Trump’s ehemaliger Anwalt Michael Cohen
APA/AFP/Corey Sipkin
„Rassist, Hochstapler, Betrüger“

Ex-Trump-Anwalt will in Kongress auspacken

Die Gunst der Stunde will am Mittwoch Michael Cohen, Ex-Anwalt von US-Präsident Donald Trump, nutzen. Während Trump nämlich in Vietnam weilt, um Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zu treffen, bereitet Cohen sich auf eine Aussage im Kongress vor. Die Eingangserklärung verheißt Brisantes.

Dem US-Portal Politico.com zufolge will Cohen über Trump im Wortlaut sagen: „Er ist ein Rassist. Er ist ein Hochstapler. Er ist ein Betrüger.“ In Cohens vorbereitetem Statement heißt es zudem, der heutige US-Präsident habe vorab von der Veröffentlichung gehackter E-Mails der Demokraten durch WikiLeaks im Wahlkampf 2016 gewusst.

Trump bezichtigte seinen früheren Anwalt bereits auf Twitter, die Unwahrheit zu sagen. „Er lügt, um seine Gefängniszeit zu verringern“, schrieb der Präsident auf dem Sozialen Netzwerk. „Michael Cohen war einer von vielen Anwälten, die mich vertreten haben (leider).“

„Denkst du, ich bin blöd?“

Dass Trump sich gerade in Vietnam aufhält, nennt Cohen im Statement eine „Ironie“. Für Trump könnte Cohens Aussage äußerst unbequem und vor allem persönlich werden: Trump soll laut seinem Ex-Anwalt während des Vietnamkriegs wegen eines Fersensporns ausgemustert worden sein, also wegen eines schmerzhaften Auswuchses am Fußknochen.

In Cohens Statement heißt es nun, Trump habe ihn im Wahlkampf damit beauftragt, sich um die schlechte Presse wegen seiner Ausmusterung zu kümmern. Trump habe ihm auf seine Bitten hin aber keine Belege für den Fersensporn vorgelegt. Er habe ihm stattdessen gesagt: „Denkst du, ich bin blöd? Ich wäre doch nicht nach Vietnam gegangen!“

US-Präsident Donald Trump und der vietnamesische Premier Minister Nguyen Xuan Phuc
AP/Evan Vucci
Trump kann Cohens Aussage nur aus der Ferne verfolgen, er befindet sich zurzeit in Vietnam

In der mit Spannung erwarteten öffentlichen Anhörung will sich der Ex-Anwalt von Trump am Mittwoch Fragen von Abgeordneten im Kongress stellen. Die Abgeordneten können Cohen zum Beispiel zu Trumps Finanzen, dessen Umgang mit Wahlkampfgesetzen und zum Wahrheitsgehalt der Aussagen des Präsidenten befragen. Der 52-Jährige, der mehr als ein Jahrzehnt für Trump gearbeitet hat, ist eine zentrale Figur in mehreren Affären um den US-Präsidenten.

Cohen: Öffentlichkeit soll entscheiden, wer Wahrheit sagt

Cohen sagt in dieser Woche in mehreren Anhörungen vor dem Kongress aus. Am Donnerstag ist eine nicht öffentliche Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss der anderen Kongresskammer, des Repräsentantenhauses, geplant. Am Dienstag hatte er sich bereits hinter verschlossenen Türen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats geäußert. Cohen sagte am Dienstagabend nach seinem ersten Auftritt hinter verschlossenen Türen, er freue sich auf die öffentliche Anhörung am Mittwoch. Es sei dann an der Öffentlichkeit, selbst zu entscheiden, wer die Wahrheit sage.

Cohen hatte 2006 bei der Trump-Organisation angefangen, zuletzt war er dort Vizepräsident. Er wurde oft als Trumps „Ausputzer“ beschrieben. Aber er hat sich von seinem früheren Boss abgewendet und ihn seitdem mehr als einmal in Bedrängnis gebracht. Im August bekannte er sich vor Gericht wegen Verstößen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung und anderer Anklagepunkte schuldig.

Sprecherin des Repräsentantenhauses der Vereinigten Staaten, Nancy Pelosi
APA/AFP/Jim Watson
Die Vorsitzende des Repräsentantenhaus Nancy Pelosi (rechts) und Abgeordnete Sheila Jackson Lee auf dem Weg zur Abstimmung gegen Trumps Notstand

Cohen sagt, er habe im Auftrag Trumps Schweigegeld an den Pornostar Stephanie Clifford (Stormy Daniels) sowie an das ehemalige Playmate Karen McDougal gezahlt, um im Wahlkampf Schaden von Trump abzuwenden. Clifford sagt, sie habe 2006 Sex mit Trump gehabt. McDougal behauptet, sie habe eine Affäre mit ihm gehabt. Der Präsident räumte nach mehreren Dementi eine der Zahlungen ein, bestreitet aber, eine Affäre mit den Frauen gehabt zu haben.

Hafturteil gegen Cohen

Im November bekannte sich Cohen zudem schuldig, den Kongress belogen zu haben. Dabei ging es um den geplanten Bau eines Trump-Towers in Moskau, der letztlich nicht zustande kam. Zu dem Trump-Tower-Projekt hatte Cohen zunächst erklärt, die Pläne seien im Jänner 2016 aufgegeben worden – also noch vor der ersten Abstimmung im Vorwahlkampf der Republikaner. Später räumte er unter anderem ein, noch bis ungefähr Juni 2016 versucht zu haben, eine Genehmigung der russischen Behörden für das Projekt zu erhalten. Seine Bemühungen liefen also in der kritischen Phase von Trumps Wahlkampf weiter.

Cohen war im Dezember zu drei Jahren Haft verurteilt worden und soll seine Strafe im Mai antreten. Trump und das Weiße Haus sind seit Monaten bemüht, Cohen als Lügner zu diskreditieren. Er steht bei der Anhörung unter Eid. Das „Wall Street Journal“ berichtete am Dienstag, Cohen wolle Trump in der Sitzung beschuldigen, sich im Amt kriminell verhalten zu haben. Die Vorwürfe stehen demnach im Zusammenhang mit den Schweigegeldzahlungen an Daniels.

Cohen kooperiert mit Sonderermittler Robert Mueller. Dieser untersucht, ob es bei den mutmaßlichen Versuchen russischer Einflussnahme auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 geheime Absprachen zwischen dem Trump-Lager und Vertretern Russlands gab. Muellers Untersuchung soll aber kein Thema in der öffentlichen Anhörung sein. Das hat der demokratische Ausschussvorsitzende Elijah Cummings in Absprache mit dem Justizministerium so festgelegt. Mueller hat seine Ermittlungen bisher noch nicht beendet.

Repräsentantenhaus stimmte gegen Notstand

Trumps mögliche Verstrickungen in diverse Lügengeschichten vor und nach seiner Amtszeit sind zudem nicht die einzigen Angelegenheiten, die ihn aus der Ferne beschäftigen dürften. Auch das US-Repräsentantenhaus nutzte am Dienstagabend (Ortszeit) die Abwesenheit des Präsidenten und stemmte sich gegen den von ihm ausgerufenen Nationalen Notstand, um den milliardenschweren Mauerbau an der Grenze zu Mexiko finanzieren zu können. Eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus, das derzeit von den oppositionellen Demokraten kontrolliert wird, stimmte für eine Resolution, die den Notstand beenden würde.

Ob die Resolution am Ende Erfolg haben wird, ist unklar. Sie geht nun an den Senat, in dem Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Selbst wenn beide Kammern die Resolution verabschieden sollten, müsste Trump dieser aber selbst zustimmen. Er hat aber bereits angekündigt, sein Veto dagegen einzulegen. Und um dieses Veto zu überstimmen, wäre in beiden Kammern eine Zweidrittelmehrheit notwendig. Diese dürfte nach Stand der Dinge nicht zusammenkommen.