E-Card
ORF.at/Dominique Hammer
E-Card neu

1,5 Mio. Fotos müssen noch beschafft werden

Ab 1.1. 2020 dürfen E-Cards nur noch mit Foto ausgegeben werden. Am Mittwoch beschließt die Regierung den Weg dorthin. Der Großteil der Fotos ist bereits in behördlichen Datenbanken gespeichert. Nun müssen Möglichkeiten gefunden werden, den Rest zu beschaffen. Es handelt sich immerhin um die Bilder von insgesamt 1,5 Millionen Versicherten – und um einiges an Aufwand.

Fotos müssen auf allen E-Cards für Versicherte ab 14 Jahren abgebildet sein. Die Bilder müssen die Kriterien eines Passfotos erfüllen, wie es mit Verweis auf die letzte Regierungsvorlage heißt. Die Bundesregierung erhält die Möglichkeit, ältere Menschen für einen Übergangszeitraum von der Fotopflicht auszunehmen. Gleiches gilt für gesundheitlich schwer beeinträchtigte Personen.

Bisher war nicht geregelt, wie man an die restlichen fehlenden Fotos kommen will. Dafür brauchte es die Novelle des Sozialversicherungsgesetzes. Wer keinen österreichischen Reisepass, Personalausweis oder Führerschein besitzt, hat womöglich auch noch kein Foto in einer der Datenbanken, auf die nun die Sozialversicherungen zurückgreifen können.

Registrierung in Dienststellen und Gemeindeämtern

Dazu gehören rund 457.000 Österreicher und Österreicherinnen (Stand Sommer 2018) – für deren Fotos ist der Hauptverband der Sozialversicherungsträger zuständig, wie das Sozialministerium auf Anfrage von ORF.at mitteilte. Die Fotoregistrierungen sollen vorrangig von den Dienststellen der Sozialversicherungen durchgeführt werden. Die vorliegende Gesetzesänderung sehe aber vor, dass der Hauptverband weitere Stellen wie beispielsweise Gemeinden gegen Aufwandsersatz einbinden kann. Es wird also möglich sein, eine Registrierung auch etwa am Gemeindeamt vorzunehmen. Die Betroffenen sollen durch eine Informationskampagne und durch individuelle Information vor Kartenausstellung auf die Registrierung aufmerksam gemacht werden, hieß es in der Stellungnahme des Ministeriums.

Zudem gibt es laut Angaben aus Sozial- und Innenministerium etwa 900.000 Menschen mit anderer Staatsangehörigkeit, die noch kein Foto haben. Die Zahl dürfte sich jährlich erhöhen. Das Sozialministerium rechnet hier mit rund 1,25 Millionen fehlenden Lichtbildern über den Gesamtzeitraum 2020 bis 2023. Diese Versicherten setzen sich vor allem aus EU-Bürgerinnen und -Bürger mit Wohnsitz in Österreich, hier erwerbstätige Drittstaatsangehörige oder auch Saisonarbeiterinnen und -arbeitern zusammen.

Zugriff auf Fremdenregister

Ihre Registrierungen müssen auf den Stellen der Landespolizeidirektionen erfolgen. Zuständig ist also – praktisch, wenn auch nicht legistisch – das Innenministerium – „vor dem Hintergrund, dass mit der Fotobeibringung auch eine Prüfung der Identität und damit eine Prüfung ausländischer Reisedokumente verbunden ist“, so das Innenministerium auf Anfrage von ORF.at.

Man plane „einen einfachen und sicheren Prozess der Fotobeibringung“. Durch die vorliegende Gesetzesänderung wird nun auch der Zugriff auf Fotos im Fremdenregister ermöglicht, bisher standen nur das Identitätsdokumentenregister und das Führerscheinregister zur Verfügung. Auch hier soll durch eine Kampagne informiert werden. Generell werden laut Gesetzestext Personen, für die kein Lichtbild vorhanden ist, zur Registrierung „verpflichtet werden“.

Zusätzliche Arbeit für Ämter und Polizei

„Das wird für eine zusätzliche Belastung der Landespolizeidirektionen sorgen“, wie die „Wiener Zeitung“ am Montag schrieb. Zudem, so der Bericht, müssten etwa Tourimusbetriebe ihren ausländischen Saisonarbeitern bezahlt freigeben, damit diese sich registrieren lassen können – und das in vielen Betrieben für jeden Beschäftigten und bei jeder Anstellung jedes Mal aufs Neue. Zusätzlichen Aufwand gibt es aber auch für den Hauptverband und Gemeindeämter.

Die Gesamtkosten für die Jahre 2019 bis 2023 werden im Regierungsentwurf mit 32,5 Millionen Euro angegeben, wobei 17,86 Millionen Euro auf die Sozialversicherungsträger und 14,66 Millionen auf den Bund entfallen. Das Entgelt für die E-Card-Besitzer soll gleich bleiben. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sprach von „Missinterpretationen“. Ihr zufolge entstehen die angeführten Kosten vor allem deswegen, weil die E-Cards aus Sicherheitsgründen alle fünf Jahre ausgetauscht werden.

Holzinger: Maßnahmen rechnen sich erst in 300 Jahren

Harte Kritik der Opposition gab es bereits in den ersten Beschlüssen zur E-Card mit Foto. Sie führte nicht nur den bürokratischen Aufwand ins Treffen, sondern auch die Kosten, die sich nicht rechnen würden. So seien in den Jahren 2014 bis 2016 lediglich 812 Fälle von bestätigtem oder vermutetem Missbrauch der E-Card registriert worden, so Daniela Holzinger, Sozialsprecherin von Jetzt. Samt Dunkelziffer ergebe das hochgerechnet eine Schadenshöhe von rund 100.000 Euro pro Jahr. Stelle man diesen Wert der Kosten der Einführung eines E-Card-Fotos gegenüber, so rechne sich die Maßnahme erst in rund 300 Jahren, so Holzinger.

„Bürokratiewahnsinn“ und Geldverschwendung nannte NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Dienstag die Maßnahme. Die Kosten stünden in keinem Verhältnis zum Nutzen. Denn man könne das Problem auch einfacher regeln und beim Arztbesuch zusätzlich zur Gesundheitskarte auch einen Ausweis verlangen.

Auch die SPÖ übte heftige Kritik: Sozialsprecher Josef Muchitsch sah das Thema „völlig vergurkt“, die Regierungsvorlage hält er für „Husch-Pfusch, wieder ohne Einbindung von Experten, ohne Begutachtung und vor allem ohne Nutzen für die Versicherten“. Muchitsch verwies auch darauf, dass die Versicherten die E-Card trotz eines Fotos nicht wie einen Ausweis nutzen können. Die FPÖ machte wiederum darauf aufmerksam, dass der ursprüngliche Beschluss im Jahr 2017 auch von der SPÖ mitgetragen worden war.