Houses of Parliament in London und die Britische und die EU-Flagge
Reuters/Toby Melville
Nach Labour-Wende

Verschiebung von Brexit rückt näher

Nach der Kehrtwende der Labour-Partei, die sich nun doch für ein zweites Brexit-Referendum ausspricht, ist die konservative britische Premierministerin Theresa May unter Zugzwang. Sie muss ihre Strategie ändern: Nach der EU dürfte nun auch May die Tür für eine Verschiebung des Brexits öffnen.

Bereits am Dienstag muss May bei einer Erklärung im Parlament um die Kontrolle im Brexit-Verfahren kämpfen. May steht unter großem Druck ihrer eigenen Konservativen Partei, den EU-Austritt zu verschieben, falls das Brexit-Abkommen nicht bis Mitte März unter Dach und Fach ist. Gleichzeitig droht ihr deshalb eine Revolte der Brexit-Hardliner in den eigenen Reihen.

Mehrere britische Medien berichteten unter Berufung auf Regierungskreise, May könnte selbst eine Verlängerung der Austrittsfrist ins Spiel bringen – für den Fall, dass sie mit ihrem Deal erneut scheitert. Noch am Montag hatte May eine Verschiebung des Brexits abgelehnt.

Schwere Niederlage droht

Mit dem Zugeständnis könnte die Regierungschefin möglicherweise eine empfindliche Niederlage am Mittwoch verhindern, wenn das Parlament über die weiteren Brexit-Schritte abstimmt. Ansonsten ist es möglich, dass sie keine Wahl mehr hat. Mehrere Regierungsmitglieder stellten sich hinter einen überparteilichen Antrag, der May gesetzlich zum Verschieben des EU-Austritts verpflichten soll, wenn das Abkommen nicht bis Mitte März ratifiziert ist.

Auch die oppositionelle Labour-Partei steht hinter dem Vorstoß. Labour-Chef Jeremy Corbyn kündigte am Montagabend zudem an, seine Partei stelle sich hinter die Forderung nach einem zweiten Brexit-Referendum. Zuvor will Labour jedoch versuchen, die Regierung von ihren eigenen Brexit-Plänen zu überzeugen. Unter anderem soll das Land nach dem Willen von Labour in einer Zollunion mit der EU bleiben. Das lehnt May ab, aber sie geriet durch den Labour-Vorstoß weiter unter Druck.

Debatte über Verschiebung des Brexits

Die Stimmen für eine Verschiebung des Brexits werden immer lauter. Die Labour- Partei ist jetzt überhaupt für ein zweites Referendum.

Nächste Abstimmung über Deal am 12. März

Die Regierungschefin bemüht sich bisher vergeblich um Nachbesserungen an dem mit Brüssel ausgehandelten Austrittsabkommen. Eine neue Abstimmung über den im Jänner vom Parlament mit überwältigender Mehrheit abgelehnten Deal schloss May daher in dieser Woche aus. Sie versprach jedoch, das Abkommen bis zum 12. März erneut zur Abstimmung zu stellen.

Corbyn, der lange vor einem zweiten Brexit-Referendum zurückgeschreckt war, begründete den Sinneswandel damit, dass ein „schädlicher Tory-Brexit auf der Grundlage von Theresa Mays mehrheitlich abgelehntem Deal“ verhindert werden müsse. Seine Partei werde einen entsprechenden Antrag entweder selbst vorlegen oder mittragen, betonte Corbyn. Unklar blieb, ob eine Abkehr vom Brexit dabei eine Option sein soll.

Ruf nach Verschiebung des Brexits

Wenige Woche vor dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens wird der Ruf nach einer Verschiebung des Brexit-Termins lauter. Eva Pöcksteiner (ORF) berichtet aus London.

EU-27 zu Verschiebung bereit

Wegen der kurzen Zeit bis zum Austrittsdatum wäre eine Verschiebung des Brexits „eine vernünftige Lösung“, hatte EU-Ratschef Donald Tusk bereits am Montag gesagt. Er sicherte Großbritannien dafür maximalen guten Willen der übrigen 27 EU-Länder zu. Das Land will die EU bereits am 29. März verlassen. Im Fall einer Verschiebung ist der nächste Streitpunkt schon programmiert: Britische Brexit-Hardliner wollen auf keinen Fall eine längerfristige Verschiebung, also etwa um ein Jahr.

Sie fürchten, die Dynamik könnte sich so ändern, dass es ein zweites Referendum und eine Mehrheit für den Verbleib in der EU gibt. In diesem Fall wäre die Causa wohl ebenfalls nicht entschieden: Da das Land in der Frage so tief gespalten ist, würden Brexit-Befürworter ein Votum für einen Verbleib möglicherweise nicht akzeptieren.