Ein Sicherheitsbeamter reicht ein Dokument durch die Tür der saudischen Botschaft
AP/Petros Giannakouris
Saudi-Arabien

„Schweigegeld“ für Khashoggi-Kinder

Saudi-Arabien hat einem Medienbericht zufolge die Kinder des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi (Dschamal Chaschukdschi) mit Luxusvillen und monatlichen Zahlungen entschädigt. Die „Washington Post“ („WP“) berichtete am Montag, jedes der vier Kinder Khashoggis habe ein Haus in der saudischen Küstenstadt Dschidda im Wert von bis zu vier Millionen Dollar (3,6 Mio. Euro) bekommen.

Die zwei Söhne und zwei Töchter würden zudem monatlich mindestens 10.000 Dollar erhalten. Die saudi-arabische Führung wolle eine langfristige Übereinkunft mit der Familie des ermordeten Regierungskritikers finden, berichtete die „Washington Post“, für die Khashoggi einst geschrieben hatte. Damit solle unter anderem sichergestellt werden, dass sich die Familie weiterhin mit öffentlichen Äußerungen zu dem Fall zurückhalte, eine Art Schweigegeld also.

Dem Bericht zufolge will Khashoggis ältester Sohn Salah weiter in dem Königreich leben. Die anderen Kinder leben in den USA und dürften die Luxushäuser verkaufen, berichtete die „Washington Post“.

Bild einer Überwachungskamera zeigt Jamal Khashoggi
AP/Petros Giannakouris
Khashoggi kurz vor seinem Tod

Von saudischen Agenten getötet

Khashoggi, der als Kolumnist für die „Washington Post“ gearbeitet und in den USA im Exil gelebt hatte, war am 2. Oktober in Saudi-Arabiens Konsulat in Istanbul von einem extra angereisten Kommando aus 15 saudi-arabischen Agenten ermordet worden. Unter internationalem Druck räumte Riad nach wochenlangen Dementis schließlich ein, dass der Regierungskritiker bei einem missglückten Einsatz zu seiner Festnahme getötet worden sei. In Saudi-Arabien müssen sich seit Anfang Jänner elf Verdächtige wegen des Mordes verantworten.

Viele Fragen in dem Fall sind weiter ungeklärt, etwa die Rolle von Saudi-Arabiens mächtigem Kronprinzen und De-facto-Regierungschef Mohammed bin Salman. Der US-Senat machte den Thronfolger auf Grundlage von Geheimdiensterkenntnissen für Khashoggis Tod verantwortlich. US-Präsident Donald Trump weigert sich dagegen, öffentlich Stellung gegen den mächtigen Verbündeten zu beziehen.

„Post“: Mordkommando teils in USA ausgebildet

Einige Mitglieder des Mordkommandos im Kashoggi-Fall wurden einem Bericht zufolge in den USA ausgebildet. Sie seien von einem privaten Sicherheitsunternehmen im Bundesstaat Arkansas trainiert worden, berichtete die „Washington Post“ am Samstag.

Der US-Auslandsgeheimdienst CIA habe mehrere US-Behörden darüber informiert, dass ein Teil der Spezialausbildung für die saudi-arabischen Agenten womöglich in dem Unternehmen Tier 1 Group im Bundesstaat Arkansas erfolgt sei, schrieb der „Washington Post“-Kolumnist und -Geheimdienstexperte David Ignatius. Das Unternehmen habe über eine entsprechende Genehmigung des US-Außenministeriums verfügt. Ignatius berief sich auf Gespräche mit mehr als einem Dutzend Quellen in den USA und Saudi-Arabien.

„Das Training fand vor dem Khashoggi-Zwischenfall statt“, hob Ignatius hervor. Nach dem Mord an dem Regierungskritiker habe keine solche Ausbildung für saudi-arabische Agenten mehr stattgefunden. Auch andere Austauschprogramme zwischen den USA und Saudi-Arabien im Sicherheitsbereich seien ausgesetzt worden.

Khashoggi zuerst betäubt

Ignatius gab in der „Washington Post“ die Angaben eines Saudi-Arabers wieder, der ein Abhörprotokoll von Khashoggis Ermordung in dem Istanbuler Konsulat gelesen habe. Dieses enthalte Hinweise, dass ursprünglich geplant gewesen sei, Khashoggi nach Saudi-Arabien zu entführen und dort zu inhaftieren.

Ignatius schilderte weiter, in dem Istanbuler Konsulat sei Khashoggi eine Injektion verabreicht worden, wahrscheinlich ein starkes Betäubungsmittel. Danach sei ihm ein Sack über den Kopf gezogen worden. Kurz darauf sei der Regierungskritiker gestorben. In dem Bericht wird außerdem dargelegt, dass die Mitschrift auf ein brummendes Geräusch verweise. Dabei habe es sich möglicherweise um eine elektrische Säge gehandelt, mit der Khashoggis Leiche zerstückelt worden sei, die bis heute nicht gefunden wurde.

Bezos-Handy wegen Berichterstattung angezapft

In Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Ermordung Khashoggis zapfte Riad nach Angaben eines Privatermittlers das Handy von Amazon-Chef und „Washington Post“-Eigner Jeff Bezos an. Der Privatdetektiv erhob die Vorwürfe in Zusammenhang mit der Veröffentlichung kompromittierender Handynachrichten und intimer Fotos des Unternehmers. Riad habe Bezos’ Mobiltelefon gehackt, um an dessen persönliche Daten zu gelangen, schrieb der Ermittler Gavin de Becker auf der Website The Daily Beast.

Hintergrund sei die umfangreiche Berichterstattung der „Washington Post“ über den Mord an Khashoggi. Die Zeitung befindet sich seit 2013 in Bezos’ Besitz. Es sei klar, dass der saudi-arabische Kronprinz die „Washington Post“ als einen wichtigen Feind ansehe, schrieb de Becker. Der „National Enquirer“ hatte im Jänner über eine außereheliche Affäre des reichsten Mannes der Welt berichtet. Kurz zuvor hatten Bezos und seine Frau ihre Trennung nach 25 Jahren Ehe verkündet.