Israelische Raketenabwehr
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Gaza vs. Israel

Neue Eskalation vor Song Contest

Unmittelbar vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan, Israels Unabhängigkeitstag und zehn Tage vor dem Song Contest in Tel Aviv ist der Dauerkonflikt zwischen dem Gazastreifen und Israel wieder eskaliert. Aus Gaza wurden mittlerweile mehr als 250 Geschoße auf Israel abgefeuert, Israel reagierte mit Dutzenden Luftangriffen.

Nach israelischen Angaben feuerten mehrere militante Palästinensergruppen mehr als 200 Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel ab. Dabei erlitt laut israelischen Medien am Samstag eine Frau in Kirjat Gat gefährliche Gesichtsverletzungen durch Splitter. Ein Mann sei in Aschkelon verletzt worden. Insgesamt drei Häuser in Israel seien von Raketen getroffen worden.

Israel reagierte auf die Angriffe mit Panzerbeschuss und Luftangriffen. 120 Ziele wurden laut Militärangaben angegriffen. Dabei wurden nach Angaben des von der Terrororganisation Hamas geführten Gesundheitsministeriums in Gaza ein 22-jähriger und ein 25-jähriger Palästinenser getötet und sechs weitere verletzt. Auch ein Kleinkind und seine Mutter wurden demnach getötet. Es gibt derzeit keine Bestätigung für die Angaben der beiden Parteien von unabhängiger Seite.

Raketeneinschlag in Gaza Stadt
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Einschlag einer israelischen Rakete in Gaza-Stadt

Heikler Zeitpunkt

Die Eskalation kommt zu einem heiklen Zeitpunkt: Sonntagabend beginnt der Fastenmonat Ramadan, nächste Woche feiert Israel seinen Unabhängigkeitstag – und in wenigen Tagen steigt in Tel Aviv der Eurovision Song Contest, zu dem Zehntausende Fans aus dem Ausland erwartet werden. Die Terrororganisation Islamischer Dschihad in Palästina machte deutlich, dass die Angriffe auch darauf abzielten, die Organisation des Song Contests zu stören.

Die Armee griff eine Reihe von Posten der regierenden radikalislamischen Hamas und des Islamischen Dschihad an. Zwei Raketenwerfer im Norden Gazas seien angegriffen und getroffen worden, hieß es. Auf der israelischen Seite verletzte sich Medien zufolge zudem ein Teenager auf dem Weg zu einer Schutzunterkunft, zwei weitere erlitten einen Schock. Die Zivilbevölkerung auf beiden Seiten muss – nach nur wenigen Wochen relativer Ruhe – damit erneut ständig um die Sicherheit bangen.

Sitz von türkischer Agentur getroffen

Die jüngste Eskalation belastet auch die seit Jahren schwierigen bilateralen Beziehungen zwischen Israel und der Türkei. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan warf der israelischen Armee vor, bei den Luftangriffen auch den dortigen Sitz der amtlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zerstört zu haben.

„Wir verurteilen den Angriff Israels gegen das Büro der Agentur Anadolu in Gaza scharf“, erklärte Erdogan auf Twitter. Anadolu werde trotzdem weiter „über den Terrorismus und die Grausamkeiten, die Israel in Gaza und anderswo in Palästina verübt“, berichten. Die Agentur berichtete, das Gebäude, in dem sich ihr befunden habe, sei durch fünf Geschoße der israelischen Luftwaffe zum Einsturz gebracht worden.

Israelische Bombenentschärfer neben den Überresten einer Rakete
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Der israelische Entminungsdienst untersucht palästinensische Raketen, die im Kibbutz Jad Mordechai einschlugen.

Nächste Gewaltspirale

Militante Palästinenserorganisationen rechtfertigten die Raketenangriffe mit dem Tod von Palästinensern bei Protesten der vergangenen Tage. Ein Hamas-Sprecher sagte, die Vereinbarungen für eine Waffenruhe seien „kein Hindernis“ für Antworten auf Aggression: „Das Blut unseres Volkes ist eine rote Linie.“

Die Spannungen zwischen Israel und den Palästinenserorganisationen im Gazastreifen waren nach einer Zeit der Ruhe zuletzt erneut eskaliert. Es begann am Freitag, als ein Heckenschütze des Islamischen Dschihad auf israelische Truppen jenseits des Grenzzauns feuerte und dabei laut israelischen Angaben zwei Soldaten verletzte.

Bei einem Vergeltungsschlag der israelischen Luftwaffe wurden dann demnach zwei Mitglieder der Hamas getötet. Zuvor hatte es erneut wütende Proteste von Palästinensern am Grenzzaun gegeben. Zwei weitere protestierende Palästinenser wurden nahe der Grenze von israelischen Soldaten getötet, rund 50 Palästinenser wurden verletzt.

Ägypten vermittelt erneut

Obwohl palästinensische Raketenangriffe auf Israel und israelische Luftangriffe auf den Gazastreifen immer wieder vorkommen, vermieden beide Seiten in den letzten fünf Jahren einen neuen Krieg. Ägypten vermittelt traditionell seit jeher zwischen den beiden Seiten – auch aktuell verhandeln Vertreter des ägyptischen Geheimdienstes hektisch, um eine weitere Eskalation zu verhindern. „Ägypten hat seine Bemühungen gegenüber der Hamas, dem Dschihad und Israel verstärkt, bisher gibt es aber keine Einigung“, betonte ein Palästinenservertreter laut der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Europäische Union forderte ein sofortiges Ende der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. „Eine Deeskalation dieser gefährlichen Lage ist dringend erforderlich, um sicherzustellen, dass das Leben von Zivilisten geschützt wird“, fügte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini, Maja Kocijancic, in einer Erklärung hinzu. Israelis und Palästinenser hätten „beide das Recht, in Frieden, Sicherheit und Würde zu leben“. Die Gewalt zwischen ihnen könne nur durch eine „politische Lösung“ beendet werden.