EU-Exit-App
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Bleiberecht nach Brexit

Anmelde-App für EU-Bürger läuft heiß

Nach der Verschiebung des Brexit-Termins auf den Herbst bleibt zwar weiter offen, ob das Vereinte Königreich nun mit oder ohne Deal aus der EU ausscheidet. Ungeachtet dessen gilt für in Großbritannien lebende EU-Bürger: Wer bleiben will, muss sich dafür bis spätestens 31. Dezember 2020 registrieren – und wie aus einer Aussendung vom Donnerstag hervorgeht, läuft die dafür zuletzt freigeschaltete Website bzw. App bereits heiß.

Das EU Settlement Scheme und damit das für EU-Bürger vorgesehene digitale Ansuchverfahren für ein Bleiberecht nach dem EU-Austritt ist nach Angaben des Innenministeriums seit 30. März in Betrieb. Nach über 50.000 Bewerbungen bereits am ersten Wochenende sei die Zahl der Ansuchen mittlerweile auf über 600.000 angewachsen.

37.742 und damit die meisten Ansuchen kommen nach Angaben des britischen Innenministeriums derzeit von rumänischen Staatsbürgern. Auf den Plätzen folgen Italiener (28.575) und Polen (28.214), gefolgt von Bulgarien (18.132), Portugal (18.020), Spanien (11.583) und Deutschland (10.825). Auch 1.734 Österreicher haben den Angaben zufolge bereits das Ansuchen gestellt, um auch nach dem Brexit weiter in Großbritannien bleiben zu können.

Keine Ablehnungen bei Testphase

Mit Blick auf die rund 3,5 Millionen derzeit in Großbritannien lebenden EU-Bürgern steht Beobachtern zufolge bereits außer Frage, dass diese Zahlen noch deutlich ansteigen werden. Den Innenministeriumsangaben zufolge dürfe ein Großteil davon wohl auch mit einem positiven Bescheid rechnen. Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf eine zwischen Jänner und März durchgeführte Testphase, bei der es bei 200.000 Testbewerbern „null“ Ablehnungen gegeben habe.

Im Zentrum des EU Settlement Scheme steht der Nachweis der Identität und des derzeitigen Aufenthalts in Großbritannien. Dritter zentraler Punkt ist schließlich die Abklärung etwaiger strafrechtlicher Verurteilungen. Das Innenministerium zeigt sich mit dem bisherigen Verlauf zufrieden. Bei 75 Prozent der Bewerber habe das Prozedere weniger als zehn Minuten gedauert. Das Antragssystem für EU-Bürger sei nicht schwieriger als das Einrichten eines Kundenkontos beim britischen Schuhonlinehändler LK Bennett, wird dazu die ehemalige Innenministerin Amber Rudd vom „Guardian“ zitiert.

In der Zeitung ist allerdings auch von „Anfangsproblemen“ die Rede. Der für die britische und Einwanderung zuständige Chefinspektor (ICIBI), David Bold, halte demnach das System auch noch für verbesserungswürdig. Zudem sei auch den Anfechtungsmöglichkeiten bei einem etwaigen negativen Bescheid noch zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden.

Keine Visumpflicht für Briten in EU

Zuletzt wurden auch in Brüssel weitere Weichen für den künftigen Status britischer Staatsbürger in der EU gestellt. Konkret bestätigte das EU-Parlament Anfang April eine zuvor im Innen- und Justizausschuss getroffene Einigung, wonach Briten auch im Falle eines ungeregelten Brexits ohne Visum in die Europäische Union einreisen können. Vorausgesetzt, dass Großbritannien ähnliche Regeln für EU-Bürger beschließt, könnten sich britische Staatsbürger bis zu 90 Tage lang ohne Visum in der EU aufhalten.

Die Befreiung von der Visumpflicht stehe laut EU-Palarment nicht in Verbindung mit einer eventuellen Arbeitserlaubnis. Vielmehr obliege die Entscheidung darüber in der Verantwortung des jeweiligen Mitgliedslandes. In Österreich wurde dazu im Februar etwa das Brexit-Begleitgesetz vom Nationalrat beschlossen. Dieses soll es schon länger in Österreich lebenden Briten erleichtern, auch bei einem ungeregelten EU-Austritt Großbritanniens im Land bleiben zu dürfen.

Britische Staatsbürger, die in der österreichischen Europawählerevidenz eingetragen sind, dürfen zudem an den kommenden EU-Wahlen teilnehmen. Sie sind auf jeden Fall stimmberechtigt, unabhängig davon, ob Großbritannien nun bei der EU-Wahl antritt oder nicht. Maßgeblich für die Wahlteilnahme ist allerdings der Eintrag in die Wählerevidenz vor dem 12. März.