Nationalratssitzung
ORF
Karfreitag

Beschluss im Parlament trotz heftiger Kritik

Der Protest war scharf, die Worte auch: Die Debatte im Parlament am Mittwoch über die Streichung des Karfreitags als Feiertag war lebhaft. Die neue Regelung ist dennoch im Eiltempo beschlossen worden. Die Koalition verteidigte die Maßnahme als Notwendigkeit, die evangelische Kirche schloss sich der Kritik der Opposition an.

Mit Mittwochabend ist der freie Karfreitag für evangelische und altkatholische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Geschichte, zumindest vorerst. Der Beschluss kam im Nationalrat nur mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ zustande. Der entsprechende Antrag war erst im Laufe des Tages eingebracht worden. Ob nun rechtliche Schritte gegen die Neuregelung eingeleitet werden, war offen.

Mit der Gesetzesinitiative entfällt der bisherige Feiertag für die Arbeitnehmer, sie können aber an dem hohen Feiertag der Religionsgemeinschaften freinehmen. Denn es wird ein „persönlicher Feiertag“ etabliert. Dieser ermöglicht es Arbeitnehmern, aus ihrem Urlaubskontingent jedenfalls einen Tag zu einem fixen Datum freinehmen zu können.

Auch Sonderregelungen gestrichen

Allerdings ist dieser Tag drei Monate vorher anzukündigen. Heuer sind es wegen der kurzen Zeit bis zum Karfreitag ausnahmsweise nur zwei Wochen. Sollte der Arbeitgeber aus gewichtigen betrieblichen Gründen an dem gewählten Feiertag den Arbeitnehmer ersuchen, im Dienst zu bleiben, muss er ein Feiertagsgehalt bezahlen.

Blümel zu Karfreitag-Beschluss

Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) verteidigte in der ZIB2 die Lösung. Man habe möglichst nahe an der alten Regelung bleiben wollen.

Neben diesen Änderungen im Arbeitsruhegesetz wurden auch die zwischen Gewerkschaft und Wirtschaftskammer verhandelten Sonderregelungen zum Karfreitag in Kollektivverträgen gestrichen, sodass die neue Regelung nicht unterlaufen werden kann.

Opposition empört

Im Nationalrat löste die Neuregelung Proteste der Opposition aus. „Um einen Urlaubstag zu nehmen, brauche ich keine schwarz-blaue Bundesregierung“, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Konsequent sei die Koalition immer nur dann, wenn es darum gehe, Verschlechterungen für Arbeitnehmer durchzupeitschen. Jetzt-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber meinte, ihr komme es so vor, als überlegte die Koalition mit jeder Aktion, wie die Menschen länger arbeiten müssen als bisher. NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker gab zu bedenken, dass Betriebe nun für jeden einzelnen Mitarbeiter einen „persönlichen Feiertag“ zu verwalten hätten. Außerdem wies er darauf hin, dass es mit der Gleichbehandlung dann doch nicht so weit her sei. Denn Beamte seien ausgenommen und hätten weiter ihren halben freien Tag am Karfreitag.

Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hatte eine Neuregelung nötig gemacht. Er hatte es für diskriminierend befunden, dass nur Vertreter bestimmter Religionsgruppen am Karfreitag frei haben. ÖVP und FPÖ argumentierten, nun Gleichheit geschaffen zu haben. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verwies darauf, dass sich für 96 Prozent nichts ändere.

„Aufwertung des Urlaubstages“

Die Debatte sei „positiv gelöst“, man habe sowohl eine Diskriminierung als auch einen 14. Feiertag im Land verhindert, so Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Schon im Pressefoyer nach dem Ministerrat hatte Strache gesagt, mit der „Aufwertung des Urlaubstages“ könnten künftig Protestanten „am Karfreitag gesichert freinehmen“. Auch „alle anderen, Atheisten, Religionsgemeinschaften querbeet“ könnten über diese Sonderregelung ihren persönlichen „Feiertag oder Familientag sicherstellen“.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) rief im Nationalrat in Richtung Opposition: „Wer schafft die Arbeit, die Wirtschaft schafft sie. Merkt’s euch das einmal.“

Keine Änderung bei Jom Kippur

Keine Änderung sehen die Regierungspläne übrigens für den jüdischen Feiertag Jom Kippur vor. Kurz sagte dazu, dafür gebe es keinen gesetzlichen Feiertag, dieser sei im Kollektivvertrag geregelt. Der Arbeitsrechtler Pfeil ortet hier aber „dasselbe Problem wie mit dem Karfreitag“: „Es könnte schon heute eine Klage eines nicht jüdischen Arbeitnehmers kommen.“

Opposition kritisiert Karfreitag-Regelung

Die Regierung hat die Neuregelung des Karfreitags beschlossen. Schwere Kritik an der Regelung kam von der Opposition.

Ob die ganze Angelegenheit mit dem parlamentarischen Beschluss beendet ist oder wieder in einen Gerichtssaal wandert, stand noch nicht fest. Ob ein Eingriff in den Generalkollektivvertrag rechtlich hält, bezweifelten am Mittwoch Arbeitsrechtsexperten. Der ÖGB behielt sich dann auch rechtliche Schritte vor.

Rechtsstreitigkeiten erwartet

Der Arbeitsrechtler Franz Marhold von der Wiener Wirtschaftsuniversität hält den geplanten Eingriff in den Generalkollektivvertrag für unzulässig. Marhold verwies darauf, dass sowohl der EuGH als auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei und Deutschland für ähnliche Pläne verurteilt haben. „Das wird zu Rechtsstreitigkeiten führen“, sagte Marhold, denn: „Nach meiner Sicht ist durch die gesetzliche Änderung nicht viel gewonnen, weil der Generalkollektivvertrag trotz des Eingreifens des Gesetzgebers unverändert weiter gilt.“

Pressefoyer nach dem Ministerrat

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verteidigen im Pressefoyer die Karfreitag-Regelung.

Arbeitsrechtler Walter Pfeil von der Universität Salzburg hält den geplanten Eingriff in die Kollektivverträge für verfassungswidrig. Außerdem wies er die Behauptung der Regierung zurück, damit nur die Vorgaben des EuGH umzusetzen. Die Streichung des Feiertags am Karfreitag sei keine Vorgabe des EuGH, sondern „politischer Wille“. „Den Zwang, den die Regierung suggeriert, gibt es nicht“, so Pfeil.

„Der EuGH hat gesagt, die Ungleichbehandlung ist nicht zulässig. Aber man kann die Ungleichbehandlung auf verschiedene Weise beseitigen. Es hätten auch alle freibekommen können“, so Pfeil. Deshalb hält der Arbeitsrechtler auch den „relativ unverfrorenen“ Eingriff in jene Kollektivverträge, die den freien Karfreitag weiterhin vorsehen, für verfassungswidrig.

Bünker: „Interessen der Wirtschaft nachgegeben“

Der Kritik an der Regelung schloss sich am Mittwoch nun auch Bischof Michael Bünker an: Er hatte sich am Vortag noch durchaus positiv geäußert. Nun klang das in einer auf der Website der evangelischen Kirche veröffentlichten Stellungnahme anders: „Entgegen aller Versprechen der Regierung wurde den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen“, so Bünker: „Hier wurde offensichtlich den Interessen der Wirtschaft nachgegeben.“ Dass den Evangelischen ein bisher freier Tag genommen wurde, werfe auch ein Licht darauf, „wie mit den Interessen religiöser Minderheiten in Österreich derzeit umgegangen wird“. Auch Kärntens Superintendent Manfred Sauer zeigte sich „empört und geschockt über das Ergebnis“.

Die Wirtschaftskammer freute sich am Mittwoch über den Beschluss: Für die Unternehmen bedeute der „persönliche Feiertag“ zwar Herausforderungen im Betriebsablauf. Aber da kein ganzer Feiertag hinzukommt, „trägt die Wirtschaft diesen Kompromiss im Sinn einer Lösung für alle mit“, so Generalsekretär Karlheinz Kopf.