US-Präsident Donald Trump
APA/AFP/Saul Loeb
Fast 500 Ex-Justizbeamte

„Nur Amt“ schützt Trump vor Anklage

Knapp 500 ehemalige Staatsanwälte und -anwältinnen halten den Vorwurf der Justizbehinderung gegen US-Präsident Donald Trump für erwiesen. Die Belege im Bericht von Sonderermittler Robert Mueller, dass Trump die Russland-Ermittlungen sabotierte, seien „überwältigend“, schrieben sie am Montag in einem offenen Brief. Nur das Amt schütze Trump.

Insgesamt 467 ehemalige Juristen und Juristinnen des Ministeriums unterschrieben bis Montagabend den Brief. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dienten sowohl demokratischen als auch republikanischen Präsidenten – einige schon in den 50er Jahren. Bei anderen Personen als dem Präsidenten hätten die von Mueller herausgefundenen Ergebnisse zu „strafrechtlichen Vorwürfen wegen Behinderung der Justiz geführt“, heißt es in der Erklärung.

Auf dieser Grundlage hätte Trump angeklagt werden müssen, allerdings werde er davor durch sein Amt als Präsident geschützt. Die Unterzeichner des Schreibens sind der Ansicht, dass das in Muellers Bericht beschriebene Verhalten Trumps „im Falle jeder anderen Person“ zu zahlreichen Anklagen wegen Justizbehinderung geführt hätte.

„Gegen die Logik und unsere Erfahrung“

In dem Bericht des Sonderermittlers würden „mehrere Handlungen aufgezählt, die alle Tatbestände für eine Anklage wegen Justizbehinderung erfüllen“. Wenn man sich die Fakten anschaue und zu einem gegenteiligen Urteil komme, „dann läuft das gegen die Logik und unsere Erfahrung“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.

Mueller hatte in seiner fast zweijährigen Untersuchung zwar keine hinreichenden Belege für eine Verschwörung des Trump-Teams mit Russland während des Wahlkampfs 2016 gefunden – vom Verdacht der Justizbehinderung aber entlastete er den Präsidenten ausdrücklich nicht. Der Sonderermittler schilderte vielmehr zahlreiche Versuche Trumps, die Ermittlungen zu den Russland-Kontakten seines Teams zu sabotieren.

Trump und sein Justizminister William Barr werteten den Bericht, in dem keine Anklage Trumps empfohlen wurde, als Entlastung. Barr steht derzeit unter erheblichem Druck der oppositionellen Demokraten im Kongress, den Parlamentariern eine vollständige Version des Berichts ohne geschwärzte Stellen vorzulegen.

Demokraten wollen Verfahren gegen Barr

Die Demokraten wollen den Mueller-Bericht nicht auf sich beruhen lassen. Sie wollen ein parlamentarisches Verfahren gegen Barr wegen Missachtung des Kongresses einleiten. Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, begründete das in Washington damit, dass Barr eine Frist habe verstreichen lassen, um dem Kongress eine Version des Ermittlungsberichts zur Russland-Affäre ohne geschwärzte Passagen vorzulegen.

Ungemach droht Trump auch von anderer Front. Sein früherer Anwalt Michael Cohen kündigte neue Enthüllungen über den Präsidenten an. Cohen trat gestern seine dreijährige Haftzeit nördlich von New York an. Vor seiner Abfahrt zu der Haftanstalt sagte Cohen, er hoffe, dass sich das Land bis zu seiner Entlassung verändern werde und frei sein werde von Fremdenfeindlichkeit, Ungerechtigkeit und Lügen an der Spitze des Staates. Er betonte auch, er sehe dem Tag entgegen, an dem er die ganze Wahrheit teilen könne. „Es gibt noch viel zu erzählen.“

Verurteilt wegen Schweigegeldzahlung

Im vergangenen Jahr hatte sich Cohen wegen mehrerer Vergehen vor Gericht schuldig bekannt, unter anderem wegen einer Falschaussage vor dem Kongress und wegen Verstößen gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung. Bei Letzterem handelte es sich um Schweigegeldzahlungen, die Cohen nach eigener Aussage im Auftrag Trumps ausgeführt hatte.

Cohen hatte mehr als ein Jahrzehnt für Trump gearbeitet und ist eine zentrale Figur in mehreren Affären um den Präsidenten. Er wurde oft als Trumps „Ausputzer“ beschrieben, bis es zum Bruch zwischen beiden kam. Cohen wandte sich von Trump ab und erhob vor Gericht und dem Kongress schwere Vorwürfe gegen ihn.

Gezerre um Trumps Finanzunterlagen

Auch an einer weiteren Front ist fraglich, wie lange Trump seine Eigeninteressen noch schützen kann. Finanzminister Steven Mnuchin will die privaten und geschäftlichen Steuererklärungen Trumps nicht herausgeben. Einer entsprechenden Forderung des zuständigen Ausschusses im Repräsentantenhaus erteilte er am Montagabend eine Absage. Er sehe keine gesetzliche Grundlage dafür, hieß es in einem Brief Mnuchins an den Ausschussvorsitzenden Richard Neal von den Demokraten. Er sei daher nicht befugt, die angeforderten Unterlagen herauszugeben.

Die Demokraten wollen nun ihr weiteres Vorgehen abstimmen. „Ich werde mich mit dem Anwalt beraten und über die richtige Antwort entscheiden“, sagte Neal. Trump hat entgegen den Gepflogenheiten der meisten bisherigen US-Präsidenten seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht. Die Demokraten vermuten, dass er etwas zu verbergen habe. Trumps Republikaner wiederum werfen den Demokraten vor, mit Blick auf den Präsidentschaftswahlkampf 2020 nach Munition zu suchen. Trump will sich dann der Wiederwahl stellen.