Ukraine-Wahl: Selenski lässt Poroschenko sitzen

Neue, bizarre Aktion im Wahlkampf um das Präsidentenamt in der Ukraine: Amtsinhaber Petro Poroschenko wartete heute mehr als eine Stunde lang vergeblich im Stadion von Kiew auf seinen Herausforderer Wolodymyr Selenski, um sich einem Rededuell zu stellen. Selenski hatte aber bereits vorher gesagt, er wolle Poroschenko erst am kommenden Freitag treffen.

Tausende vor dem Stadion

Der Amtsinhaber, der in Umfragen deutlich hinter dem Komiker und Politikneuling liegt, erschien dennoch im Stadion vor Journalisten. Neben ihm stand ein für Selenski reserviertes Rednerpult. Der Polizei zufolge verfolgten den Auftritt des Präsidenten, der am Ende auch kurz sang, Tausende Menschen vor dem Stadion.

Poroschenko sagte: „Ich denke, dass man heute ins Olympiastadion von jedem Punkt Kiews leicht in 40 Minuten fahren kann. Lassen Sie uns darauf einigen, dass wir 40 Minuten, sogar 45 Minuten, bis 15.00 Uhr auf Herrn Selenski warten.“ Er sei sich sicher, dass Selenski ihm zusehe. Er solle keine Angst haben. „Das ukrainische Volk sollte keinen virtuellen Kandidaten, keine Katze im Sack, wählen.“

Ob es am Freitag zu einem Rededuell kommen wird, stand zunächst nicht fest. Poroschenko rief seinen Herausforderer auf, morgen in einer populären Fernsehtalkshow aufzutreten. Der Präsident war erst vor wenigen Tagen ohne Einladung in eine Talkshow des Senders 1+1 geplatzt. Vor laufender Kamera sagte er: „Kommen Sie her, das ist nicht schrecklich. Ich werde hier 40 Minuten sein und auf Sie warten.“ Wenig später rief Selenski live in der Sendung an.

Stichwahl am Ostersonntag

Die Stichwahl ist für den 21. April (Ostersonntag) geplant. Poroschenko sicherte am Sonntag zu, das Ergebnis der Wahl respektieren zu wollen. „Es wird die Wahl des ukrainischen Volkes sein, und ich werde sie respektieren – jede Wahl.“ Allerdings schränkte er ein: Gott behüte, dass Selenski gewählt werde. Poroschenko hatte sich im Wahlkampf bereits zweimal öffentlich auf Drogen und Alkoholprobleme testen lassen, sein Herausforderer einmal.

Selenskis Strategie, nicht zu dem Rededuell zu kommen, werde sich nicht auf den Ausgang der Stichwahl auswirken, sagte der ukrainische Politologe Wadim Karasjow dem Moskauer Radiosender Echo Moskwy. „Ob dies die Ergebnisse erheblich beeinflussen wird: höchstwahrscheinlich nein.“ Es könnte lediglich die Unterstützer von Selenski teilweise enttäuschen und die von Poroschenko stärken. Die Situation werde sich deswegen nicht zugunsten von Poroschenko ändern.