WikiLeaks Gründer Julian Assange
AP/Matt Dunham
WikiLeaks

Assange zu 50 Wochen Gefängnis verurteilt

WikiLeaks-Gründer Julian Assange ist am Mittwoch in London zu 50 Wochen Haft verurteilt worden. Grund ist seine Flucht in die Botschaft Ecuadors im Jahr 2012. Assange habe damit gegen die Kautionsauflagen verstoßen, entschied der Southwark Crown Court.

Assanges Anwalt hatte argumentiert, sein Mandant habe sich den Behörden entziehen müssen, da ihn kein fairer Prozess erwarte. Die Angst vor der Auslieferung in die USA habe den WikiLeaks-Gründer im Griff gehabt. Die Richterin befand bei der Urteilsverkündung hingegen, Assange habe seine „privilegierte Stellung ausgenutzt“, um sich über Recht hinwegzusetzen.

Es habe den britischen Steuerzahler 16 Millionen Pfund (18,6 Mio. Euro) gekostet, um Assange schließlich zu verhaften. Die Höchststrafe für einen Verstoß gegen Kautionsauflagen sei bei einem Jahr gelegen. „Es ist schwer, sich ein schlimmeres Beispiel dieses Vergehens vorzustellen.“ Mildernde Umstände sah sie nicht gegeben.

Assange war in die Botschaft geflüchtet, weil ein europäischer Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden gegen ihn vorlag. Der WikiLeaks-Gründer, der die Vorwürfe immer zurückwies, fürchtete, via Schweden in die USA ausgeliefert zu werden. Mitte April hob Ecuador das politische Asyl auf, in weiterer Folge wurde Assange von der britischen Polizei festgenommen.

Verurteilung für WikiLeaks „schockierend“

„Die Verurteilung Julian Assanges ist genauso schockierend wie von Rache geleitet. Wir haben große Bedenken, ob er eine faire Verhandlung über seine Auslieferung in Großbritannien bekommen wird“, teilte WikiLeaks in einer ersten Reaktion per Kurznachrichtendienst Twitter mit.

In einem Brief, der am Mittwoch vor Gericht verlesen wurde, brachte Assange sein Bedauern zum Ausdruck. „Ich entschuldige mich uneingeschränkt bei denen, die der Meinung sind, dass ich sie respektlos behandelt habe in der Weise, wie ich mich verhalten habe“, so Assange. Seine Anhänger im Zuschauerraum begrüßte er jedoch trotzig mit erhobener Faust.

USA werfen Assange Verschwörung vor

Die USA werfen Assange Verschwörung mit der Whistleblowerin Chelsea Manning vor. Manning hatte WikiLeaks 2010 – damals noch als Bradley Manning – Hunderttausende geheime Militärdokumente zu den US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan zukommen lassen. In Schweden hatte die Staatsanwaltschaft im Mai 2017 ihre Ermittlungen wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung eingestellt. Die Anwältin der Frau, die Assange beschuldigt, hat aber die Wiederaufnahme beantragt. WikiLeaks hatte im Zuge des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2016 auch gestohlene E-Mails der Demokratischen Partei veröffentlicht, was schließlich Hillary Clinton schadete.

US-Anklage gegen Julian Assange
AP/Wayne Partlow
Die Anklageschrift der USA wurde kurz nach Assanges Verhaftung veröffentlicht

Lange Zeit hatten die US-Justizbehörden nicht bestätigt, dass eine Anklage gegen Assange vorliegt. Doch nun könnte die Befürchtung bald wahr werden: Bereits am Donnerstag soll es erstmals eine Anhörung zum Auslieferungsgesuch der USA geben, das inzwischen vorliegt. Die Entscheidung könnte sich allerdings hinziehen. Die britische Regierung hat bereits klargestellt, Assange werde nicht ausgeliefert, falls ihm die Todesstrafe drohen sollte. Das US-Justizministerium teilte mit, dass Assange im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe von maximal fünf Jahren droht.

Assange von Ecuador zunehmend eingeschränkt

Der linksgerichtete ecuadorianische Präsident Rafael Correa hatte Assange 2012 das Botschaftsasyl aus humanitären Gründen gewährt. Correas Nachfolger Lenin Moreno wollte diesen Zustand jedoch beenden. Assange war zunehmend eingeschränkt, zuletzt konnte er nur noch selten Besucher empfangen, Telefon- und Internetzugang waren zeitweise gekappt.

Die Aufhebung des Asyls für Assange in der Londoner Botschaft Ecuadors begründete Moreno mit wiederholtem Fehlverhalten des WikiLeaks-Gründers. Der 47-Jährige habe unter anderem gegen die beim Asyl übliche Auflage verstoßen, sich nicht in innere Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. So seien zuletzt von WikiLeaks im Jänner Dokumente aus dem Vatikan veröffentlicht worden – und Assange habe zuvor Kontakt zu wichtigen Mitgliedern der Enthüllungsplattform gehabt.

Diplomat widerspricht Vorwürfen Ecuadors

Assange sei außerdem im täglichen Umgang „unhöflich und aggressiv“ gewesen, er und WikiLeaks hätten Drohungen gegen Ecuador ausgesprochen. Die Geduld Ecuadors mit Assange habe ihre Grenze erreicht, sagte Moreno. Der WikiLeaks-Gründer habe unerlaubte technische Ausrüstung installiert, Überwachungskameras blockiert, Wachleute angegriffen und sich unerlaubt Zugang zu Sicherheitsdaten der Botschaft verschafft, zählte der ecuadorianische Präsident auf.

Ein ehemaliger ecuadorianischer Diplomat widersprach dieser Darstellung. Assanges Verhältnis zu allen Angestellten der Botschaft sei respektvoll gewesen, sagte der frühere Konsul der Landesvertretung, Fidel Narvaez, dem britischen Nachrichtensender Sky News nach Assanges Festnahme im April.