Jakarta
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Überfüllt

Indonesien will Hauptstadt verlegen

Offiziell leben allein im Stadtgebiet der indonesischen Hauptstadt Jakarta mehr als zehn Millionen Menschen, in der umliegenden Metropolregion leben mehr als dreimal so viele. Seit Jahren wird überlegt, die Hauptstadt zu verlegen. Am Montag entschied sich Präsident Joko Widodo endgültig zu dem Schritt. Grund seien die negativen Auswirkungen der enormen Bevölkerungsdichte.

Allein die Verkehrsüberlastungen kosten das Land laut Regierung umgerechnet rund 6,3 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem kommt es in Jakarta aufgrund der tiefen Lage immer wieder zu Überschwemmungen. Erst vergangene Woche wurde im Großraum Jakarta Hochwasser gemeldet. Gekämpft wird auch mit einer starken Umweltverschmutzung. Stellenweise waren die Überschwemmungen einen Meter hoch.

Mit diesem Schritt folgt Indonesien dem Beispiel anderer Staaten, die ihre Hauptstädte an andere Orte verlegten, etwa Nigeria von Lagos nach Abuja, Brasilien von Rio de Janeiro nach Brasilia und Russland von St. Petersburg nach Moskau.

Insel Borneo im Blick

Eine neue Hauptstadt sei zwar noch nicht ausgewählt worden, sagte Planungsminister Bambang Brodjonegoro am Montag. Die Regierung habe aber den Osten des ausgedehnten Inselstaates im Pazifik im Blick. Laut Sky News gilt Palangka Raya auf der Insel Borneo als Favorit. Der Großraum um diese Stadt ist größer als bei Jakarta, es leben dort aber nur etwa 250.000 Menschen. Zudem gebe es ein geringeres Risiko von Erdbeben und Vulkanausbrüchen.

Jakarta
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Jakarta kämpft mit extremer Verkehrs- und Umweltbelastung

Die Übersiedelung der Hauptstadt kann bis zu zehn Jahre dauern. Zu den Kosten wollte sich Brodjonegoro nicht äußern. Das Finanzministerium werde aber einen Plan mit einer Beteiligung privater Investoren ausarbeiten. Die nationale Entwicklungs- und Planungsagentur (BAPPENAS) präsentierte eine erste Studie zu den Plänen.

Karte von Indonesien
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Laut dieser habe es drei Alternativen gegeben, berichtete die „Jakarta Post“: Die erste Option – Jakarta als Hauptstadt behalten und die Regierungszone effizienter gestalten – und die zweite Option – eine neue Hauptstadt 50 bis 70 Kilometer außerhalb Jakartas errichten – würde laut der Planungsagentur der Überbevölkerung Javas nicht gerecht werden. Also bleibe als dritte Option, Jakarta als Hauptstadt aufzugeben.

Mehr als die Hälfte lebt auf Java

Obwohl die Insel Java nur die viertgrößte Indonesiens ist, leben insgesamt etwa 60 Prozent der 260 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen des Landes dort. Auch die Wirtschaft ist auf Java konzentriert. Widodo hatte im Wahlkampf vor der Präsidentschaftswahl Mitte April versprochen, die wirtschaftliche Entwicklung außerhalb Javas zu fördern, und sich daher für die dritte Alternative, die Verlegung der Hauptstadt, entschieden.

Indonesiens Präsident Joko Widodo
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Präsident Widodo ist Hochrechnungen zufolge wiedergewählt worden. Ein offizielles Ergebnis ist erst im Mai zu erwarten.

Hochrechnungen zufolge wurde Widodo wiedergewählt. Laut ersten Auszählungen lag er mehr als elf Prozentpunkte vor dem früheren General Prabowo Subianto. Subianto reklamierte den Sieg dagegen für sich und sprach von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. Ein offizielles Ergebnis ist erst im Mai zu erwarten.

Über 270 Wahlhelfer an Erschöpfung gestorben

Inzwischen wurde bekannt, dass nach der größten jemals in Indonesien an einem Tag abgehaltenen Wahl mehr als 270 Helfer an den Folgen ihrer Anstrengungen starben. Die meisten der 272 Opfer seien an Überarbeitung und damit zusammenhängenden Krankheiten gestorben, sagte der Sprecher der Wahlkommission, Arief Priyo Susanto, am Sonntag.

Wahlhelfer tragen Wahlurnen durch ein Gewässer
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Die Wahlen in Indonesien waren ein enormer logistischer Aufwand. Hunderte Helfer erkrankten aufgrund der Anstrengungen.

Mehr als 1.800 weitere Helfer seien erkrankt. Das Gesundheitsministerium habe Krankenhäuser aufgefordert, diesen die beste Pflege angedeihen zu lassen, und das Finanzministerium plane Entschädigungen für die Familien der Toten.

Am 17. April waren 193 Millionen indonesische Wahlberechtigte an die Urnen gerufen worden. Erstmals wurden Präsident, Landesparlament und regionale Parlamente am selben Tag gewählt. Der logistische Aufwand in dem Inselstaat, der sich von Ost nach West über mehr als 5.000 Kilometer erstreckt, war enorm. Die Stimmzettel mussten von Hand ausgezählt werden.