Holzkreuz am Waldrand
Getty Images/psgtproductions/Anze Furlan
Karfreitag

Kleine Rebellionen innerhalb der ÖVP

Auch nach dem Parlamentsbeschluss am Mittwoch ebbt der Streit über die neue Karfreitag-Regelung nicht ab. Nach einem niederösterreichischen ÖVP-Bürgermeister will nun auch ein ÖVP-Stadtchef aus dem Burgenland aus der Linie der Bundespartei ausscheren. Der evangelische Bischof Michael Bünker schrieb in einem offenen Brief, viele Evangelische fühlten sich nun wie „Bürger und Bürgerinnen zweiter Klasse“.

In dem offenen Brief an alle evangelischen Pfarrgemeinden schrieb Bünker am Sonntag: „Entgegen allen Versprechen der Bundesregierung wurde den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen.“ Man sei „einseitig den Interessen der Wirtschaft gefolgt“.

Eigene Vorschläge hätten bei den Verhandlungen rund um eine Lösung, die alle gleich behandelt, „keinen Raum“ bekommen. Von einer Einigung zwischen der Regierung und der evangelischen Kirche könne keine Rede sein. „Viele Evangelische in Österreich haben sich empört an mich gewandt, weil sie sich jetzt als Bürger und Bürgerinnen zweiter Klasse sehen“, so Bünker.

„Das ist seit Jahrzehnten so"

Gegen die Regelung wird auch innerhalb der ÖVP Widerstand laut, mancher ÖVP-Politiker stellt sich gegen die Parteilinie. Der burgenländische Landesparteiobmann und Bürgermeister von Eisenstadt, Thomas Steiner, erklärte am Sonntag in einer Aussendung: „In der Stadtgemeinde lassen wir am Karfreitag alles wie bisher. Alle Mitarbeiter der Stadt haben am Karfreitag frei – ohne dafür einen Urlaubstag aufzuwenden zu müssen“ – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

ÖVP-interner Widerstand gegen Karfreitag-Regelung

Rund um die kürzlich von der Bundesregierung beschlossene Karfreitag-Regelung regt sich innerhalb der ÖVP Widerstand.

„Das ist seit Jahrzehnten so und wird auch so bleiben“, so Steiner. Geregelt hat die Freistellung der Gemeindebediensteten bisher ein Erlass des Stadtsenats. Ob es zu Änderungen aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kommen werde, „ist nicht klar“, hieß es von der Stadtgemeinde. „Wir werden in Eisenstadt jedenfalls dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiter diesen Tag auch in Zukunft für sich zur Verfügung haben – egal welcher Konfession sie angehören und ohne einen Urlaubsantrag ausfüllen zu müssen“, so Steiner.

ÖVP Burgenland steht hinter Regierungslinie

Sollte es Änderungen geben, werde die Stadtverwaltung die Möglichkeit eines Sonderurlaubes nutzen. „Denn der Karfreitag ist nicht nur für evangelische, sondern auch für katholische Christen von immenser Bedeutung, und mir ist es wichtig, dass meine Mitarbeiter ihre Religion ausüben können“, so Steiner. Zu dem im Nationalrat beschlossenen „persönlichen Feiertag“ erklärte er in der Tageszeitung „Kronen Zeitung“ (Sonntag-Ausgabe): „Diese Lösung ist nicht im Sinne unseres Bundeslandes, und wir Burgenländer gehen daher einen eigenen Weg.“

Die burgenländische ÖVP betonte daraufhin, dass sie hinter der Karfreitag-Lösung der Bundesregierung stehe. Dennoch mache sich die Volkspartei Burgenland dafür stark, dass bereits bestehende „besserstellende, EU-konforme Vereinbarungen“ erhalten werden. Niemand habe mit dem Urteil eine Freude, die Regierung habe rasch handeln müssen, habe das auch getan und einen Kompromiss gefunden. „Hinter dieser Lösung steht auch die Volkspartei Burgenland.“

SPÖ: Steiner agiert „fadenscheinig“

Dennoch sollen beispielsweise Betriebsvereinbarungen und Erlässe im öffentlichen Dienst, die allen Mitarbeitern bereits einen halben bzw. ganzen freien Tag gewähren, bestehen bleiben. „Eine derartige Regelung gibt es auch seit Jahrzehnten in der Landeshauptstadt“, wurde festgehalten.

Edtstadler zu Karfreitag-Regelung

Innenstaatssekretärin Karonline Edstadler (ÖVP) hält die neue Lösung für pragmatisch. So sei die Religionsfreiheit geachtet.

Die burgenländische SPÖ warf Steiner vor, „fadenscheinig“ zu agieren, und sprach sich erneut für einen Feiertag für alle aus. Christian Dax erklärte in einer Aussendung: „Wenn die ÖVP Burgenland wirklich hinter den evangelischen Christen und aufseiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer stehen würde, hätten die drei Nationalräte gegen diese unfaire Regelung stimmen müssen.“

Mödling gibt Evangelischen frei

Bevor Steiner Eisenstadts Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Karfreitag freigab, hatte bereits der Mödlinger Bürgermeister Hans Stefan Hintner (ÖVP) angekündigt, dass protestantische Beschäftigte seiner Stadtgemeinde am Karfreitag Sonderurlaub bekommen sollen – mehr dazu in noe.ORF.at. Die Bundes-ÖVP reagierte prompt mit dem Hinweis, dass das gleichheitswidrig wäre und alle Gemeindebediensteten freibekommen müssten.

Es sei gut und erfreulich, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern zusätzliche freie Tage oder kürzere Dienste gewähren wie zum Beispiel zu Weihnachten, Silvester und am Karfreitag. Durch die Entscheidung des EuGH müssten solche Regelungen jedoch für alle Mitarbeiter gelten und dürfen nicht auf eine Religionsgruppe beschränkt sein, sagten Klubobmann August Wöginger und Generalsekretär Karl Nehammer in einer Aussendung.

Hintner betonte, es gehe ihm darum, „Respekt“ gegenüber den Protestanten und damit einer Minderheit aufrechtzuerhalten. Ein Arbeitgeber könne Sonderurlaub auch ohne Begründung geben, meinte Hintner. Der „persönliche Feiertag“ innerhalb des bestehenden Urlaubsanspruchs sei „ohne Effekt“, meinte Hintner.

Edtstadler: „Das spielt sich ein“

Staatssekretärin und ÖVP-EU-Kandidatin Karoline Edtstadler verteidigte am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ die Regelung der Regierung. Man sei mit der Situation zuvor zufrieden gewesen, doch habe das EuGH-Urteil eine neue Lösung nötig gemacht. Es sei nun eine „Lösung, dass man auf der einen Seite die Religionsfreiheit natürlich achtet und den Menschen dann auch freigibt und andererseits aber nicht der Wirtschaft wieder hier wirklich – wie soll man sagen? – große Steine in den Weg legt“, so Edtstadler. Sie gehe davon aus, „dass dann auch, wenn diese Aufregung abgeklungen ist, das sich einspielt“.

Rudolf Kaske: „Persönlicher Feiertag ist PR-Gag“

„Das ist höchst eigenartig“, kritisierte Rudolf Kaske – SPÖ-Bundesrat und ehemaliger Präsident der Arbeiterkammer (AK) – die Karfreitag-Regelung.

Kaske sieht PR-Gag

Der ehemalige Präsident der Arbeiterkammer (AK) und nunmehrige Bundesrat Rudolf Kaske (SPÖ) sprach in der ORF-Sendung „Hohes Haus“ bei der Karfreitag-Regelung von einem „PR-Gag der Regierung, dass sie da sagen, ein persönlicher Feiertag“. Die Wirtschaft erhalte nun „ein Körberlgeld“ von rund 30 Millionen Euro, „weil jetzt niemand einen Feiertag hat und man sich einen Urlaubstag nehmen muss“.