Claudia und Rinzi Lama bedankten sich auf Facebook für die „zahlreichen positiven Worte und Gedanken“ und baten, David „mit seiner Lebensfreude, seiner Tatkräftigkeit und mit Blick Richtung seiner geliebten Berge in Erinnerung zu behalten“.
„David lebte für die Berge und seine Leidenschaft für das Klettern und Bergsteigen hat uns als Familie geprägt und begleitet. Er folgte stets seinem Weg und lebte seinen Traum. Das nun Geschehene werden wir als Teil davon akzeptieren“, schrieben Lamas Eltern und posteten dazu ein Foto ihres Sohnes. Die Familien von Hansjörg Auer und Jess Roskelley würden sie in ihre Gedanken einschließen. Schließlich baten die Eltern „um Verständnis, dass es keine weitere Stellungnahme von uns geben wird“.
Hoffnung schwindet immer mehr
Lama, Auer und Roskelley wollten den 3.295 Meter hohen Howse Peak im Nationalpark über einen schwierigen Aufstieg an der Ostseite besteigen. Nachdem sie vermisst gemeldet worden waren, hätten Rettungskräfte die Gegend aus der Luft untersucht und dabei Anzeichen für mehrere Lawinenabgänge feststellen können. Im Geröll wurde Bergsteigerausrüstung gesichtet. „Angesichts der Erkundungen vor Ort muss man davon ausgehen, dass alle drei Mitglieder der Gruppe tot sind“, hatte die Nationalparkverwaltung erklärt.
Namen wurden nicht veröffentlicht. „Es werden zwei Österreicher in Kanada vermisst“, teilte der Sprecher des Außenministeriums, Peter Guschelbauer, auf ORF.at-Nachfrage mit. Der Ausrüster der Alpinisten, The North Face, meldete, dass die drei vermutlich von einer Lawine verschüttet wurden. „Wir haben erfahren, dass drei Mitglieder unseres Global Athletes Teams, David Lama, Jess Roskelley und Hansjörg Auer, am 16. April in der kanadischen Provinz Alberta vermutlich von einer Lawine verschüttet worden sind“, so The North Face. Aber man wollte noch auf weitere Informationen warten.
Die Hoffnung auf ein Überleben schwand zuletzt immer mehr. Auf der Avalanche-Canada-Skala (drei bis fünf) sei die Größe der Lawine mit der Stufe drei bemessen worden, sagte Stephen Holeczi, einer der Sicherheitsverantwortlichen der Nationalparks Kanadas, der kanadischen CBS News. Das würde ausreichen, um ein Auto zu begraben, Bäume zu brechen oder ein aus Holz gebautes Gebäude zu zerstören. Fraglich blieb zudem, ob es den Rettungskräften aufgrund der offenbar nach wie vor hohen Lawinengefahr möglich war, zu den Verschütteten vorzudringen und diese zu bergen.
Messner und Habeler bestürzt
Bestürzt über das Lawinenunglück zeigten sich auch zwei Extrembergsteigerlegenden: Reinhold Messner und Peter Habeler. „Es ist ein sehr schlimmes Unglück, schrecklich“, sagte Messner im Gespräch mit der APA. Alle drei hätten zu den besten Bergsteigern der Welt gehört, so der Südtiroler, der sowohl Lama als auch Auer persönlich sehr gut kannte. Messner vermutete, dass bei dem Unglück in den Rocky Mountains ein Stück der Eiswand heruntergebrochen ist und letztlich zu dem tödlichen Unfall geführt hat.
Der Unfall zeige einmal mehr, dass das traditionelle Bergsteigen, bei dem man sich in die „absolute Wildnis“ begebe und dabei alles selber mache, „wahnsinnig gefährlich“ sei. „Es handelt sich dann nicht mehr um eine Frage des Könnens, sondern von Glück und Unglück“, meinte die Bergsteigerlegende. Von den Weltbesten, die sich in diesem Bereich bewegen, komme die Hälfte ums Leben – das sei schon immer so gewesen. „Bergsteigen in dieser Dimension ist faszinierend. Aber es ist auch schwer zu vertreten“, zeigte sich Messner nachdenklich.
Bergdrama um drei Extrembergsteiger
Die drei Alpinisten waren in den Rocky Mountains in Kanada unterwegs. Seit Dienstag werden sie vermisst. Sie sind wohl bei einem Lawinenunglück ums Leben gekommen.
Erschüttert war auch Habeler, dem vor allem Lama sehr nahe stand. „Schlimm, schlimm, schlimm. Das waren die Besten der Besten. Überflieger im positiven Sinn. David war eine Ikone“, so Habeler gegenüber der APA. Lama hatte als Fünfjähriger einen Kletterkurs bei ihm besucht. Bereits damals erkannte der Zillertaler dessen enormes Talent. „Er wurde ein Vorbild für viele. David war ein humorvoller, ruhiger Mensch. Ich habe ihn über alle Maßen geschätzt“, sagte Habeler, der noch als knapp 75-Jähriger mit Lama die Eiger-Nordwand durchstieg.
Staatsspitze zeigt sich betroffen
Betroffen vom noch nicht endgültig bestätigten Lawinentod der Tiroler Alpinisten war auch die Staatsspitze. Die Gedanken seien in dieser schweren Zeit bei den Familien und Freunden der beiden Tiroler, twitterten Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
„David Lama und Hansjörg Auer haben in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Erfolgen die internationale Kletter- und Alpinszene geprägt“, würdigte Kurz zudem die Verunglückten. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sprach indes von „schrecklichen Nachrichten“. Auch wenn man die Hoffnung noch nicht aufgeben wolle, müsse man „vom Schlimmsten ausgehen“, so Platter.
Lamas Sponsor Red Bull zeigte sich „zutiefst betroffen“ darüber, dass zu befürchten ist, dass „unser guter Freund David Lama“ auf tragische Weise ums Leben gekommen ist. „Wir sind stolz, dass wir ihn auf seinen außergewöhnlichen Wegen begleiten konnten, und wir werden seine Aufrichtigkeit, seinen Hang zur Perfektion und seinen unermüdlichen Mut schmerzlich vermissen“, erklärte das Salzburger Unternehmen, das Lama seit 2006 sponsert, und bekundete den Familien und Freunden der drei vermissten Alpinisten seine aufrichtige Anteilnahme.
Drei Weltklassebergsteiger
Lama, heute 28 Jahre alt, gilt als Ausnahmetalent der Alpinisten- und Klettererszene. Im Jahr 2006 war Lama der erste Kletterer, dem es gelang, in seiner ersten Saison im Weltcup sowohl einen Boulder-Weltcup als auch einen Vorstieg-Weltcup zu gewinnen. Von Lamas freier Begehung der Kompressorroute auf dem Cerro Torre in Patagonien handelt der Film „Cerro Torre“ aus dem Jahr 2013. Im vergangenen Herbst gelang ihm die Erstbesteigung des 6.895 Meter hohen Lunag Ri in Nepal über den Westpfeiler im Alleingang.
Auch Auer gilt in der Kletterszene als einer der besten der Welt. Der 35-Jährige wurde vor allem durch seine Free-Solo-Klettertouren bekannt – das heißt die Begehung einer Kletterroute im Alleingang unter Verzicht auf technische Hilfs- und Sicherungsmittel. Im April 2017 kletterte er etwa die 37 Seillängen und 1.220 Meter lange Route „Weg durch den Fisch“ (Schwierigkeitsgrad 7b+) in den Dolomiten auf diese Weise.
Roskelleys Vater wartete auf Anruf
Roskelley (36) hatte 2003 als 20-Jähriger mit seinem Vater John den Mount Everest bestiegen. Zu dem Zeitpunkt war er der jüngste US-Bergsteiger, dem das gelungen war. John Roskelley hatte der Zeitung seines Heimatortes Spokane im US-Bundesstaat Washington bestätigt, dass die drei Bergsteiger im kanadischen Bundesstaat Alberta an der Grenze zu British Columbia unterwegs waren, um dort eine schwierige Route auf den Howse Peak im Banff-Nationalpark zu klettern.
Sein Sohn hätte sich am Dienstag melden sollen, was er offenbar nicht tat. „Es ist eine dieser Routen, bei der die Bedingungen perfekt sein müssen, sonst wird es zum Alptraum. Genau das ist passiert“, sagte John Roskelley, der die Behörden von Parks Canada alarmiert habe, die eine Suchaktion per Helikopter in Gang gesetzt hätten, berichtete „The Spokesman Review“ (Onlineausgabe). Allerdings musste der Rettungseinsatz zwischenzeitlich wegen schlechten Wetters unterbrochen werden. Die Lawinengefahr am Unglücksort ist wegen schwerer Niederschläge und starken Windes weiterhin hoch.