SOS Mitmensch kritisiert „desintegrative“ Regierungspolitik

Die Organisation SOS Mitmensch hat heute einen Bericht über die Integrationspolitik der Bundesregierung präsentiert. 21 Fachleute analysierten die in der bisherigen Amtszeit der ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossenen und geplanten Maßnahmen. Drei Viertel der Maßnahmen, die bisher umgesetzt wurden, werden als desintegrativ eingestuft, hieß es bei einer Pressekonferenz.

„Die Analyse der Expertinnen und Experten zeigt ein klares Zurückdrängen von integrativen Maßnahmen durch die Bundesregierung und eine deutliche Forcierung von desintegrativen Maßnahmen“, fasste SOS-Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak die Ergebnisse zusammen. „Wertvolle Programme und Projekte wurden gekürzt oder eingestellt, neue Hürden beim Zugang zu Ausbildung und Arbeit eingeführt.“ Er forderte die Regierung auf, zum Motto „Integration von Anfang an“ zurückzukehren.

Projekte auch als integrativ bewertet

Im Bericht werden 38 Maßnahmen der Bundesregierung dokumentiert und analysiert. Von den 28 umgesetzten bzw. in Umsetzung befindlichen Maßnahmen bewerten die Fachleute fast drei Viertel (72 Prozent) als großteils oder gänzlich desintegrativ. Nur 14 Prozent werden als integrativ beurteilt.

Als Beispiele für desintegrative Maßnahmen nannte Sonja Kittel von SOS Mitmensch unter anderem das Verbot der Lehre für Asylsuchende, die Kürzung des AMS-Budgets im Integrationsbereich sowie die Kürzung der Budgetmittel für Integration an Schulen. Zu den als integrativ bewerteten Maßnahmen zählen die Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte, die Jobbörse für Asylberechtigte und Förderungen für Projekte gegen Gewalt an Frauen.

Kritik in verschiedenen Bereichen

Die Mitarbeiter des Integrationshauses erleben in der täglichen Beratungs- und Betreuungsarbeit laut Geschäftsführerin Andrea Eraslan-Weninger, dass „seitens der Bundesregierung alles unternommen wird, damit Integration nicht stattfinden kann“. Für Sprachlehrforscher Hans-Jürgen Krumm ist die Koppelung der Sozialhilfe an Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 „ein menschenrechtlicher Sündenfall“.

Demokratieforscher Gerd Valchars übte Kritik an der Erschwerung des Zugangs zur Staatsbürgerschaft. Er wies darauf hin, dass unter anderem die Wartefrist für Asylberechtigte von sechs auf zehn Jahre erhöht wurde. Integrationsforscher Oliver Gruber ortete eine Ausrichtung des Staatsbürgerschaftsrechts, bei der Volkszugehörigkeit stärker als Wohnsitz, Arbeits- und Steuerleistung bewertet werde.