Nationalmuseum von Katar
APA/AFP/National Museum of Qatar/Iwan Baan
Jean Nouvel

Katars jüngste Architekturikone

Sein Louvre Abu Dhabi mit einer Riesenkuppel von 180 Meter Durchmesser ist bereits eine Architekturikone. Kaum eineinhalb Jahre danach hat der französische Stararchitekt Jean Nouvel sein nächstes Museum auf der arabischen Halbinsel fertiggestellt. Am Donnerstag eröffnet das Nationalmuseum von Katar. Und auch das neue Gebäude in Doha sieht spektakulär aus.

Das Museum soll Besuchern Geschichte und Kultur des Emirats am Persischen Golf nahebringen. Auf einem Areal am südlichen Ende der Strandpromenade Corniche hat Nouvel den alten Palast von Scheich Abdullah Bin Jassim Al Thani quasi überbaut.

Wie schon in Abu Dhabi ist das Spiel mit Licht und Schatten das Hauptmerkmal des Gebäudes, das nicht über eine einzige Kuppel, sondern über eine Reihe miteinander verbundener Dachscheiben verfügt. Es ist in seiner Form einer Sandrose nachempfunden, einem charakteristischen Kristallgebilde, das in heißen Wüstengebieten aus Sand und Gips entsteht.

Nationalmuseum von Katar
APA/AFP/National Museum of Qatar/Iwan Baan
Das neue Nationalmuseum Katars ist auch aus der Vogelperspektive spektakulär

Zeitgenössische Karawanserei

Das Museum soll als Art zeitgenössische Karawanserei fungieren und beherbergt neben Räumen für Permanent- und Wechselausstellungen ein 220-Plätze-Auditorium, ein Forum mit 70 Sitzen, zwei Cafes, ein Restaurant sowie Forschungslabors und Restaurierungswerkstätten. In drei Kapiteln soll man etwas über die von Nomaden und Fischern geprägte Siedlungsgeschichte Katars erfahren: „Wie alles begann“, „Leben in Katar“, „Das Entstehen einer Nation“. Katars Geschichte beginnt da vor rund 700 Millionen Jahren, als sich die arabische Halbinsel herausbildete.

Eine wichtige Rolle im internationalen Handel spielte der Kleinstaat seit dem 19. Jahrhundert, weil Briten dort bei ihren Fahrten von und nach Indien haltmachten. Zubarah, wie Katar damals hieß, produzierte vor allem Perlenschmuck. Öl wurde erst 1939 gefunden, ab den 70er Jahren folgte Erdgas. Als 1995 Scheich Hamad Bin Chalifa al-Thani die Macht übernahm, begann der Aufstieg Katars zur regionalen und internationalen Wirtschaftsmacht. Heute gilt Katar als reichster Staat der Erde und wird als absolute Monarchie regiert. Staatsreligion ist der Islam, die Gesetzgebung wird von der Scharia bestimmt.

Zahlreiche Künstler aus der Region

Während es für die weiter zurückliegende Geschichte zahlreiche Exponate gibt, die einen Besuch lohnen – gezeigt werden Textilien, Gemälde, Skulpturen, Filme, Schmuck, Waffen, Münzen, Zelte, Segelschiffe und Fossilien – verhält sich das bei der Öl- und Gaswirtschaft schon schwieriger. Man hilft sich deshalb mit Kunstwerken. Gegenüber der „New York Times“ sagte die Chefentwicklerin des Museums, Karen Exell: „Die Künstlerinnen und Künstler bieten eine völlig neue Perspektive. Sie untersuchen Sachverhalte – was durch eine traditionelle Darstellung gar nicht möglich gewesen wäre.“

Nationalmuseum von Katar
APA/AFP/National Museum of Qatar/Iwan Baan
Jean Nouvels Museum ist Teil des Kulturviertels von Doha, das fast jährlich um spektakuläre Bauten erweitert wird

Gezeigt werden etwa Werke der katarischen Künstler Ali Hassan beim Haupteingang und Scheich Hassan bin Mohammed bin Ali al-Thani beim Eingang zu den Galerien, eine Skulptur des irakischen Künstlers Ahmed Al Bahrani im Zentrum der Karawanserei, eine Installation aus beeindruckenden 114 Brunnen des französischen Künstlers Jean Michel-Tohoniel und eine Skulptur der syrischen Künstlerin Simone Fattal als „Tor zum Meer“.

Nouvel mischt bei Eröffnung mit

Das Eröffnungsprogramm ist umfangreich und umfasst eine Reihe von Diskussionen und Workshops. Jean Novel selbst etwa erläutert im Dialog mit Architekturkritiker Nicolai Ouroussoff das Entwurfsdesign des Museums und nimmt an einem Panel teil, das die Rolle von Architektur und Kulturinstitutionen in der Selbstdarstellung Katars diskutiert.

Die Runde ist hochkarätig: Von Architekt Rem Koolhaas stammt die im Vorjahr eröffnete Nationalbibliothek von Katar, Ben van Berkel zeichnet für den Schienennahverkehr des Emirats verantwortlich, Herzog & de Meuron planen das neue Orientalische Museum von Doha.

Katars Kulturgigantomanie

Das neue Nationalmuseum ist Teil eines kulturellen Komplexes, zu dem das Arabische Museum für Moderne Kunst (MATHAF), das Museum für Islamische Kunst (MIA) und ein Ausstellungszentrum in einer umgebauten Feuerwehrstation gehören. Geplant sind auch ein Olympia- und Sportmuseum – schließlich findet 2022 die Fußballweltmeisterschaft in Katar statt.