verhindert. R. Kelly habe nach der Entscheidung aus Sindelfingen klar bekräftigt, ein Konzert in Süddeutschland zu geben.