Eindrücke vom Gipfel
AP/Francisco Seco
Gipfel mit Arabischer Liga

EU setzt auf engere Zusammenarbeit

Die Europäische Union will auf ihrem allerersten Gipfel mit der Arabischen Liga die Zusammenarbeit mit den Ländern der krisengeschüttelten Region stärken. Zum Auftakt rief EU-Ratspräsident Donald Tusk die Teilnehmer und Teilnehmerinnen auf, die Probleme gemeinsam anzugehen.

„Wir müssen das zusammen machen und dürfen das nicht den weit entfernten Weltmächten überlassen“, sagte Tusk zu Beginn des Treffens im ägyptischen Badeort Scharm al-Scheich am Sonntag. Zu dem zweitägigen Spitzentreffen am Roten Meer sind fast 50 Regierungschefs und -vertreter zusammengekommen. Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi als Gastgeber forderte die EU auf, gemeinsam den Kampf gegen den Terror zu verschärfen. Der Terror habe sich wie eine schädliche Plage verbreitet. Beide Seiten müssten dringend Seite an Seite stehen, um dieser zu begegnen.

Auf der Tagesordnung stehen unter anderem die Eindämmung der illegalen Migration und der Kampf gegen den Terrorismus. Zudem sollen auch die Konflikte in Syrien, dem Jemen und Libyen sowie der stockende Nahost-Friedensprozess Thema der Gesprächsrunden sein.

Eindrücke vom Gipfel
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Migration, Terror, internationale Konflikte und Menschenrechte – ein Gipfel mit vielen Themen

Konkrete Ergebnisse werden allerdings nicht erwartet. „Der Gipfel als solcher ist schon eine Botschaft an den Rest der Welt“, sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. In Scharm al-Scheich seien Politiker und Politikerinnen zusammengekommen, die zwölf Prozent der Weltbevölkerung vertreten.

„Sichere und legale Migration ermöglichen“

Sisi sagte, der Gipfel zeige, dass beide Regionen mehr verbinde als trenne. Der Nahe Osten müsse sich von einer Konflikt- in eine Erfolgsregion verwandeln. Eine Zusammenarbeit sei auch notwendig, um sichere und legale Migration zu ermöglichen. Das müsse Hand in Hand mit dem Kampf gegen Schleuser gehen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sagte, EU und Arabische Liga teilten bei den Themen Frieden, Sicherheit und wirtschaftliche Zusammenarbeit gemeinsame Interessen. Fast die Hälfte der arabischen Bevölkerung sei unter 25. „Wenn wir nicht zusammenarbeiten, um ihnen gute Jobs und eine Perspektive für die Zukunft zu geben, werden wir ernsthafte Probleme haben“, sagte Mogherini.

Kurz drängt Nordafrika zu Rücknahme von Asylwerbern

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) forderte von den nordafrikanischen Ländern die verstärkte Rücknahme von in Europa abgelehnten Asylwerbern und Asylwerberinnen. Österreich sei bereit, hier mehr Druck auszuüben, sagte Kurz vor Beginn der Beratungen. Man dürfe sich aber „zu Recht erwarten“, dass die nordafrikanischen Länder ihre Staatsbürger, die keinen Anspruch auf Asyl in Europa haben, zurücknehmen, weil sie „viel Unterstützung von der EU bekommen“. Er hoffe hier auf einen „Umdenkprozess“, so Kurz.

Umgekehrt gibt es in der EU in der Frage von in Syrien gefangenen IS-Kämpfern und deren Angehörigen mit EU-Staatsbürgerschaft gerade die umgekehrt gelagerte Debatte. Hier sprechen sich Kurz und andere Regierungschefs gegen eine Rücknahme aus.

Für Kurz EU-Druck nötig

Kurz sagte freilich, dass neben der Bereitschaft der nordafrikanischen Länder, von der EU abgewiesene Asylwerber zurückzunehmen, auch die EU ihre „Hausaufgaben“ erledigen müsse. Denn: „Wenn von der EU kein Druck kommt, darf man sich nicht wundern, wenn sich diese Staaten sehr Zeit lassen“, so Kurz vor Journalisten und Journalistinnen.

Die auf dem EU-Gipfel im Juni vergangenen Jahres beschlossenen und von Kurz geforderten „Ausschiffungs- und Anlandeplattformen“ für Geflüchtete im Mittelmeer werden kein Thema sein. Diese Begriffe würden in Nordafrika „sehr schlecht ankommen“, so Kurz.

„Lassen keine illegale Migration nach Europa zu“

Sisi hatte zuletzt darauf hingewiesen, sein Land lasse keine illegale Migration in Richtung Europa zu, erhalte im Gegensatz zur Türkei dafür aber kein EU-Geld. Das wird als Hinweis darauf verstanden, dass er auch finanzielle Unterstützung erhalten will.

Gruppenfoto vom Gipfel
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Rund 50 Regierungsvertreter und Regierungsvertreterinnen sind auf dem ersten EU-Gipfel mit der Arabischen Liga zusammengekommen

Das Land leidet seit Jahren unter Terror. Unter anderem im Norden des Sinai-Halbinsel ist ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aktiv. Kritiker werfen der Regierung vor, sie nutze den Kampf gegen den Terror als Vorwand, um hart gegen Gegner vorzugehen.

Kritik an Gipfelteilnehmer

Auf dem Gipfel soll auch über Menschenrechte gesprochen werden. Juncker bejahte die Frage, ob er Bauchgrimmen angesichts der Menschenrechtslage in vielen arabischen Ländern habe. Er sagte aber weiter: „Wenn ich nur mit lupenreinen Demokraten reden würde, wäre ich am Dienstag schon mit meiner Woche ans Ende gekommen.“ Europa müsse mit allen reden, so der EU-Kommissionschef. „Aber man muss offen reden, ohne dass man das Thema Menschenrechte jetzt überhöht, aber man darf es auch nicht untergewichten.“

Allerdings gab es auch kritische Stimmen zu dem Gipfel. Die Hilfsorganisation Brot für die Welt etwa warnte, Europa dürfe die Lösung der Probleme mit der Migration „weder Nationalisten noch Regierungen, die systematisch Menschenrechte verletzen, oder gar gesuchten Kriegsverbrechern überlassen“. Es berge unkalkulierbare Risiken, rechtsstaatliche Prinzipien über Bord zu werfen, nur um Migranten den Zugang nach Europa zu verwehren.