Pflegerin
ORF.at/Christian Öser
Arbeitsklimaindex

Das Dilemma mit der Teilzeit

In Österreich sind im Jahr 2018 knapp 1,1 Millionen Menschen einer Teilzeitbeschäftigung nachgegangen. Den Großteil machten mit mehr als 81 Prozent Frauen aus. Das geht aus dem am Donnerstag präsentierten Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer Oberösterreich (AK OÖ) hervor. Mit der Arbeitszeit sind sie zufrieden, mit dem Einkommen weniger.

200.000 Männer und 885.000 Frauen arbeiteten im vergangenen Jahr weniger als 35 Stunden pro Woche. Laut den Arbeitsklimaindex-Daten, die von den Meinungsforschungsinstituten SORA und IFES im Auftrag der AK OÖ erhoben werden, ist die typische Teilzeitbeschäftigte zwischen 35 und 44 Jahre alt, hat eine berufsbildende mittlere Schule absolviert, zwei, drei Kinder und arbeitet als Angestellte im Gesundheits- und Sozialbereich. Im Handel, in der Gastronomie sowie im Unterrichtswesen liegen die Teilzeitquoten auch bei rund 40 Prozent. Am geringsten ist die Quote im Bauwesen (zwölf Prozent).

Insgesamt schätzen Teilzeitarbeitskräfte die Arbeitszeitregelung, also mehr Freizeit und den geringen Zeitdruck, der auf Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen lastet. Allerdings fühlen sie sich laut Angaben des Index weniger sozial anerkannt, und auch bei den Aufstiegschancen fühlen sie sich eher benachteiligt als Vollzeitbeschäftigte. 63 Prozent der Befragten gaben an, dass das Einkommen nur knapp bzw. gar nicht reicht. Unterm Strich sind aber 72 Prozent der Frauen in Teilzeit mit ihrer Stundenanzahl zufrieden, bei den Männern sind es 55 Prozent.

Väter machen Überstunden, Wunsch nach weniger

14 Prozent der Teilzeitbeschäftigten wollen den Beruf wechseln. Bei den Vollzeitkräften sind es laut Arbeitsklimaindex hingegen nur sieben Prozent. Auffällig ist außerdem, dass Mütter über die Jahre hinweg stets teilzeitbeschäftigt sind. Eine 21-Jährige arbeitet etwa 35 Stunden pro Woche, eine 41-Jährige 32 Stunden pro Woche. Ob das gewollt oder nicht gewollt ist, wird aus den Daten nicht ersichtlich. Ein Vater hingegen leistet noch Überstunden und arbeitet erst im höheren Alter weniger. Es handelt sich um Durchschnittswerte.

Eine Grafik zeigt die typische Teilzeitarbeitskraft in Österreich
Grafik: ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Aber, das zeigen die erhobenen Daten, 45 Prozent der Väter und 33 Prozent der Mütter wollen gerne weniger arbeiten, als sie das derzeit tun. Selbst 36 Prozent der kinderlosen Männer und 30 Prozent der Frauen ohne Nachwuchs hätten gerne mehr Freizeit. Die Zahl der Beschäftigten, die mehr arbeiten will, ist hingegen überschaubar. Zehn Prozent der Mütter und vier Prozent der Väter wollen ihre Arbeitszeit erhöhen. Bei kinderlosen Männern sind es fünf Prozent, bei kinderlosen Frauen acht Prozent, die mehr arbeiten wollen.

Jeder Dritte atypisch beschäftigt

Ob die Aufstockung von Arbeitszeit in Zukunft überhaupt möglich ist, kann mit Blick auf eine neue Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bezweifelt werden. Dort heißt es nämlich, dass jede sechste Stelle in Österreich von der Automatisierung und Digitalisierung bedroht sei. Beschäftigte mit geringen Qualifikationen und niedrigen Löhnen haben das größte Risiko, dass ihre Arbeitsplätze automatisiert werden, heißt es im Beschäftigungsausblick 2019 der OECD.

Eine Grafik zeigt die geleistete Arbeitszeit nach Geschlecht und Betreuungspflichten
Grafik: ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Personen mit niedrigerem Bildungsabschluss werden häufiger niedrig entlohnt, sind häufiger unterbeschäftigt oder gar nicht erwerbstätig. Das führte dazu, dass rund ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse atypisch sei. Atypisch beschäftigt ist jemand, wenn er oder sie in Teilzeit, geringfügig, in Leiharbeit, befristet oder mit einem freien Dienstvertrag arbeitet. „Viele atypisch Beschäftigte sind schwach oder überhaupt nicht geschützt, obwohl atypische Beschäftigung in den OECD-Ländern weit verbreitet ist“, heißt es im Ausblick für Österreich.

Um diese Beschäftigten zu schützen, müssten etwa Gesetze angepasst werden. Auch in Weiterbildung müsse mehr investiert werden. Denn gerade Geringqualifizierte, also auch jene, die atypisch beschäftigt sind, nehmen laut OECD deutlich seltener an Weiterbildungsmöglichkeiten teil als ihre Kollegen und Kolleginnen. Einige Arbeitsmarktinstitutionen bereiten das Land „relativ gut“ auf die Zukunft vor, „insbesondere die tief verwurzelte Sozialpartnerschaft“, heißt es im Fazit. „Gewisse Entwicklungen, vor allem die prekäre Situation von vielen atypisch Beschäftigten, erfordern jedoch eine stärkere Antwort der Regierung.“

Zufriedener mit Lehrabschluss

Die Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex fokussierte sich aber nicht nur auf Teilzeitbeschäftigte. So zeigen die Daten etwa, dass jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die einen Lehrabschluss haben, generell zufriedener sind als jene, die ausschließlich die Pflichtschule absolviert haben. Erstere sind mit dem „Leben“ zu 87 Prozent zufrieden, bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mit der geringsten schulischen Qualifikation sind es hingegen 74 Prozent. Auch bei den „Rechten als Arbeitnehmer“ sieht es ähnlich aus (68 zu 54 Prozent).

Eine Grafik zeigt die Zufriedenheit und die Belastungen bei Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung
Grafik: ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Beschäftigte mit Lehrabschluss sind zufriedener mit ihrem Einkommen (62 Prozent) als ihre Kollegen und Kolleginnen (44 Prozent). Außerdem schätzen sie ihre soziale Position (65 zu 53 Prozent) und die Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten (53 zu 32 Prozent) wesentlich mehr.

Besonders zufrieden sind auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schönheitsbranche. Dazu zählen laut AK OÖ etwa Friseurinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen sowie Fitness- und Wellnesstrainerinnen. Acht von zehn Beschäftigten sind mit ihrer Arbeitszeit zufrieden. Nur zehn Prozent fühlen sich durch Zeitdruck stark belastet, sechs Prozent durch ständigen Arbeitsdruck. Zum Vergleich: Unter allen Beschäftigten in Österreich klagen 22 Prozent über Zeitdruck und 16 Prozent über ständigen Arbeitsdruck.