Mindestsicherung: Sozialeinrichtungen warnen vor „Sozialhilfe“

Die im Ministerrat bereits beschlossene Mindestsicherungsreform lässt bei den Wiener Sozialhilfeeinrichtungen die Alarmglocken schrillen. Sie warnten heute vor den „dramatischen“ Folgen unter anderem für Mehrkindfamilien, Flüchtlinge, Obdachlose und Behinderte und appellierten an die Nationalrats- und Bundesratsabgeordneten, den Beschluss des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes doch noch zu verhindern.

Das geplante Gesetz werde ein „Armutsbeschleuniger und -verfestiger“ sein, sagte Caritas-Wien-Geschäftsführer Alexander Bodmann in einer Pressekonferenz. Er verwies darauf, dass künftig ab dem dritten Kind nur noch fünf Prozent – das wären nach jetziger Berechnung 44 Euro – ausbezahlt würden.

Harsche Kritik übte auch Integrationshaus-Geschäftsführerin Andrea Eraslan-Weninger. Die neue „Sozialhilfe“ ziele darauf ab, „Flüchtlinge und Migranten schlechter zu stellen“, beklagte sie die geplanten Kürzungen für subsidiär Schutzberechtigte. 365 Euro als monatliche Wohn- und Lebenskosten seien ein „unverantwortlicher Einschnitt“.

Scharfe Kritik an Leistungskürzungen

„Leistungskürzungen werden die Mieten nicht billiger machen“, so Elisabeth Hammer, Geschäftsführerin der Obdachloseneinrichtung neunerhaus. Der Wiener Samariterbund-Geschäftsführer Oliver Löhlein rügte den Reformentwurf in Bezug auf Senioren. Denn Personen, die das Regelpensionsalter erreichen, aber keinen Pensionsanspruch haben, und dauerhaft Arbeitsunfähige, die nicht als Personen mit Behinderung gelten, wird die bisher in Wien ausbezahlte 13. und 14. Sonderzahlung gestrichen.

Robert Mittermair vom Verein Leben ohne Krankenhaus bemängelte wiederum die Zuschussbestimmung für Behinderte. Denn durch die im Gesetz vorgesehene Definition, wer als behindert gilt, bestehe die Gefahr, dass sie nicht alle Betroffenen umfasse.

Die Frage, ob das Land Wien das geplante Gesetz vor das Höchstgericht bringen, dessen Umsetzung verweigern oder die Spielräume im Zuge des Ausführungsgesetzes möglichst großzügig ausreizen solle, wollte die Chefin des Dachverbands der Wiener Sozialeinrichtungen, Ex-Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), nicht konkret beantworten.