Lkw in der Nähe der Grenze zwischen Irland und Nordirland
Reuters/Clodagh Kilcoyne
Keine Zölle bei „No Deal“

London will Preischaos vorbeugen

Während im britischen Parlament weiter über eine mögliche Lösung für den Brexit abgestimmt wird, bereitet sich die Regierung wohl auch auf einen Ausstieg aus der EU ohne Abkommen vor. So sollen bei einem „Hard Brexit“ auf den Großteil der Importe keine Zölle eingehoben werden, wurde am Mittwoch in London bekanntgegeben. Damit sollen enorme Preisschwankungen vermieden werden.

87 Prozent aller Importe sollen zumindest vorläufig von Zöllen ausgenommen sein. Die temporären und für bis zu zwölf Monate vorgesehenen Pläne seien die einzige Möglichkeit, um am Bekenntnis festzuhalten, im Falle eines „No Deal“-Brexits eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu verhindern, hieß es von der Regierung.

Gleichzeitig versicherte London jedoch, dass das oberste Ziel nach wie vor der EU-Austritt mit einem Abkommen sei. „Unsere Priorität ist, einen Deal mit der EU zu sichern, weil das Beeinträchtigungen unserer globalen Handelsbeziehungen verhindern würde“, so der Staatssekretär für Handelspolitik, George Hollingbery.

„Schmugglerparadies“ Nordirland befürchtet

An der Grenze zu Nordirland soll es darüber hinaus keine neuen Kontrollen von Gütern geben. Die Maßnahmen, die sicherstellen, dass Waren zollfrei zwischen Irland und Nordirland transportiert werden können, sorgten laut „Guardian“ für Bedenken, dass sich Nordirland damit zu einem „Schmugglerparadies“ entwickeln könnte.

Ausnahmen gibt es jedoch für einige prominente Warengruppen, die damit deutlich teurer werden könnten. Das sind einerseits „vollständig gefertigte“ Autos, die damit rund elf Prozent teurer würden. Auch die Preise für Rindfleisch und Cheddarkäse sollen steigen. Die nun angekündigten Maßnahmen sorgen für Unmut in Irland. Zölle auf irisches Rindfleisch wären „eine absolute Katastrophe für die irische Landwirtschaft“, sagte Irlands EU-Ministerin Helen McEntee.

Waren bisher sämtliche Importe aus der EU zur Gänze zollfrei, sollen laut BBC künftig nur noch 82 Prozent der Einfuhren unverzollt bleiben. Deutlich auffälliger ist der Unterschied bei Exporten aus dem Nicht-EU-Ausland: Bisher fielen dabei im Schnitt bei 56 Prozent der Güter keine Zölle an, künftig wird das sogar bei 92 Prozent der Importe der Fall sein.

Großbritanniens Premierministerin Theresa May
APA/AFP/UK Parliament/Jessica Taylor
Mays Brexit-Deal wurde auch im zweiten Anlauf im britischen Parlament abgelehnt

EU will Zölle auf britische Waren erheben

Ganz anders will jedoch die EU auf einen „No Deal“-Ausstieg Großbritanniens reagieren. Den Plänen der Regierung in London, drohende Einfuhrzölle für ein breites Spektrum an Waren zu beseitigen sowie die Grenze zwischen Irland und Nordirland von Zollkontrollen frei zu halten, will die EU-Kommission nicht folgen, stattdessen wolle man Zölle der Welthandelsorganisation (WTO) für Großbritannien anwenden.

„Wir nehmen die Pläne des Vereinigten Königreichs zur Kenntnis“, sagte der Sprecher der Kommission, Margaritis Schinas, am Mittwoch. „Wir werden die Übereinstimmung des britischen Plans mit dem WTO-Recht und den damit einhergehenden Rechten der EU sorgfältig analysieren.“ Die unterschiedliche Behandlung des Warenaustauschs auf der irischen Insel und zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich „gibt Anlass zur Sorge“. Sollte es keine Vereinbarung über einen EU-Austritt geben, will die EU ihr normales Handelsregime mit Drittländern anwenden und dementsprechend Zölle für Einfuhren aus Großbritannien erheben.

Am Mittwoch stimmte das EU-Parlament Notfallplänen für einen „Hard Brexit“ zu. So erhielt eine Notfallmaßnahme betreffend die Flugsicherheit zwischen Großbritannien und der EU große Zustimmung, auch der Weiterführung des Erasmus-Plus-Programms und der Friedensprogramme um den Nordirland-Konflikt wurde zugestimmt.