Aktionäre erteilen Bayer-Chef Ohrfeige

Wegen des Kaufs des umstrittenen US-Konzerns Monsanto hat die Führungsriege des Agrarchemiekonzerns Bayer bei ihren Aktionärinnen und Aktionären massiv an Vertrauen verloren. Die Anteilseigner verweigerten dem Vorstand heute überraschend die Entlastung: 55,5 Prozent des anwesenden Grundkapitals stimmten dagegen und nur 44,5 Prozent dafür.

Für Vorstandschef Werner Baumann war das eine schallende Ohrfeige – normalerweise bekommt die Leverkusener Chefetage bei ihrer alljährlichen Hauptversammlung eine Zustimmung von etwa 97 Prozent. Das Votum hat allerdings keine direkten Folgen für den Vorstand, die Entlastung bei der Hauptversammlung gilt eher als Formalie.

Harte, vielstündige Kritik

Bei der 13-stündigen Veranstaltung in einem Bonner Kongresszentrum waren zahlreiche Großaktionäre hart mit der Chefetage ins Gericht gegangen. Mit Blick auf Imagekratzer durch die Klagewelle wegen angeblicher Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat in den USA und den rapiden Kursverfall der Bayer-Aktie an der Börse sagte etwa Mark Tümmler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW): „Nie zuvor hat ein DAX-Konzern Reputation und Wert so schnell eingebüßt – das ist eine Schande.“

Kritik kam auch vom Analysten Janne Werning von der Fondsgesellschaft Union Investment: „Die Bayer-Führung hat die Rechtsrisiken des Monsanto-Deals offenbar völlig unterschätzt.“ Seit 2018 musste Bayer in den USA zwei Gerichtsschlappen hinnehmen, der Konzern wurde zu hohem Schadenersatz an Krebskranke verurteilt.

Dagegen geht Bayer aber in Berufung. Insgesamt müssen sich die Leverkusener, die 2018 den Konkurrenten und Saatguthersteller Monsanto übernommen hatten, in den USA mittlerweile 13.400 Schadenersatzklagen wegen Glyphosat stellen – und die Zahl dürfte weiter steigen.

Gigant zu „Zwerg mutiert“

Ingo Speich von der Deka, die zu den Top-Ten-Anteilseignern von Bayer zählt, sprach von einem „Scherbenhaufen“ und sagte mit Blick auf den Kursverfall: „Innerhalb von nur zwei Jahren ist der einstige Pharmagigant zu einem Zwerg mutiert.“ Es gebe die Gefahr, übernommen oder sogar zerschlagen zu werden.

Baumann antwortete auf die Kritik ruhig und blieb bei seiner Linie: Man dürfe angesichts der Kurseinbußen zwar nichts beschönigen, dennoch sei der Monsanto-Kauf auf lange Sicht der richtige Schritt gewesen. „Wir halten die Monsanto-Akquisition nach wie vor für werthaltig und strategisch richtig.“