Justizminister Josef Moser
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Sicherungshaft

Für Moser „Sicherheitslücke geschlossen“

ÖVP-Justizminister Josef Moser hat am Mittwoch in der ZIB2 die Pläne für eine Sicherungshaft verteidigt. Diese sei notwendig, weil in manchen Fälle die bisherigen rechtlichen Möglichkeiten nicht greifen, so der Minister. Doch weder zum Anlassfall in Dornbirn noch zur Anzahl erwartbarer Fälle wollte Moser sich äußern.

Um die Sicherungshaft umsetzen zu können, braucht die ÖVP-FPÖ-Regierung eine Zweidrittelmehrheit. Am Mittwoch legte die Koalition einen Vorschlag vor, mit dem als gefährlich eingestufte Asylwerber in Sicherungshaft genommen werden können. Von der Opposition kamen jedoch skeptische Reaktionen. Für Moser schließe sich aber durch die Maßnahme eine „Sicherheitslücke“. Der Todesfall von Dornbirn, als ein Asylwerber einen Sozialamtsleiter erstochen haben soll, habe diese Lücke aufgezeigt.

Haftformen wie Untersuchungshaft und Schubhaft reichten nicht immer aus, so Moser, „um Fälle tatsächlich festzumachen“, damit die Bevölkerung nicht gefährdet sei. Die Sicherungshaft stelle nun eine „adaptierte Schubhaft mit wesentlich stärkeren Rechtsschutzinstrumenten“ dar.

Kein Urteil zu Dornbirn

Bei der Schubhaft seien zwei Elemente zwingend erforderlich: Fluchtgefahr und zeitliche Nähe zur Abschiebung. Hat jemand aber etwa Gründe, nicht ausgewiesen zu werden, etwa weil der Person im Herkunftsland Folter drohe, könne er nicht per Schubhaft in Verwahrung genommen werden, wenn keine Fluchtgefahr bestehe, sagte Moser. Wenn aber eine solche Person „erheblich“ gegen die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung verstoße, könnten dann aber die Behörden Sicherungshaft verhängen.

„Fall in Dornbirn zeigt Sicherheitslücke“

Zum Thema Sicherungshaft war ÖVP-Justizminister Josef Moser zu Gast im Studio der ZIB2. Er verteidigte die Regierungspläne.

Zu dem Anlassfall Dornbirn wollte Moser sich nicht äußern: „Ich kenne die Fakten, so wie Sie, derzeit nur aus den Medien. Und da ich ein faktenbasierter Mensch bin, gebe ich ein Urteil ab, wenn ich tatsächlich weiß, wie sich der konkrete Sachverhalt dargestellt hat.“

Auch zur Anzahl der erwartbaren Fälle gab sich Moser zurückhaltend. Bei der Schubhaft habe sich das Bundesverwaltungsgericht 2018 mit 860 Fällen beschäftigt, die Sicherungshaft werde – als „adaptierte Schubhaft“ ein Teil davon sein. „Ich rechne nicht mit Hunderten Fällen“, sagte Moser. Wie viele abzuschätzen seien, liege aber in der Kompetenz von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ).

Gelindere Mittel sollen geprüft werden

Die Koalitionsparteien hatten am Vormittag ihre Pläne zur Sicherungshaft vorgestellt. Demzufolge sollen Beamte des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eine Verhaftung vornehmen können, ein Richter vom Bundesverwaltungsgericht müsse dann innerhalb von 48 Stunden über die Rechtmäßigkeit der Haft entscheiden. Danach müsse innerhalb von zwei Wochen über eine rechtmäßige Verlängerung geurteilt werden, hatte Moser bei der Präsentation erklärt.

Untersuchungshaft

Eine U-Haft kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft und Gerichtsentscheidung für maximal zwei Jahre verhängt werden. Es muss Flucht-, Verdunkelungs- oder Tatbegehungsgefahr vorliegen. Es muss ein begründeter Verdacht für ein begangenes Verbrechen mit mindestens zehn Jahren Freiheitsstrafe bestehen.

Dabei solle auch überprüft werden, ob nicht gelindere Mittel ausreichen und es komplementärer Maßnahmen wie einer Deradikalisierung bedarf. Maximal dürfe eine Sicherungshaft sechs Monate dauern, begleitet von einer monatlichen Überprüfung durch einen Richter. Eine längere Dauer ist laut dem Positionspapier der Regierung „nur bei besonderen Gründen“ vorgesehen.

Gründe für Sicherungshaft noch unklar

Konkrete Kriterien, unter denen Asylwerber in Sicherungshaft genommen werden können, blieben vage. Innenminister Kickl sagte etwa bei der Vorstellung, dass es hier nicht um strafrechtlich relevante Dinge gehen könne, denn diese würden vom Strafgesetzbuch abgedeckt und würden somit Untersuchungshaft ermöglichen. „Wenn jemand sagt, er will allen Ungläubigen die Köpfe abschneiden, dann reicht das für U-Haft nicht aus“ – diese Drohung sei zu unkonkret und nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet. Daher brauche es die Sicherungshaft.

Schubhaft

Die Schubhaft stellt keine Strafhaft dar, sondern soll eine Abschiebung durchsetzen. Sie wird nicht von einem Richter verordnet, sondern von der Verwaltungsbehörde per Bescheid ausgeprochen und durchgesetzt.

Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) nannte als Beispiel einen Asylwerber, der in der Vergangenheit wegen mehrerer Straftaten verurteilt wurde und nach einer Ausweisung trotz Einreiseverbots wieder nach Österreich kommt. „Und dann bedroht er vielleicht noch jemanden, da greift das Strafrecht nicht“, und für solche Fälle sei das neue Instrument gedacht, wie er mit Anspielung auf den Anlassfall in Dornbirn meinte.

Opposition in Warteposition

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sah die geplante Sicherungshaft im Einklang mit österreichischen Gesetzen, mit der Menschenrechtskonvention und dem EU-Recht. 15 EU-Länder hätten dieses Konzept bereits umgesetzt. „Ich hoffe, dass es Unterstützung der Opposition gibt, um Österreich einen kleinen Schritt sicherer zu machen“, so Kurz.

Justizminister Josef Moser ÖVP), Bundeskanzler Sebastian Kurz ÖVP), Vizekanlzer Heinz Christian Strache (FPÖ) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ)
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Die Regierung präzisierte im Ministerrat ihre Pläne zur Sicherungshaft

Diese zeigte sich aber skeptisch, SPÖ und NEOS reagierten mit Zurückhaltung. Die Regierung wollte mit der Opposition über die Sicherungshaftpläne verhandeln. Die SPÖ wollte aber zunächst den Anlassfall von Dornbirn lückenlos aufklären. „Es besteht der Verdacht des Behördenversagens, deshalb müssen alle Fakten auf den Tisch“, sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.

Aufklärung gefordert

Die Regierung wolle ein Anlassgesetz machen, „ohne den Anlass vorher aufzuklären“. Er brachte auch die Möglichkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ein. Die SPÖ wolle „alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen“. Drozda: „Fakt ist, dass wir eine generelle Präventivhaft und jede Maßnahme, die nicht den europäischen Menschenrechtsstandards entspricht, ablehnen.“

Regierung bei Sicherungshaft einig

Die Koalition legte einen Vorschlag vor, mit dem als gefährlich eingestufte Asylwerber in Sicherungshaft genommen werden können.

Auch NEOS befand sich in Warteposition, signalisierte aber Gesprächsbereitschaft, wenn ein konkreter Gesetzesentwurf vorliege. Das Vorhaben der Regierung, nun auf die Opposition zuzugehen, bezeichnete NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger als „interessante Ankündigung“: „Seit einer Woche sind wir im Kontakt mit dem Büro des Innenministers und bekommen keinen Termin.“

NEOS: FPÖ hat sich durchgesetzt

Man wolle nun erst die Gespräche mit den Klubobleuten der Regierungsparteien abwarten. In einer Aussendung konstatierte Meinl-Reisinger allerdings, dass sich die FPÖ nun durchgesetzt habe: „Die massiven Bedenken des Justizministers Josef Moser bezüglich möglicher gelinderer Mittel wie dem ‚Fast-Track-Verfahren‘ oder aber auch der Notwendigkeit einer richterlichen Genehmigung wurden offensichtlich vom Tisch gewischt.“

Ablehnend gegenüber einer Präventivhaft zeigte sich Alma Zadic von Jetzt. Sie forderte auch eine Aufklärung des Falls von Dornbirn. Es müsse endlich Klarheit darüber herrschen, „warum das Innenministerium im Fall Dornbirn trotz zahlreicher Warnungen nicht bereits im Vorfeld der Tat tätig geworden ist“.