Rumänien lockert Strafen für Korruptionsdelikte

Rumäniens Parlament hat gestern die umstrittenen Änderungen des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung zum zweiten Mal verabschiedet, nachdem die ursprüngliche Novelle der regierenden sozialdemokratischen Postsozialisten (PSD) und ihres linksliberalen Koalitionspartners ALDE im vergangenen Jahr in weiten Teilen vom Verfassungsgericht kassiert worden war.

Die Novelle, die von PSD-Chef Liviu Dragnea in der vergangenen Woche persönlich angeordnet worden war und binnen weniger Tage im Parlament durchgepeitscht wurde, sieht die Verwässerung oder Teilentkriminalisierung zahlreicher Straftatbestände vor.

Etliche Delikte entkriminalisiert

So etwa wurde die Amtspflichtvernachlässigung völlig entkriminalisiert, während die Straftatbestände der Bestechung, Einflussnahme und des Amtsmissbrauchs teilentkriminalisiert wurden – darunter auch jener Artikel, aufgrund dessen Dragnea im Juni wegen Beihilfe zu Amtsmissbrauch erstinstanzlich zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden war. Weitere Änderungen sehen drastisch verkürzte Verjährungsfristen für einen Großteil der Straftatbestände, erschwerte Ermittlungsbedingungen sowie einen gelockerten Schutz für Kronzeugen vor.

Opposition: „Sieg der Diebe“

Die rumänische Opposition sprach von einem „Sieg der Diebe“ und kündigte an, auch die neuen Strafrechtsänderungen beim Verfassungsgericht anzufechten. Es sei offenkundig, dass diese hauptsächlich den Straftätern, allen voran Politikern mit Justizproblemen, und keineswegs den Opfern dienen würden, der vorbestrafte PSD-Chef kenne keine Grenzen mehr und wolle Rumänien partout in ein „Paradies für Straftäter“ verwandeln, so der Chef der oppositionellen USR, Dan Barna.

Rumäniens Richter- und Staatsanwälteverbände stellten klar, dass die Novelle eine „De-facto-Straffreiheit für Amtsträger sowie für Straftaten wirtschaftlich-finanzieller Art einläutet“, während der frühere Präsident des Verfassungsgerichts, Austin Zegrean, von einer „Einladung zu weiteren Delikten“ sprach. Zegrean zufolge können Staatspräsident Klaus Johannis und die Oppositionsparteien ein Inkrafttreten der umstrittenen Novelle kurzfristig durch Verfassungsbeschwerden hinauszögern.

EU überlegt Strafverfahren

Die EU-Kommission ließ zunächst offen, ob sie die beschlossenen Gesetzesänderungen als schweren Verstoß gegen rechtsstaatliche Standards in der EU wertet. In diesem Fall könnte die Brüsseler Behörde ein Strafverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags auf den Weg bringen, das Rumänien am Ende sogar seine Stimmrechte bei EU-Entscheidungen kosten könnte.

Ein Kommissionssprecher sagte am Abend: „Wir werden die verabschiedeten Maßnahmen nun sorgfältig prüfen, bevor wir über die nächsten Schritte entscheiden.“ Er wies zudem darauf hin, dass die Gesetzesänderungen noch nicht in Kraft getreten seien.

Der sozialdemokratische Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans hatte Anfang des Monats klar mit Gegenmaßnahmen gedroht, sollte die rumänische Regierung eine „De-facto-Straffreiheit“ für hohe Amtsträger schaffen, die wegen Korruption verurteilt sind.