Nach vier Jahren Bauzeit und Kosten von 404 Millionen Dollar (359 Mio. Euro) wurde The Shed am Freitag offiziell eröffnet. Es verfügt über Veranstaltungsräume auf insgesamt acht Stockwerken. Als „nur Muskeln und kein Fett“ beschrieb die leitende Architektin Liz Diller den Bau bei einer Vorabbesichtigung.
Die fast 40 Meter hohe Außenhülle lässt sich ausfahren und der Innenraum über mehrere Stockwerke für bis zu 3.000 Zuschauer erweitern. Modernste Bühnentechnik samt Glasfaserinternet soll „fast alles möglich machen, was Künstler sich vorstellen können“, sagte der Vorstandsvorsitzende Dan Doctoroff. Ihnen solle der Bau als Werkzeug dienen und sich laufend weiterentwickeln, sagte Diller.
Verhasstes neues Stadtviertel
Ob The Shed sich in der Stadt mit 1.200 kulturellen Einrichtungen behaupten kann, muss sich zeigen. Es sei nicht klar, warum New York das neue Zentrum brauche, urteilte die Website Artnet und sprach von einem „Gefühl der Überflüssigkeit“. Die „Washington Post“ schrieb dagegen, The Shed sei der einzige Grund, das bei New Yorkern verhasste neue Viertel Hudson Yards überhaupt zu besuchen.
Der Bau hat mehr als 500 Millionen Dollar an Entwicklungs- und Baukosten verschlungen, hauptsächlich von reichen Spendern. Wie ein „Flugzeughangar in Daunendecke“ sehe das Gebäude aus, urteilte die „New York Times“. „Noch nie hat New York eine Kultureinrichtung wie den Shed gesehen.“
„Wundervolle Sache für die Stadt“
Aber braucht eine Stadt wie New York, die schon rund 1.200 kulturelle Einrichtungen hat, ein neues Kulturzentrum – und dazu noch eins in dieser Dimension? Für Ex-Bürgermeister Mike Bloomberg, der das Projekt maßgeblich mit angestoßen hat, keine Frage. „Es ist eine wundervolle Sache für die Stadt, für die Kunst, für Amerika und für die Welt.“
Herausheben soll sich The Shed durch einen Fokus auf die Künstler, auf interdisziplinäre Werke und auf Auftragsarbeiten. Zur Eröffnung gibt es beispielsweise eine Ausstellung des deutschen Künstlers Gerhard Richter mit Musik der Komponisten Steve Reich und Arvo Pärt. „Diese Idee, dass wir neue Arbeiten machen und über alle Kunstformen hinweg Aufträge erteilen, bringt Gleichwertigkeit – über Kunstformen und durch die Gesellschaft hinweg“, sagte Alex Poots, der einst das Manchester International Festival gründete und den Doctoroff von einem anderen gefeierten New Yorker Kulturzentrum, der Park Avenue Armory, weglotste und zum Direktor des Shed machte.
Hoffnung trotz Kritik
Das glitzernde neue Hochhausviertel Hudson Yards um den Kulturschuppen herum sei eine Art „überdimensionierter Vorortbüropark mit Einkaufszentrum und bewachter Wohnsiedlung“, gedacht für die Megareichen, „die 0,1 Prozent“, hatte die „New York Times“ kritisiert. „The Shed könnte das Gegenteil werden – wenn es erfolgreich die anderen 99,9 Prozent willkommen heißt.“
Die „Financial Times“ nennt The Shed eine „Fantasie des ausgehenden 20. Jahrhunderts“. Das Gebäude schließe nahtlos an Entwürfe an wie den Fun Palace der Theatermacherin Joan Littlewood, Constant Nieuwenhuys’ endlos erweiterbares New Babylon und Richard Rogers und Renzo Pianos Centre Pompidou, wobei nur Letzteres wirklich umgesetzt wurde.
Die gigantische, ausfahrbare Erweiterung der Halle wurde im Übrigen den Umständen entsprechend nachhaltig entworfen. Die Konstruktion fährt auf riesigen Rädern aus, verbraucht aber, wie die Projektleiter versichern, dabei nur die Energie eines Toyota Prius. Das Stadtviertel rundherum wirkt laut „Financial Times“ trotz Baukosten von 20 Milliarden Dollar schnöde. Gerade deshalb erstrahle The Shed ganz besonders in einem insektoiden Science-Fiction-Glanz.