NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger
APA/Georg Hochmuth
Sicherungshaft

NEOS wird nicht zustimmen

NEOS wird keine Sicherungshaft für als gefährlich eingestufte Flüchtlinge ermöglichen. Das machten Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und ihr Parteikollege Nikolaus Scherak bei einer Pressekonferenz am Freitag klar. NEOS sieht sich als „Hüterin der Verfassung“. „Wir stehen für eine Änderung der österreichischen Bundesverfassung nicht zur Verfügung“, so Scherak.

Scherak wird während der kommenden Wochen die NEOS-Chefin im Parlament vertreten, da Meinl-Reisinger wegen der Geburt ihres dritten Kindes eine Zeit lang pausiert und am Freitag plangemäß ihren vorläufig letzten öffentlichen Auftritt absolviert hat.

Gespräche auf parlamentarischer Ebene, zu denen die ÖVP-FPÖ-Koalition geladen hat, hält NEOS nicht für sinnvoll, solange der Anlassfall nicht geklärt ist. Scherak will daher kein Gespräch mit den Klubchefs Walter Rosenkranz (FPÖ) und August Wöginger (ÖVP) führen.

Meinl-Reisinger sieht Kakophonie in Regierung

Denn zunächst müsse aufgeklärt werden, ob der Fall in Dornbirn, wo ein vorbestrafter Asylwerber einen Beamten tötete, nicht auch bei geltender Rechtslage verhindert werden hätte können, hieß es bei der Pressekonferenz. Dazu müsse man mit dem Innenminister reden und nicht mit den Parlamentsklubs der Koalition. Zudem wartet NEOS bisher auf einen Gesetzesvorschlag, selbst die Punktation mit den wesentlichen Inhalten habe man nur von Medien bekommen, nicht aber von der Regierung.

Meinl-Reisinger sah überhaupt eine „Kakophonie“ in der Koalition. ÖVP-Justizminister Josef Moser habe ihr persönlich am Telefon versichert, dass er nur eine Ausweitung der Schubhaft wolle. Auf der anderen Seite wolle Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) aber eine Präventivhaft und damit einen Angriff auf die persönlichen Grund- und Freiheitsrechte unternehmen. Um die Sicherungshaft umsetzen zu können, braucht die ÖVP-FPÖ-Regierung eine Zweidrittelmehrheit und muss dafür die SPÖ oder NEOS von ihrem Gesetzesentwurf überzeugen.

Auch SPÖ fordert Aufklärung über Fall in Dornbirn

Die SPÖ wird zwar einen Vertreter zu dem von der Koalition vorgeschlagenen Termin am Donnerstag entsenden. Dabei werde die SPÖ aber keine inhaltlichen Verhandlungen führen, sondern nur ihren Standpunkt klarmachen, kündigte Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner am Freitag am Rande eines Pressegesprächs an.

Die SPÖ fordert weiterhin eine lückenlose Aufklärung des Mordfalls am Sozialamtsleiter in Dornbirn. Dazu müssten alle Fakten auf den Tisch gelegt werden. Innenminister Kickl versuche jedoch abzulenken und zu vertuschen. Wenn Behördenversagen vorliegen sollte, dann wäre der Innenminister „mehr als rücktrittsreif“, sagte Rendi-Wagner. Solange nicht geklärt sei, ob der Mord nicht auch mit den bestehenden gesetzlichen Regeln verhindert hätte werden können, stehe die SPÖ für inhaltliche Verhandlungen nicht zur Verfügung, hieß es weiter.

Jetzt-Lob für NEOS

Jetzt (ehemals Liste Pilz) äußerte sich erfreut, dass NEOS keiner Verfassungsänderung zur Sicherungshaft zustimmen werde. Gefordert sieht Jetzt-Abgeordnete Alma Zadic nun die SPÖ, hier ebenfalls standhaft zu bleiben. Ginge es nach Jetzt, würde ein Untersuchungsausschuss den Anlassfall in Dornbirn klären. Im Gegensatz zu SPÖ und NEOS war Jetzt von der Koalition nicht zu Gesprächen über eine Sicherungshaftbestimmung geladen worden, da die Stimmen der Liste nicht für die notwendige Zweidrittelmehrheit ausreichen.

Koalition appelliert erneut

Die Koalition ärgerte sich über Gesprächsverweigerung der Opposition. Man wolle die Opposition breitestmöglich einbinden, doch wolle diese nicht einmal reden, so Wöginger am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme. Parteitaktik gehe den Klubobfrauen Rendi-Wagner und Meinl-Reisinger vor Sicherheit. Rosenkranz appellierte an die Klubobfrauen, noch einmal die Entscheidung zu überdenken. Der Gesprächstermin finde jedenfalls wie geplant am Donnerstag statt.

Wöginger und Rosenkranz hatten in ihrem der APA ebenfalls vorliegenden Schreiben gemeint, Fälle wie jener in Dornbirn hätten gezeigt, dass die geltende Rechtslage in Österreich nicht ausreichend sei. „Als Regierungsfraktionen sehen wir es als unsere Pflicht, unter Einhaltung der völkerrechtlichen Regelungen, die Lücke zwischen bestehenden Haftmöglichkeiten zu schließen und die Bevölkerung vor Gefährdern zu schützen.“

Moser verteidigt Vorschlag

Moser verteidigte unterdessen den Vorschlag der Regierung. Vor dem EU-Justizrat am Freitag in Brüssel sagte Moser, Österreich werde mit seiner Regelung „weit höhere Rechtsschutzinstrumente als andere Staaten“ haben. Zunächst müsse innerhalb von 48 Stunden eine richterliche Entscheidung vorliegen. Innerhalb von zwei Wochen sei die Rechtmäßigkeit noch einmal zu prüfen, außerdem müsse ein Vollzugsplan erstellt werden, der dann monatlich geprüft werde, und „längstens darf die Sicherungshaft sechs Monate dauern“. Eine längere Dauer der Sicherungshaft ist laut einem nach dem Ministerrat am Mittwoch an Journalisten verteilten Positionspapier „nur bei besonderen Gründen“ vorgesehen.

Moser unterstrich am Freitag, dass die Sicherungshaft gegenüber der Schubhaft „erhöhte Rechtsschutzstandards“ beinhalten werde. Die Sicherungshaft sei nur im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens möglich. „Das ist nichts anderes als eine adaptierte Schubhaft“, so der Minister. Die Regeln entsprächen der Menschenrechtskonvention und der EU-Aufnahmerichtlinie. Das Thema stehe zwar beim Justizrat nicht auf der Tagesordnung, doch werde er wie schon in der Vergangenheit mit anderen Ministern und Ministerinnen reden.