Ehemalige Bewohner von Fukushima in einem Bus
AP/The Yomiuri Shimbun/Hiroto Sekiguchi
Acht Jahre nach GAU

Angst vor Rückkehr nach Fukushima

Etwa acht Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima beginnt die Rückkehr in die Stadt Okuma unmittelbar neben dem havarierten japanischen Atomkraftwerk. Vor wenigen Tagen erklärten die Behörden einen größeren Teil der Geisterstadt für sicher. Doch nicht alle früheren Bewohner trauen dem Frieden.

Nach dem Reaktorunglück, das als das zweitschlimmste der Geschichte nach dem von Tschernobyl in der Ukraine 1986 gilt, hatten Zehntausende Menschen aus der Gefahrenzone fliehen müssen. Nach langen Dekontaminationsarbeiten sei die radioaktive Belastung in Okuma deutlich gesunken, hieß es. Freigegeben wurden laut der japanischen Tageszeitung „Asahi Shimbun“ zwei Bezirke im Westen der Stadt.

Trotzdem: Laut dem britischen „Guardian“ riskierten vorerst nur knapp 370 der ursprünglich über 10.000 Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt die Rückkehr. Der größere Teil der Stadt westlich des havarierten AKW in der Präfektur Fukushima bleibe bis auf Weiteres Sperrgebiet.

Nur wenige wollen bleiben

Die britische Tageszeitung berichtete unter Berufung auf die japanische Nachrichtenagentur Kyodo, dass die meisten Menschen nur kurz zurückgekommen seien, um nach ihren Wohnungen bzw. Häusern zu sehen, keine 50 Personen hätten vorgehabt, über Nacht zu bleiben. Zu der Reaktorkatastrophe war es nach einem Erdbeben und Tsunami am 11. März 2011 im AKW Fukushima Daiichi (Fukushima I) gekommen. Insgesamt mussten nach einer mehrfachen Kernschmelze über 150.000 Personen aus der Gefahrenzone fliehen.

Acht Jahre später gibt sich die Stadtverwaltung offenbar Mühe, die Menschen dazu zu bewegen, zurückzukommen. Im Mai solle ein neues Rathaus eröffnet werden, außerdem sei die Infrastruktur der Stadt zum Teil erneuert worden. „Asahi Shimbun“ sprach von etwa 50 Projekten.

Die Angst ist immer noch da

Allerdings: Die Angst der Menschen vor gesundheitlichen Risiken bzw. Spätfolgen der radioaktiven Verseuchung sei groß, insbesondere unter Familien mit kleinen Kindern, habe eine Umfrage der „Asahi Shimbun“ ergeben. Fast zwei Drittel der früheren Bewohner hätten Angst vor Strahlung, berichtete der „Guardian“. An die 40.000 Menschen könnten weiter nicht zurück, viele von denen, die könnten, wollten es nicht. Einige hätten sich inzwischen anderswo eine neue Existenz aufgebaut und würden wohl nie wieder zurückkommen.

Arbeiter in der Ortschaft Okuma
AP/The Yomiuri Shimbun/Hiroto Sekiguchi
Wiederaufbau soll Menschen zu Rückkehr bewegen

Viele Sperrzonen seien bereits aufgehoben worden, hieß es zuletzt, nach wie vor galten solche in der gesamten nahen Stadt Futaba und auf dem Gelände des havarierten AKW bzw. rundherum. Die Regierung wolle zeigen, dass sich das Leben in der Region Fukushima acht Jahre nach der Reaktorkatastrophe langsam wieder normalisiere, schrieb der „Guardian“. Das sei auch der Zweck eines Besuchs von Premierminister Shinzo Abe gewesen. Die britische Zeitung verwies auch auf die Olympischen Sommerspiele nächstes Jahr in der japanischen Hauptstadt Tokio.

Arbeiter bei dem Kernkraftwerk in Fukushima
AP/The Yomiuri Shimbun/Hiroto Sekiguchi
Sperrgebiet: Arbeiten auf dem Reaktorgelände

Strahlende Altlasten für Jahrzehnte

Zuletzt berichteten aber mehrere Medien, dass das Kraftwerksgelände doch nicht so sicher sei wie von der Regierung und dem Betreiber Tokyo Electric Power (TEPCO) versichert. Die Strahlung in Gebieten, die für sicher erklärt wurden, sei faktisch zu hoch, hieß es. Außerdem lagerte auf dem Reaktorgelände noch verstrahltes Wasser in Tanks, dessen Entsorgung schwierig sei.

Die Reaktoren Nos. 1 und Nos 2 in Fukushima No. 1
AP/The Yomiuri Shimbun/Yasushi Kanno
Verstrahltes Kühlwasser lagert in Tanks

Die Dekontaminierungsmaßnahmen sind enorm aufwendig. Im März berichtete der „Guardian“, bisher seien rund 70.000 Personen alleine damit beschäftigt gewesen, verstrahltes Erdreich abzugraben. Laut Schätzungen solle es sich um über 14 Millionen Kubikmeter – grob mehrere hunderttausend bis eine Million Vierachs-Lkws voll – handeln. Nach Plan soll das Erdreich erst zwischengelagert und bis 2045 sukzessive in einem Endlager deponiert werden. Nur: Ein solches gibt es noch nicht, da niemand im Land die verstrahlte Fracht haben wolle.