Die Struktur der gotischen Kirche könne „in ihrer Gesamtheit erhalten“ werden, hatte der Leiter der rund 400 Einsatzkräfte, Jean-Claude Gallet, bereits in der Nacht erklärt. „Das Schlimmste konnte verhindert werden“, sagte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Die Fassade der gotischen Kathedrale und die beiden Glockentürme seien dank des beherzten Einsatzes der Feuerwehr nicht eingestürzt, so Macron. „Der Kampf ist aber noch nicht vollständig gewonnen“, sagte Frankreichs Regierungschef beim Besuch der teilweise zerstörten Kirche weiter. „Wir werden Notre-Dame wieder aufbauen.“
Die Pariser Feuerwehr gab zudem bekannt, dass ein Feuerwehrmann schwer verletzt worden sei. Diese war zeitweise „nicht sicher“, ob sie die Ausbreitung des Feuers werde aufhalten können. Der Großbrand hatte die Kirchturmspitze zum Einsturz gebracht und weite Teile des Dachstuhls zerstört.
„Die Intensität des Feuers hat nachgelassen“, sagte auch der französische Innenstaatsekretär Laurent Nunez. Angesichts des Ausmaßes der Flammen rief er aber dazu auf, „extrem vorsichtig“ zu bleiben. Die französische Milliardärsfamilie Pinault versprach umgehend 100 Millionen Euro für den Wiederaufbau, wie Francois-Henri Pinault, der Chef des Luxusmodekonzerns Kering in der Nacht auf Dienstag bekannt gab.
Dornenkrone gerettet
Eine der wichtigsten Reliquien der katholischen Kirche konnte unterdessen aus der brennenden Kathedrale gerettet werden. Es handle sich dabei um die Dornenkrone, die Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll, sagte Patrick Chauvet, Direktor der Kathedrale vor Journalisten. Sie gilt als eine der wertvollsten Reliquien, die in der Kathedrale aufbewahrt werden, wie es auf der Website von Notre-Dame heißt. Die Flammen hätten den Kirchenschatz nicht erreicht.
Der Feuerwehr und einem Sprecher von Notre-Dame zufolge brach der Brand gegen 18.50 Uhr auf dem Dachboden der Kathedrale aus. Ein Teil der Seine-Insel, auf der die Kathedrale steht, wurde gegen 19.30 Uhr evakuiert. Die Brandursache war noch unklar. Die Polizei ging nicht von einem terroristischen Hintergrund aus, so ein Sprecher. Weitere Einzelheiten nannte er nicht.
Trauer in den Straßen von Paris
Paris, eine Stadt die in den letzten mit Terror zu kämpfen hatte trauern. Es wird gebetet und gesungen.
Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete indes eine Untersuchung ein. Dabei wird die Spur eines Unfalls verfolgt. Wie die Staatsanwaltschaft der Deutschen Presse-Agentur am frühen Dienstagmorgen in Paris bestätigte, drehen sich die Ermittlungen um eine „unbewusste Zerstörung“ durch Feuer. Von möglicher Brandstiftung war keine Rede.
Zusammenhang mit Renovierungsarbeiten vermutet
Die Kathedrale wurde bis zuletzt aufwendig restauriert. Laut Feuerwehr könnte der Brand mit den Arbeiten zusammenhängen. Die Staatsanwaltschaft nahm zu dieser Annahme keine Stellung. Nach Angaben des Innenministeriums war die Feuerwehr mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle. Rund 400 Feuerwehrleute versuchten, den Brand einzudämmen. „Ein schreckliches Feuer wütet in der Kathedrale Notre-Dame in Paris“, teilte Bürgermeisterin Anne Hidalgo auf Twitter mit.
Laut Frankreichs Zivilschutzbehörde war ein Löschen aus der Luft nicht möglich, wie sie am Abend auf Twitter schrieb. Wasser von Löschflugzeugen oder Helikoptern abzuwerfen könne durch das Gewicht zusätzlich großen Schaden verursachen. Für Anwohnerinnen und Anwohner wurde indes eine Veranstaltungshalle geöffnet. Reisende machten auf den Brücken über den Fluss Seine Fotos von dem Feuer.
Macron sagte TV-Ansprache ab
Macron sagte seine für Montag angekündigte TV-Ansprache wegen des Feuers ab. Medienberichten zufolge plant Macron – Monate nach dem Beginn der „Gelbwesten“-Proteste – neue Erleichterungen für Französinnen und Franzosen. Laut französischen Medienberichten waren eine Senkung der Einkommensteuer, Erleichterungen für Bezieher niedriger Pensionen oder Hilfen für alleinerziehende Mütter im Gespräch. Wann Macron die Ansprache nun halten will, blieb zunächst offen.
Der Staatschef schrieb am Montagabend – bevor er sich auf den Weg zur Kathedrale begeben hatte – auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, er teile die „Gefühle einer ganzen Nation“. „Ich bin traurig, dass ich heute Abend sehen muss, wie dieser Teil von uns allen brennt“, so der französische Regierungschef.
Christophe Kohl (ORF): „Löscharbeiten laufen noch“
Es seien weiterhin Wasserwerfer im Einsatz und in den Türmen sehe man Feuerwehrleute die die Schäden begutachten. Feuer sehe man nur noch wenig.
Notre-Dame ist eine der Pariser Top-Touristenattraktionen und wird jährlich von Millionen von Menschen besucht. Die Kathedrale steht im Herzen der Stadt auf der Ile de la Cite. Ihre Geschichte reicht bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts zurück. Fast 200 Jahre vergingen bis zur Fertigstellung. Die Dimensionen der im gotischen Stil konstruierten und der Jungfrau Maria geweihten Kirche mit ihren beiden majestätischen Türmen sind gewaltig: 127 Meter lang, 40 Meter breit und bis zu 33 Meter hoch.