Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
Kampagnenchef im BVT-Ausschuss

Behörden wollten VGT „das Kreuz brechen“

Nach dem Obmann des Vereins Gegen Tierfabriken (VGT), Martin Balluch, ist am vergangenen Mittwoch Kampagnenleiter Christian Moser vor den BVT-U-Ausschuss geladen gewesen. Man sei als VGT „gewissen Leuten“ ein Dorn im Auge gewesen. Das wurde auch im Ausschuss klar – der Stil der ÖVP-Befragung wurde von der Opposition kritisiert.

In den Vernehmungen zum Prozess sei es immer um „Stimmung“ und „Einschüchterung“ gegangen. Verfahrensrichter Eduard Strauss wollte wissen, wieso sich der VGT für seine Proteste so stark auf Kleiderbauer fokussiert habe. Kleiderbauer habe „wahnsinnig viele Filialen – es würde also dem Tierschutz sehr viel bringen und den Konzern wenig kosten, wenn sie auf Pelz verzichten“, so Moser.

An politische Einflussnahme habe er im Laufe der Jahre nie gedacht, dazu habe er auch keine Wahrnehmungen. Jedoch habe er auch zu keiner Zeit den Eindruck gehabt, dass es um konkrete Straftaten gehe. Daher „liegt die Vermutung nahe, dass es jemanden dahinter gibt, der die Richtung vorgibt“, so Moser.

„Nicht für möglich gehalten“

Von den Überwachungen erfahren habe er erst beim Studieren des Akts. Direkt während der Observationen habe er nichts gewusst, „hätte es auch nicht für möglich gehalten“. Die Tragweite der Ermittlungen und des Einsatzes einer Sonderkommission habe er erst „im Rahmen des Polizeiüberfalls am 21. Mai“ erfahren, „so richtig realisiert habe ich es erst später“.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler

„Sie sehen, da ist einer tätowiert und hat lange Dreads“

Von wem die mögliche Einflussnahme ausging, konnte er kaum beurteilen. „Das hat mir leider niemand verraten“, so Moser. Doch sei es klar, dass man der ÖVP lästig war. Dass man als kriminelle Organisation gesehen wurde, könne er nicht nachvollziehen. „Ich möchte niemandem etwas unterstellen, aber viele denken schon sehr schubladisierend – sie sehen, da ist einer tätowiert und hat lange Dreads“, das passe für sie ins Bild.

Die Anklage habe sich entlang dieses Umstands bemüht, seine Gesinnung herauszuarbeiten. „Es ist ständig darum gegangen, dieses Klischee herauszuarbeiten.“ Es gebe niemanden, der sich das so oft gefragt habe wie er, sagte Moser auf die Frage, was ihm eigentlich vorgeworfen wurde. Konkrete Straftaten habe man ihm nie angelastet. Man habe ihn nur mit seinen Mails und seiner Kunst (Skulpturen) konfrontiert und gefragt, was er damit aussagen wolle.

Sojamilch als Kampfstoff deklariert

Der Prozess begleite ihn immer noch. „Jedes Mal, wenn ich zu Hause aus der Tür rausgehe, durch die die Polizisten bei der Hausdurchsuchung reingekommen sind“, denke er daran. Er erinnere sich daran, dass er die Beamten gefragt habe, was sie suchen. Die Antwort sei gewesen: „Alles, was mit Tierschutz zu tun hat.“ Aus der Kindergartentasche seines Sohnes hätten sie ein Fläschchen Sojamilch konfisziert, mit dem Verdacht, es handle sich um Säure.

Auch dass er, der in einem Bauernhof am Land wohnt, eine Säge daheim hatte, habe man ihm angelastet, so Moser. Die Sojamilch seines Sohnes sei drei Jahre lang als Kampfstoff deklariert worden – bis die Chemikerin im Prozess erklärt habe, „na, das ist Sojamilch“. „Wir haben bis zum Schluss nicht die volle Akteneinsicht gehabt“, so Moser. Im Akt seien E-Mails als Indizien angeführt worden, der Inhalt der Mails sei aber verfälscht worden.

„Ohne Sinn und Verstand“

Jetzt-Mandatarin Alma Zadic zitierte aus dem Strafantrag: Darin wurde Moser vorgeworfen, „durch öffentliches Zurschaustellen seiner Einstellung die Moral der anderen Organisationsmitglieder zu stärken“. Es sei „ohne Sinn und Verstand drauflosgegangen“ worden. Nach seinem Freispruch habe er eine Woche danach wieder arbeiten können, sein Arbeitgeber sei auch während der Inhaftierung zu ihm gestanden – im Glauben an seine Unschuld.

ÖVP-Mandatar Nikolaus Prinz stellte mehrere Fragen zu etwaigen Kontakten Mosers zu Grünen-Politikern. Der Mann von Madeleine Petrovic habe ein Restaurant, da sei er essen gewesen. Prinz’ Reaktion („Aha, also mit Madeleine Petrovic!“) versetzte den Ausschuss in Aufregung. Die Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) ärgerte sich: Es könne doch hier im Parlament wirklich nicht so sein, dass man jemandem vorhält, einer politischen Partei nahezustehen.

Eindrücke vom BVT-U-Ausschuss
ORF.at/Roland Winkler
ÖVP-Mandatar Prinz (M.): Sein Befragungsstil stand in der Kritik

Streit über Stil der ÖVP-Befragung

Die Befragung des ÖVP-Mannes geriet fast zum Verhör: Er unterstellte Moser Gewaltfantasien, etwa in Zusammenhang mit einem Flyer und Bildern auf Mosers Website. Das löste wiederum einen Streit zwischen SPÖ und ÖVP aus: Kai Jan Krainer konnte nicht verstehen, dass die ÖVP einen unbescholtenen, freigesprochenen Bürger kriminalisiere und den Prozess neu aufziehen wolle. Die ÖVP wollte das nicht gelten lassen: „Überlassen Sie uns, wie wir die Beweise führen.“

NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper legte Moser das Protokoll vor, in dem ein Mitglied der SoKo „Bekleidung“ darauf drängte, dass bei jedem Einschreiten gegen die Tierschützer jemand von kriminalpolizeilichen Einheiten gegen Betrug und Kinderpornografie dabei sein solle. „Ich sehe das zum ersten Mal“, so Moser sichtlich schockiert. „Das ist ein Wahnsinn, wenn man selbst Kinder hat.“ Und weiter: „Das nimmt mich mehr mit, als ich gedacht habe“, aber es passe ins Bild, dass es das Anliegen der Behörden war, „dass man uns das Kreuz bricht, auf Tirolerisch gesagt“.

SPÖ-Mandatarin Nurten Yilmaz wollte über die Verhaftung sprechen: „Mir geht dieses Bild nicht aus dem Kopf, wo Sie in Handschellen mit Ihrem Sohn von der Polizei abgeführt werden.“ Auf die Frage, wie es den Kindern heute gehe, sagte Moser, er lebe immer noch im selben Haus mit seiner Familie. Er spreche mit den Kindern sehr offen darüber. Wie es ihnen heute damit gehe, wisse er nicht, aber „sie haben sich trotz allem super entwickelt“.