„Es werden zwei Österreicher in Kanada vermisst“, teilte der Sprecher des Außenministeriums Peter Guschelbauer auf ORF.at-Nachfrage mit. Zuvor erklärte die Nationalparkverwaltung, dass die „sehr erfahrenen“ Bergsteiger in der Provinz Alberta am Howse-Pass unterwegs gewesen seien. Rettungskräfte hätten in dem Gebiet Zeichen für zahlreiche Lawinenabgänge sowie Kletterausrüstung gefunden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass die drei Bergsteiger tot seien.
Namen wurden nicht veröffentlicht. Allerdings berichtete der Ausrüster der drei Alpinisten, The North Face, dass die drei vermutlich von einer Lawine verschüttet wurden. „Wir haben erfahren, dass drei Mitglieder unseres Global Athletes Teams, David Lama, Jess Roskelley und Hansjörg Auer, am 16. April in der kanadischen Provinz Alberta vermutlich von einer Lawine verschüttet worden sind“, so The North Face. Aber man wollte noch auf weitere Informationen warten.
Eltern von Lama bedanken sich für positiven Worte
Am Freitag äußerten sich die Eltern von David Lama, Claudia und Rinzi Lama, auf Facebook zu den jüngsten Ereignissen. „David lebte für die Berge und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren“, heißt es in einem Beitrag, der mit einem Foto des Kletterers gepostet wurde – mehr dazu in tirol.ORF.at.
Die Eltern bedankten sich für die Reaktionen, die sie erhalten haben. Sie bitten aber auch um Verständnis, „dass es keine weitere Stellungnahme von uns geben wird. Vielmehr bitten wir David mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten. Die Familien von Hansjörg und Jess schließen wir in unsere Gedanken ein.“
Roskelleys Vater wartete auf Anruf
Das Ausnahmetalent Lama, heute 28 Jahre alt, bestritt seinen ersten Wettkampf im Alter von sieben in Telfs. Seither errang er zahlreiche Siege. Im Jahr 2006 war Lama der erste Kletterer, dem es gelang, in seiner ersten Saison im Weltcup sowohl einen Boulder-Weltcup als auch einen Vorstieg-Weltcup zu gewinnen. Von Lamas freier Begehung der „Kompressorroute“ auf dem Cerro Torre in Patagonien handelt der Film „Cerro Torre“ aus dem Jahr 2013. Auch Auer gilt in der Kletterszene als einer der besten der Welt.
Jess Roskelley hatte 2003 als 20-Jähriger mit seinem Vater John den Mount Everest bestiegen. Zu dem Zeitpunkt war er der jüngste US-Bergsteiger, dem das gelungen war. John Roskelley hatte der Zeitung seines Heimatortes Spokane im US-Bundesstaat Washington bestätigt, dass die drei Bergsteiger im kanadischen Bundesstaat Alberta an der Grenze zu British Columbia unterwegs waren, um dort eine schwierige Route auf den Howse Peak (3.295 Meter) im Banff-Nationalpark zu klettern.
Sein Sohn hätte sich am Dienstag melden sollen, was er offenbar nicht tat. „Es ist eine dieser Routen, bei der die Bedingungen perfekt sein müssen, sonst wird es zum Albtraum. Genau das ist passiert“, sagte John Roskelley, der die Behörden von Parks Canada alarmiert habe, die eine Suchaktion per Helikopter in Gang gesetzt hätten, berichtete „The Spokesman Review“ (Onlineausgabe). Allerdings musste der Rettungseinsatz zwischenzeitlich wegen schlechten Wetters unterbrochen werden. Die Lawinengefahr am Unglücksort ist wegen schwerer Niederschläge und starken Windes weiterhin hoch.
Staatsspitze zeigte sich betroffen
Betroffen vom noch nicht endgültig bestätigten Lawinentod der beiden Tiroler Alpinisten zeigte sich die Staatsspitze. Die Gedanken seien in dieser schweren Zeit bei den Familien und Freunden der beiden Tiroler, twitterten Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
„David Lama und Hansjörg Auer haben in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Erfolgen die internationale Kletter- und Alpinszene geprägt“, würdigte Kurz zudem die Verunglückten. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach indes von „schrecklichen Nachrichten“. Auch wenn man die Hoffnung noch nicht aufgeben wolle, müsse man „vom Schlimmsten ausgehen“, so Platter.
Messner: „Ein sehr schlimmes Unglück“
Zuvor hatte sich Extrembergsteigerlegende Reinhold Messner über den möglichen Tod der Kletterer zu Wort gemeldet. „Es ist ein sehr schlimmes Unglück, schrecklich“, sagte Messner. Alle drei hätten zu den besten Bergsteigern der Welt gehört, erklärte der Südtiroler. Lama habe seine „Kletterkunst in große Dimensionen getragen“ und zudem über eine „starke Ausstrahlung“ verfügt, so Messner. Auer wiederum, mit dem er in noch engerem Kontakt stand, sei „in jeder Disziplin absolute Weltspitze“ gewesen.
Messner vermutet, dass bei dem Unglück in den Rocky Mountains ein Stück der Eiswand heruntergebrochen ist und letztlich zu dem tödlichen Unfall geführt hat. Der Unfall zeige einmal mehr, dass das traditionelle Bergsteigen, bei dem man sich in die „absolute Wildnis“ begebe und dabei alles selber mache, „wahnsinnig gefährlich“ sei. „Es handelt sich dann nicht mehr um eine Frage des Könnens, sondern von Glück und Unglück“, meinte Messner.
Erschüttert zeigte sich auch Bergsteigerlegende Peter Habeler. „Schlimm, schlimm, schlimm. Das waren die Besten der Besten. Überflieger im positiven Sinn“, so Habeler. Vor allem Lama stand Habeler sehr nahe: „David war eine Ikone.“ Die Zillertaler Alpinistenlegende erinnerte sich an den fünfjährigen Lama, der damals einen Kletterkurs bei ihm besucht hatte. „Mit einem Schmunzeln hab ich gesagt: ‚David, du kletterst ja schon wie ein Weltmeister. Du wirst einmal Weltmeister‘“, so Habeler.
Parkaufsicht am Mittwoch kontaktiert
Laut Stephen Holeczi, einem der Sicherheitsverantwortlichen der Nationalparks Kanadas, hatten die drei Kletterer und Bergsteiger ihren Aufstieg am Dienstag begonnen. Am Mittwoch sei die Parkaufsicht kontaktiert worden, weil es keinen Kontakt zur Gruppe mehr gegeben habe. Wann die Lawine abgegangen ist, sei unklar, sagte Holeczi laut der kanadischen CBC News. Auf der Avalanche-Canada-Skala (drei bis fünf) sei die Größe der Lawine mit der Stufe drei bemessen worden.
Das würde laut dem Sicherheitsverantwortlichen ausreichen, um ein Auto zu begraben, Bäume zu brechen oder ein aus Holz gebautes Gebäude zu zerstören. Laut der Lawinenprognose verändern sich die Bedingungen und Risiken im Gebiet, wo sich Lama, Auer und Roskelley zuletzt aufhielten, im Laufe des Tages mehrmals. „Jeder Berg hat andere Wetter- und Lawinenbedingungen, daher können wir nicht darüber spekulieren, wie die Bedingungen zum Zeitpunkt der Lawine waren“, sagte Holeczi.