Liegender Hund
ORF.at/Georg Hummer
Hundegipfel

Bissstatistik soll Rasselisten ablösen

Im September des Vorjahres wurde ein 17 Monate alter Bub von einem Rottweiler in Wien totgebissen. Der Hund hatte sich von seiner alkoholisierten Besitzerin losgerissen. Seitdem steht das Thema Hundehaltung auf der politischen Agenda, am Freitag fand der zweite runde Tisch dazu statt. Listenhunde soll es laut Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) künftig nicht mehr geben – die Entscheidung liegt freilich bei den Ländern, und Wien etwa bleibt bei seiner Politik.

Eine flächendeckende Hundebissstatistik solle zu einer Neubewertung der Listenhundegesetzgebung führen, verkündete Hartinger-Klein. Gefährliche Hunde sollen künftig mittels einer standardisierten Risikoanalyse erkannt und in der Folge gekennzeichnet werden.

Eine von der Veterinärmedizinischen Universität Wien durchgeführte Studie zur „Mensch-Tier-Beziehung“ habe die Erkenntnis geliefert, dass eine rassespezifische Gefährlichkeit von Hunden weder wissenschaftlich erwiesen noch durch zuverlässige Beißstatistiken belegt werden könne. Eine eigene Listenhundegesetzgebung sei folglich problematisch, sagte die Ministerin. „Listenhunde“ per se gebe es nicht: „Hunde sind überwiegend ein Produkt ihrer Umwelt. Der Hundehalter steht im Vordergrund.“

Listenhunde

In manchen Bundesländern stehen potenziell besonders gefährliche Rassehunde auf einer Liste. Für die Haltung dieser Hunde ist etwa in Wien ein Hundeführschein verpflichtend. Kritik daran: Häufig sind auch Dackel und Schäferhunde für Bisse verantwortlich. Diese sind aber nicht gelistet.

Bundesweit große Unterschiede

Die Listenhundegesetzgebung soll mittels einer einheitlichen, flächendeckenden Bissstatistik überarbeitet werden. Die Bundesländer, in deren Kompetenz das Tierschutzgesetz liegt, haben sich laut Hartinger-Klein bereiterklärt, diesbezüglich zusammenzuarbeiten. Bisher variieren die Pflichten für Hundebesitzer und -besitzerinnen bundesweit stark. Wien und Niederösterreich etwa schreiben für bestimmte Hunderassen verpflichtend einen Hundeführschein vor. In Oberösterreich reicht ein allgemeiner Sachkundenachweis für das Halten von Hunden und ein erweiterter Nachweis für auffällige Hunde.

Wer für die Dokumentation der bundesweit anfallenden Hundebisse zuständig sein wird, ist noch nicht klar. Hartinger-Klein stellte eine Entscheidung noch in diesem Jahr in Aussicht. Auch müsse zuvor geklärt werden, was unter einem „Biss“ zu verstehen ist.

Kennzeichnung aller auffälligen Hunde

Ebenfalls geplant ist ein methodisch abgesichertes Beurteilungsverfahren für Sachverständige, um die individuelle Gefährlichkeit von Hunden bestimmen zu können. Jeder auffällige Hund solle der Ministerin zufolge künftig gekennzeichnet und in einer bundeseinheitlichen Tierdatenbank erfasst werden. Zudem stellten alle Bundesländer in Aussicht, einen Sachunterricht für Hundehalter einzuführen.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein
APA/Robert Jaeger
Hartinger-Klein: „Hunde sind überwiegend ein Produkt ihrer Umwelt“

„Der Hund ist zwar der beste Freund des Menschen, aber ein gewisses Grundwissen ist dennoch nötig“, sagte Hartinger-Klein. Laut der in Auftrag gegebenen Studie warnen Hunde aufgrund ihres Verhaltens in bis zu 70 Prozent der Fälle Menschen vor, bevor sie zubeißen. Deswegen sei es wichtig, dass vor allem Kinder möglichst früh lernen, wie sie mit Hunden umgehen sollten, so die Gesundheitsministerin.

Wien hält an bestehender Regelung fest

Die für Tierhaltung zuständige Wiener Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) hielt fest, dass Wien auf dem Gipfel klargemacht habe, dass es „keine Aufweichungen“ der strengen Regeln zur Hundehaltung in Wien geben werde: „In einer Millionenstadt gibt es schlichtweg andere Voraussetzungen als im ländlichen Raum, und daher wird Wien natürlich an den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen inklusive verpflichtendem Hundeführerschein und Maulkorbpflicht für Kampfhunde festhalten.“ Es gehe um die Sicherheit der Menschen – vor allem jene der Kinder.