Platz der Abgeordneten beim BVT-Untersuchungsausschuss
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Tierschützer und BVT

SoKo-Chef konnte manches nicht erklären

Der BVT-Ausschuss hat am Mittwoch den Chef der „SoKo Bekleidung“, Erich Zwettler, befragt. Diese Sonderkommission war eingesetzt, um Straftaten der Tierschützer des VGT aufzuklären. Die Opposition zeigte sich erschüttert, dass es nach 13 Monaten Ermittlungsarbeit keine Tatbeweise gab. SoKo-Chef Zwettler konnte manches nicht erklären.

Einleitend betonte Zwettler, nie in Diensten des BVT gestanden zu sein – er sei seit 32 Jahren Polizist, vorübergehend Leiter der Interpol-Stelle in Österreich, seit 2009 Leiter des Wiener Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Mit der Causa Tierschützer sei er Ende 2006 bzw. Anfang 2007 in Berührung gekommen. Als SoKo-Leiter sei er fürs „Management“ der SoKo zuständig gewesen und für juristische Beratung.

Die Kriterien für die Einrichtung einer SoKo seien erfüllt gewesen, sagte Zwettler auf die Fragen von ÖVP-Fraktionschef Werner Amon. Zur Auswahl der Personen sagte Zwettler, das sei auch eine Frage der Verfügbarkeit. Doch würden die Kollegen schon „nach gewissen Kriterien“ ausgesucht. Nahezu alle hätten an dem einen Akt (Tierschützer) gearbeitet.

„Keine Gschicht, die in fünf Minuten erledigt is“

Wiederum fragte Amon nach den Aktionen der „Tieroristen“ und der „militanten Tierschützer“. In praktisch jedem Bundesland habe es Vorfälle gegeben. „Es war klar, dass es keine Gschicht is, die in fünf Minuten erledigt is“, so Zwettler. Es habe ein Zeitziel von sechs bis acht Monaten gegeben, „da waren wir ein bissl übermotiviert“. Angesichts der Fülle an Vorfällen sei das nicht möglich gewesen.

Eingang zum Lokal 7 beim BVT-Untersuchungsausschuss
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Der U-Ausschuss findet nicht öffentlich, sondern nur „medien-öffentlich“ statt – auch Ton- und Bildaufnahmen sind nicht erlaubt

Eine Einflussnahme von außen auf die SoKo sei Zwettler nicht bekannt, wie er auf die Frage Amons erklärte. Die Idee, eine verdeckte Ermittlerin einzusetzen, gehe auf ihn zurück. Grund: Verhinderung von Straftaten. Auch Staatsanwalt Wolfgang Handler sei informiert gewesen, es sei ihm „wurscht“ gewesen. Er habe die Ergebnisse nicht benötigt, das habe er auch kommuniziert. Spezielle Aufträge habe er nicht erhalten.

„So wie der Paragraf gefasst war, ist es drunter gefallen“

SPÖ-Mandatarin Eva Maria Holzleitner legte Zwettler ein Resümeeprotokoll vor – darin spielten auch die Graf-Brüder, die Kleider-Bauer-Eigentümer, eine Rolle. Zur laut dem Protokoll „mangelnden Kooperationsbereitschaft“ der Grafs konnte Zwettler kaum etwas sagen: Er habe sich wohl „mehr Information erwartet, als man bekommen“ habe. Wieso die Tierschützer unter dem Mafiaparagrafen gestellt wurden? – Zwettler: „So wie der Paragraf damals gefasst war, ist es drunter gefallen.“

SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zitierte aus dem Protokoll in der Frühzeit der SoKo. Darin wird der Polizeipräsident zitiert, er könne keine Indizien für einen Zusammenhang zwischen den Demos der Tierrechtler und den Straftaten erkennen. Ob Zwettler sich daran noch erinnere? – „Nein“. Auch an den Kontakt mit der Versammlungsbehörde bezüglich eines möglichen Demoverbots erinnere er sich nicht. Ob er mit dem Kabinett Kontakt hatte? – „Nein“.

„Ich kann halt keine Beweise erfinden“

Überhaupt konnte die Opposition den Aufwand der SoKo nicht verstehen, wenn es nach 13 Monaten Ermittlungsarbeit in einer schriftlichen Bilanz hieß, es gebe keine Tatbeweise, sondern nur gegen einen Verdächtigen (nicht VGT-Mitglied) eine Indizienkette. Diese Bilanz sei „eine Kurzzusammenfassung für die Chefetage“ gewesen, so Zwettler, daraus könne man nichts schließen. Krainer: Was er aber dazu sage, dass man keine Beweise hatte – „Was soll ich sagen, wenn ich’s damals so geschrieben habe, wird’s schon stimmen“, so Zwettler, „ich kann halt keine Beweise erfinden.“

Eine Woche nach dem Schreiben an die Chefetage, in der von keinerlei Beweisergebnissen die Rede ist, schrieb die SoKo einen Antrag an die Staatsanwaltschaft auf Durchführung einer Hausdurchsuchung, die dann auch stattfand. „Sie wollen mir erklären, es gibt keinerlei Beweise, und eine Woche später schreiben Ihre Kollegen, ohne Sie zu informieren, einen Antrag auf Hausdurchsuchung und Festnahme?“, fragte Jetzt-Mandatarin Alma Zadic. Vielleicht sei er da im Ausland gewesen, jedenfalls sei ihm da Diesbezügliches „nicht erinnerlich“.

„Politisches Kalkül dahinter“

ÖVP und FPÖ fokussierten sich eher auf Verflechtungen der Tierschützer: Aus damaliger Sicht hätten die Aktivisten nicht nur protestiert, sondern „da war politisches Kalkül dahinter“, sie hätten auch für Gesetzesänderungen lobbyiert und Kontakte zu politischen Parteien gepflegt. Man sei mit erhöhter Vorsicht vorgegangen, so habe man etwa „den Ermittlungsakt nicht einfach herumliegen lassen“, so Zwettler. Ob er sich erinnere, dass Informationen der SoKo nach außen gespielt wurden, fragte FPÖ-Mandatar Werner Herbert. Zwettler verneinte das.

Doris Bures im BVT-Untersuchungsausschuss
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Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ), im Hintergrund Verfahrensrichter Eduard Strauss

„Weiteres Indiz für Tatverdacht“

Herbert erwähnte eine „Liste“, die bei VGT-Obmann Martin Balluch gefunden worden sei, „wo alle Anschläge seit dem Jahr 1999 aufgelistet wurden". Diese Liste habe man als authentisch eingestuft“, so Zwettler. „Es war einfach ein weiteres Indiz für den Tatverdacht.“ Auch Tarnanzüge und Sturmmasken und Einwegspritzen habe man gefunden, so Herbert. Das seien Indizien für den Tatverdacht gewesen, "vor allem die Einwegspritzen waren ein deutlicher Hinweis (etwa für „Buttersäureanschläge", Anm.), auch wenn man sie für 1.000 andere Dinge verwenden kann“.

Amon wollte wissen, welche „Verflechtungen mit der Politik“ die Beschuldigten gehabt hätten. Sie seien „sehr häufig“ bei Besprechungen mit Politikern dabei gewesen, sagte Zwettler. Auf die Frage, ob er Namen nennen könnte: „Könnte ich, will ich aber nicht.“ Warum nicht? – „Das sind Dinge, die nicht relevant sind für solche Fälle.“ Wieder griff Verfahrensrichter Eduard Strauss ein und argumentierte wie üblich mit der Untersuchung der politischen Einflussnahme, daher sei es relevant. Zwettler antwortete also doch: „Martin Balluch hatte Kontakt zum Grünen Klub.“

Keine Erinnerung an Sinneswandel

NEOS-Fraktionschefin Stephanie Krisper zitierte aus Akten, wonach damals Kritik am Volumen der SoKo geäußert wurde. Kritik sei von verschiedenen Seiten geübt worden, so Zwettler, es sei da um Personalfragen gegangen, „da wir alle nicht schwimmen im Personal, ist natürlich jeder Mann und jede Frau, die dafür abgestellt werden muss, ein Verlust“. Krisper zitierte außerdem aus jenem Dokument, in dem die SoKo von „keinerlei Tatverdacht“ ausgeht.

Wenige Tage später sei dann aber die verdeckte Ermittlerin eingesetzt worden. Für einen solchen Einsatz brauche man allerdings einen Tatverdacht. Was Zwettler binnen weniger Tage zu einem solchen Meinungswandel bewogen habe? – „Kann mich nicht erinnern“. „Können Sie ausschließen, dass es Tage später noch immer keinen Tatverdacht gegeben hat?“ – wiederum: keine Erinnerung.

„Das weiß ich nicht, ob er entlastend war“

Aufgrund der Tatsache, dass der Einsatz der verdeckten Ermittlerin von der Staatsanwaltschaft nicht genehmigt wurde, habe der Bericht der verdeckten Ermittlerin keinen Eingang in den Strafakt gefunden, sagte Krisper – der Bericht sei für die Angeklagten entlastend gewesen. Zwettler dazu: „Das weiß ich nicht, ob er entlastend war, meine Erinnerung nach steht da gar nicht wahnsinnig viel drin.“ „Es ist nichts Besonderes von ihr hervorgebracht worden, keine wie immer gearteten Highlights“, so Zwettler auf Fragen zur Tätigkeit der verdeckten Ermittlerin. In der Haft habe sie die damals Beschuldigten sogar noch besucht. Zwettlers Erklärung: „Zur Aufrechterhaltung der Tarnung.“