Die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern
APA/AFP/David Lintott
Nach Terroranschlag

Neuseeland beschließt schärfere Waffengesetze

Neuseeland hat nach dem rassistisch motivierten Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch mit der Verschärfung seiner Waffengesetze begonnen. Premierministerin Jacinda Ardern kündigte am Montag nach einer Krisensitzung des Kabinetts strengere Regeln an, die „so schnell wie möglich“ in Kraft treten sollten.

Ihre Koalition sei sich darin einig. Aus Respekt vor den 50 Todesopfern des Doppelanschlags wurde Neuseelands größte Waffenmesse abgesagt, die am nächsten Wochenende stattfinden sollte.

In Christchurch sollten am Montag die Beisetzungen der Toten beginnen. Vermutlich wird es aber bis Mittwoch dauern, bis alle Leichen dafür freigegeben sind. 31 Verletzte werden noch im Krankenhaus behandelt. Der mutmaßliche Täter Brenton Tarrant, ein Rechtsextremist aus Australien, will sich nach Angaben seines bisherigen Pflichtanwalts vor Gericht allein verteidigen. Dem 28-Jährigen droht wegen vielfachen Mordes lebenslange Haft.

Waffenbesitz schon mit 16 möglich

Premierministerin Ardern sagte in der Hauptstadt Wellington, das Kabinett sei sich „im Prinzip“ über härtere Gesetze einig. Details sollen innerhalb der nächsten zehn Tage folgen. Außenminister Winston Peters vom populistischen Koalitionspartner NZF, der solche Pläne bisher abgelehnt hatte, sagte: „Unsere Welt hat sich für immer geändert. Deshalb werden sich auch unsere Gesetze ändern.“ In dem Pazifikstaat darf man bis jetzt nach einer Überprüfung schon mit 16 Jahren Waffen besitzen.

Der rechtsextreme Australier hatte bei seiner Festnahme nach dem Überfall auf die beiden Moscheen fünf Waffen und auch Sprengstoff bei sich. Er besitzt seit 2017 einen neuseeländischen Waffenschein. Der neuseeländische Onlinewaffenhändler Gun City bestätigte, dass Tarrant mindestens vier Waffen sowie Munition übers Internet bestellt habe. Alles sei legal vonstattengegangen.

Der rechte Rand Neuseelands

Vor dem Anschlag auf zwei Moscheen mit 50 Toten galt Neuseeland als fortschrittliches und tolerantes Land. Das Erstarken der rechtsextremen Szene blieb lange unbemerkt.

Rechtsextremer will sich selbst verteidigen

Tarrant will sich anscheinend vor Gericht selbst verteidigen. Der bisherige Pflichtverteidiger Richard Peters sagte dem „New Zealand Herald“, der Australier habe ihn von seinem Mandat entbunden. Peters äußerte die Vermutung, dass der ehemalige Fitnesstrainer den Prozess als Plattform für seine „ziemlich extremen Ansichten“ nutzen will. „Aufgabe des Richters wird sein, damit umzugehen.“ Tarrant habe auf ihn den Eindruck gemacht, bei klarem Verstand und psychisch stabil zu sein, und weder Reue noch Mitleid gezeigt.

In Christchurch wurden inzwischen die ersten Todesopfer den Familien übergeben. Nach islamischer Sitte ist es eigentlich üblich, dass Tote binnen 24 Stunden beigesetzt werden. Die Familien mussten jedoch viel länger warten. In der Überlegung ist nach neuseeländischen Medienberichten auch, die Todesopfer gemeinsam beizusetzen. Am Montag war eine Delegation aus der Türkei unter Leitung von Außenminister Mevlüt Cavusoglu in Christchurch zu Besuch.

Facebook kommt mit Video-Uploads nicht zurecht

Tarrant hatte vor der Tat eine Kampfschrift mit rechtsextremen Parolen ins Internet gestellt und auch per Mail verschickt. Muslime und Immigranten bezeichnet er darin als „Invasoren“, sich selbst als Rassisten. Die Tat übertrug er dann auch mit einer Kamera live ins Internet. Trotz aller Versuche, das 17-minütige Video aus dem Netz zu entfernen, kursiert es dort immer noch. Facebook und andere Plattformen haben es bisher nicht geschafft, das Video völlig offline zu nehmen, da es immer wieder hochgeladen wird.

Ein 18-Jähriger muss einem Medienbericht zufolge in Untersuchungshaft bleiben, nachdem er im Internet Livebilder der tödlichen Angriffe auf zwei Moscheen zusammen mit Aufrufen zu „extremer Gewalt“, wie es hieß, weiterverbreitet hatte. Das zuständige Gericht habe einen Antrag des Mannes auf eine Freilassung auf Kaution abgelehnt, berichtete der „New Zealand Herald“.

Polizei durchsuchte Wohnungen

Die australische Polizei durchsuchte unterdessen zwei Wohnungen. Wie die Polizei mitteilte, erfolgten die Durchsuchungen in den Orten Sandy Beach und Lawrence im australischen Bundesstaat New South Wales nahe der Ortschaft Grafton, aus der Tarrant stammt. Der mutmaßliche Attentäter hatte nach derzeitiger Einschätzung der neuseeländischen Polizei keine Komplizen. Polizeichef Mike Bush sagte: „Wir glauben, dass diese furchtbare Tat von einer einzelnen Person begangen wurde.“

Frau legt Blumen zum Gedenken an die Opfer nieder
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In der Nähe der Tatorte legten viele Menschen Blumen nieder und zündeten Kerzen an

Tarrant war nach dem Massaker mit mindestens 50 Todesopfern in zwei Moscheen am Freitag festgenommen worden. Dem Australier, der seit mehreren Jahren in Neuseeland lebt, droht nun lebenslange Haft wegen vielfachen Mordes. Neuseeland mit seinen knapp fünf Millionen Einwohnern war bisher von Terrorismus und Amokläufen weitgehend verschont geblieben. Der „New Zealand Herald“ erschien am Montag mit einem großen Herzen auf der Titelseite, das aus 50 einzelnen Herzchen bestand. Die Schlagzeile: „Sie sind wir.“