Jens Harzer als Hauke Haien in der Aufführung „Der Schimmelreiter“ im Thalia Theater in Hamburg im November 2016
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Geheimnis gelüftet

Iffland-Ring geht an Jens Harzer

Der deutsche Schauspieler Jens Harzer (47), Ensemblemitglied am Thalia Theater Hamburg und wiederholt bei den Salzburger Festspielen zu sehen, ist der neue Träger des Iffland-Rings. Er wurde von Bruno Ganz, dem Mitte Februar verstorbenen bisher letzten Träger dieser Auszeichnung, als sein Nachfolger als „würdigster“ Schauspieler des deutschen Sprachraums bestimmt.

Harzer galt – neben Martin Wuttke, Nicholas Ofczarek und Klaus Maria Brandauer – in den Spekulationen des Feuilletons als einer der favorisierten Anwärter. Schon als 24-Jähriger stand er 1996 gemeinsam mit seinem Idol in der Botho-Strauß-Inszenierung „Ithaka“ auf der Bühne – Ganz spielte Odysseus, Harzer seinen Sohn. Ganz nannte Harzer in Interviews schon vor 15 Jahren einen „fantastischen Schauspieler“ – „ein junger, aber schon ganz großer“. Bei der Trauerfeier für Ganz verlas Harzer einen berührenden Brief des Dramatikers Botho Strauß, der selbst nicht anwesend war.

Der Ring wird von Träger zu Träger vermacht, die Entscheidung von Ganz wurde zwei Tage nach seiner Urnenbeisetzung durch Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) bekanntgegeben. „Bruno Ganz hat mit seiner Entscheidung einen Künstler ausgewählt, dessen Wirken weit über die Bühne hinausreicht. Harzer ist ein Schauspieler, der durch sein facettenreiches Schaffen auffällt“, so Blümel. Er will den Ring auf der Bühne im Burgtheater überreichen, die Zeremonie soll noch vor dem Sommer stattfinden. Ein genauer Termin steht noch nicht fest.

Schauspieler Jens Harzer mit dem Film „Les Beaux Jours d’Aranjuez“ am Filmfestival in Venedig 2016
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Jens Harzer galt in den Spekulationen der Zeitungen als einer der Favoriten für die Wahl von Bruno Ganz

Harzer „voller Dank“

„Ich nehme diese Geste des Weiterreichens voller Dank entgegen“, ließ der 47-Jährige über seine Lebensgefährtin ausrichten. Zugleich machte er klar, dass er sich auf seine aktuelle Bühnenarbeit konzentrieren wolle. „Aber ich kann heute nichts anderes tun und möchte nichts anderes tun, als an Bruno Ganz denkend auf die Bühne gehen und Theater spielen – Handkes ,Immer noch Sturm‘ als Gastspiel an der Berliner Volksbühne.“

Erste Gratulationen an den neuen Iffland-Ring-Träger Harzer kamen am Freitag vom Geschäftsführer der Bundestheater-Holding, Christian Kircher, und Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann. Harzers „junges Alter lässt eine vielversprechende schauspielerische Zukunft erwarten, der ich mit großer Freude entgegensehe“, so Kircher in einer Aussendung. Bergmann schrieb, sie habe gewusst, „dass Bruno Ganz eine vollkommene Wahl treffen wird, auch wenn ich mir den Iffland-Ring erstmals gut an einer Frauenhand hätte vorstellen können“.

Joachim Lux, Intendant des Thalia Theaters, gratulierte Harzer herzlich: „Dass dieser Ausnahmeschauspieler seit nunmehr zehn Jahren Mitglied unseres Ensembles ist, erfüllt uns alle mit großem Stolz. Ich hoffe sehr, dass er auch in Zukunft das künstlerische Profil des Thalia so entscheidend mitgestalten wird. Er steht mit seiner Arbeit für die autonome Welt der Kunst und die Kraft der Sprache und verteidigt sie gegen die Zumutung unterkomplexer Weltsichten.“

Als Tod im Salzburger „Jedermann“

Erste Schauspielerfahrungen sammelte der designierte Ring-Träger unter anderem in der Theater-AG des Gymnasiums am Mosbacher Berg in Wiesbaden. Dort stand er als Josef K. in dem Stück „Der Prozess“ nach einem Roman von Franz Kafka und als Leonce in „Leonce und Lena“ von Georg Büchner auf der Bühne.

Harzer erhält Iffland-Ring

Das Kuvert ist geöffnet: Der deutsche Schauspieler Jens Harzer, oftmaliger Gast bei den Salzburger Festspielen und Ensemblemitglied am Thalia Theater Hamburg, ist der neue Träger des Iffland-Rings.

Der 47-jährige Harzer war nach seinem Studium an der Otto-Falckenberg-Schule in München Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele und des Bayerischen Staatsschauspiels. In Österreich war er wiederholt bei den Salzburger Festspielen zu sehen, zuletzt 2018 in „Penthesilea“. Von 2001 bis 2004 spielte er den Tod im Salzburger „Jedermann“. Ebenfalls bei den Salzburger Festspielen spielte er in Andrea Breths Inszenierung von „Verbrechen und Strafe“ die Hauptrolle und war in der Handke-Uraufführung „Immer Noch Sturm“ zu sehen.

Jens Harzer (links) als Tod und Peter Simonischek (rechts) als Jedermann in Salzburg während einer Probe 2002
AP/Rudi Blaha
Jens Harzer war von 2001 bis 2004 als Tod im Salzburger „Jedermann“ zu sehen

Seit 2009 ist der Schauspieler festes Mitglied des Ensembles am Thalia Theater in Hamburg und ist auch dem Fernsehpublikum unter anderem durch seine Auftritte in „Tatort“-Folgen und zuletzt der Serie „Babylon Berlin“ bekannt. Im Kino war Harzer, der Mitglied der Akademie der Künste Berlin ist, mehrfach zu sehen – etwa in „Requiem“ von Hans-Christian Schmid, „Der Lebensversicherer“ von Bülent Akinci und in Wim Wenders Handke-Verfilmung „Die schönen Tage von Aranjuez“. Harzer ist Träger zahlreicher Auszeichnungen und wurde zweimal von der Zeitschrift „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres gewählt.

23 Jahre lang in den Händen von Ganz

Fast 23 Jahre ist es her, dass der unlängst verstorbene Ganz den legendären Iffland-Ring als bester deutschsprachiger Schauspieler entgegennahm – gerührt und mit weichen Knien, wie der damals 55-Jährige im Mai 1996 während der Festmatinee im Wiener Burgtheater sagte.

Der schweizer Schauspieler Bruno Ganz zeigt den Iffland-Ring an seiner Hand
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Ganz wollte der Iffland-Ring nicht ganz passen

Der drei Monate zuvor verstorbene österreichische Volksschauspieler Josef Meinrad hatte Ganz in seinem Vermächtnis als neuen Träger des Preises bestimmt. Der Iffland-Ring – ein diamantenbesetzter Eisenring mit einem Porträt Ifflands – soll auf den Berliner Schauspieler und Theaterdirektor August Wilhelm Iffland (1759–1814) zurückgehen. Den Ring erhält der „jeweils bedeutendste und würdigste Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ auf Lebenszeit. Zu den so Geehrten gehörten zuvor Albert Bassermann (1867–1952) und Werner Krauß (1884–-1959).

Versiegeltes Kuvert im Kulturministerium aufbewahrt

Wer ihn bekommt, muss sich innerhalb von drei Monaten für einen Nachfolger entscheiden und den Namen in einem versiegelten Kuvert im österreichischen Kunstministerium deponieren. Meinrad, Ringträger seit 1959, hatte seine letzte Verfügung 1984 geändert: „Mein Wunsch ist es, dass nach meinem Tode Bruno Ganz den Iffland-Ring erhält“, hieß es in dem Brief ohne nähere Begründung. Ganz soll seinen fast gleichaltrigen Bühnenkollegen Gert Voss als Nachfolger bestimmt haben, der schon bei Meinrads Tod als Kandidat gehandelt worden war. Voss starb aber 2014, Ganz änderte daraufhin sein Vermächtnis.