Szene aus dem Film „Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit“
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Van-Gogh-Film

Willem Dafoe flirtet mit den Geistern

Er ist der meistverfilmte Künstler überhaupt: Vincent van Gogh steht im Zentrum von Julian Schnabels impressionistischem Film „An der Schwelle zur Ewigkeit“. Für Hauptdarsteller Willem Dafoe war es ein „Flirt mit den Geistern“, wie er im Interview mit ORF.at sagte.

„Wieso behaupten Sie, ein Maler zu sein?“, wird van Gogh im Film gefragt.„Ich liebe es zu malen, ich kann nichts anderes tun. Und glauben Sie mir, ich habe es versucht“, rechtfertigt sich der Künstler. Künstlersein, das schien bei van Gogh mehr eine Diagnose als ein Beruf gewesen zu sein. Das Drama des unverstandenen, gequälten Genies ist oft verfilmt worden, von Vincente Minelli, von Robert Altman, von Paul Cox.

Das Leben, vor allem aber die Bilderwelt von Van Gogh machen im Kino viel her: Sonnenblumen, südfranzösische Sternenhimmel, knorrig-graugrüne Zypressen – am unmittelbarsten umgesetzt hat das vor zwei Jahren der in Ölfarbe animierte „Loving Vincent“ von Dorota Kobiela und Hugh Welchman. Nun hat Julian Schnabel einen Film über Vincent van Gogh gewagt. Er ist selbst Maler, und versteht den kreativen Prozess.

„Frei von Zwängen“

Dafoe spielt van Gogh, bei den Filmfestspielen in Venedig wurde er dafür ausgezeichnet, es sei die „Rolle seines Lebens“, hieß es in manchen Kritiken. Schnabels Film handelt von den letzten Jahren des Künstlers, den Dafoe als bipolar Erkrankten darstellt. In Paris lernt er seinen selbstbewussten Malerkollegen Paul Gauguin (Oscar Isaac) kennen, doch der intensive Austausch über eine „neue Sichtweise, eine Malerei frei von Zwängen“ ist für van Gogh zu überwältigend.

Szene aus dem Film „Van Gogh – An der Schwelle zur Ewigkeit“
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Endlich in der Natur: Willem Dafoe als Vincent van Gogh (li.)

Er macht sich zu Fuß auf nach Arles, um hier ein neues Licht zu entdecken. In der Kleinstadt eckt er an, kann sich nicht benehmen, er begegnet einigen der Menschen, die er später porträtiert, und malt endlich nicht mehr in einem Zimmer, sondern draußen. Nur in der Malerei direkt in der Natur findet er zu Ruhe und Konzentration, was sich in Szenen mit esoterischer Schlagseite ausdrückt, während die Dorfbewohner verständnislos zusehen.

Van Gogh in eigenen Worten

Die poetischen Dialoge im Film beruhen auf van Goghs Briefen, Oscarpreisträger Jean-Claude Carriere hat mit Schnabel am Drehbuch gearbeitet. Im Zentrum des Films steht aber die Malerei, für die Dafoe die technischen und künstlerischen Voraussetzungen gelernt hat: „Julian hat mich angeleitet, er hat mir den richtigen Farbauftrag beigebracht. Und er hat mir letztlich eine neue Art des Sehens beigebracht“, so Dafoe im ORF.at-Interview. „Das war wichtig, um zu verstehen, worum es van Gogh geht bei seiner Malerei.“

Schnabel möchte mit „An der Schwelle zur Ewigkeit“ Kunst sein, mit Kreiselkamera, Pathos, Trostlosigkeit und impressionistischen Landschaften. In der Umsetzung ist der Film allerdings näher am Kunstgewerblichen. Dabei ist Dafoe ganz sicher: „Diesen Film als Biopic zu bezeichnen, ist eine grobe Verkürzung. Ich wollte van Gogh verstehen, aber nicht interpretieren oder erklären, sondern in seinen Kopf gelangen und mit ihm sein.“

Ein Maler über einen Maler

Die Produktionsbedingungen des Films betonen den unmittelbaren Zugang: Dort drehen, wo es passiert ist, den Baum malen, den schon van Gogh gemalt hat, die Landschaft spüren, die er gespürt hat. „Das Ganze war ein Flirt mit den Geistern“, sagte Dafoe, und hat dazu eine Anekdote parat: Er sei mit Schnabel in Paris im Büro eines Notars gewesen, der Zeichnungen aus dem Skizzenbuch von Van Gogh aufbewahrt hat. Alle trugen weiße Handschuhe, behandelten die Blätter mit großer Sorgfalt. „Und auf einmal nimmt Julian meine Hand, und drückt sie auf die Skizzen. Er wollte, dass ich die Energie aus dem Papier aufnehme.“

Was „An der Schwelle zur Ewigkeit“ nicht versucht, ist eine historisch akkurate Nachinszenierung von van Goghs letzten Jahren. Die Art und Weise seines Todes im Film etwa beruhe zwar auf einer bekannten Theorie, aber die Fakten seien gar nicht so relevant, sagte Dafoe: „Wir erzählen unsere Version der Geschichte." Auch um ein psychologisches Porträt van Goghs als gequälten Künstlers gehe es nicht, dieses Klischee wolle er unbedingt vermeiden: „Das Besondere an diesem Film ist, dass er von einem Maler inszeniert ist, der auch Filmemacher ist. Dieser Film handelt wirklich von Malerei.“