Containerschiff im Hafen
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USA erhöhen Zölle

China droht mit Vergeltung

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China droht weiter zu eskalieren: Unmittelbar nach der Verhängung der neuen Sonderzölle der USA auf Einfuhren aus China kündigte das Handelsministerium in Peking am Freitag „notwendige Gegenmaßnahmen“ an. Details der geplanten chinesischen Vergeltungsschritte wurden aber nicht mitgeteilt.

Ein Sprecher verwies am Freitag nur auf die noch laufenden Handelsgespräche in Washington und äußerte die Hoffnung, „dass beide Seiten zusammenarbeiten und gemeinsam bestehende Probleme durch Kooperation und Konsultationen lösen“. Hoffnungsvoll äußerte sich auch der chinesische Chefunterhändler und Vizepremier Liu He. „Wir wollen einige der Differenzen ehrlich, zuversichtlich und rational lösen“, so der Vizepremier in einem am Freitag in China ausgestrahlten Interview des chinesischen Staatsfernsehens CCTV.

Doch in der gegenwärtigen Situation Strafzölle zu verhängen sei aus chinesischer Sicht „keine gute Lösung für das Problem“, kritisierte Liu. „Es ist nicht gut für China, nicht gut für die USA und für den Rest der Welt“, sagte Liu in der US-Hauptstadt, bevor die USA die neuen Zölle um Mitternacht Washingtoner Zeit (Freitag, 6.00 Uhr MESZ) erließen. Die Sonderabgaben auf Importe im Wert von 200 Milliarden Dollar (178,5 Mrd. Euro) stiegen damit von bisher zehn auf 25 Prozent. Damit ist rund die Hälfte aller chinesischen Exporte in die USA betroffen.

Liu: „Jedem wird geschadet“

Die beiden Volkswirtschaften USA und China seien in gewissem Sinne Teil einer vollständigen industriellen Kette, sagte der Vizepremier: „Und jedem wird geschadet.“ Auch wenn es jetzt Probleme in den laufenden Verhandlungen gebe, sollten nicht unschuldige Menschen darunter leiden.

Liu He
AP/Manuel Balce Ceneta
„Wir wollen einige der Differenzen ehrlich, zuversichtlich und rational lösen“, sagte Chinas Vizepremier Liu He am Freitag

Die erste Runde der jüngsten Gespräche in Washington endete am Donnerstagabend. Man habe sich darauf geeinigt, die Verhandlungen am Freitag fortzusetzen, teilte das Weiße Haus mit. Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und US-Finanzminister Steven Mnuchin hätten sich am Abend mit US-Präsident Donald Trump über den Verlauf beraten. Danach seien Lighthizer und Mnuchin zu einem Arbeitsessen mit dem chinesischen Unterhändler zusammengekommen.

Trump freut sich über „schönen Brief“ von Xi

Unmittelbar vor den neuen Verhandlungen hatte Trump der chinesischen Führung Wortbruch vorgeworfen. „Sie haben das Abkommen gebrochen“, sagte Trump, der sich im Dauerwahlkampf befindet, bei einer derartigen Veranstaltung am Mittwoch in Florida. „Das können sie nicht tun. Wir werden die Zölle für China erhöhen“, fuhr Trump fort. „Die USA werden nicht nachgeben, bis das Land aufhört, unsere Arbeiter zu betrügen und unsere Jobs zu stehlen.“

China wies den Vorwurf des Wortbruchs zurück. „Die chinesische Seite hat ihre Versprechen gehalten, und das hat sich niemals geändert“, sagte der Sprecher des Handelsministeriums, Gao Feng, am Donnerstag in Peking. Ranghohe US-Regierungsvertreter hatten in den vergangenen Tagen kritisiert, China habe bereits Zugesagtes während der Verhandlungen zurückgenommen. Von Streichungen seitens Chinas, vor allem was Gesetzesänderungen in China betreffe, war dem Vernehmen nach zu hören.

Ungeachtet der offensichtlich angespannten Stimmung gab es von US-Seite am Donnerstag auch wieder Signale der Entspannung. Trump zeigte sich mit Verweis auf einen „schönen Brief“ von Chinas Präsident Xi Jinping zuversichtlich, dass die USA und China noch diese Woche eine für beide Seiten zufriedenstellende Vereinbarung erzielen könnten.

Was die USA fordern

Strittig in dem Handelsstreit mit China scheint besonders der amerikanische Wunsch, Kernforderungen der USA auch in chinesische Gesetze schreiben zu lassen. Zwar segnet der nicht frei gewählte chinesische Volkskongress die Vorlagen der kommunistischen Führung immer nur ab, doch kann es ein langwieriges Verfahren sein. Es könnte auch innerhalb des chinesischen Machtapparats Widerstände wecken, den USA so weit entgegenzukommen.

USA erhöhen Strafzölle für China

Ungeachtet der derzeit laufenden Verhandlungen erhöhen die USA die Strafzölle auf Warenimporte aus China empfindlich. China kündigte bereits Gegenmaßnahmen an.

Mit Blick auf ihr großes Handelsdefizit fordern die USA größeren Marktzugang in China, einen besseren Schutz von Urheberrechten und Geschäftsgeheimnissen und auch mehr Bemühungen, um erzwungenen Technologietransfer von in China tätigen Unternehmen zu verhindern.

Le Maire fürchtet um Arbeitsplätze in Europa

Die Eskalation zwischen den beiden größten Volkswirtschaften beunruhigt unterdessen weltweit die Finanzmärkte. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht im Handelsstreit eine „Bedrohung für die Weltwirtschaft“. Beide Seiten sind nach Einschätzung von Experten und Expertinnen weit voneinander entfernt.

Fachleute sehen eine Eskalationsspirale am Werk. Sie erklärten auch, Trump habe die Märkte mit seinen Aussagen in „Geiselhaft genommen“. „Es gibt keine größere Bedrohung für das Weltwirtschaftswachstum“, sagte am Freitag auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Arbeitsplätze in ganz Europa seien bedroht.

Trumps Argument verblüfft Fachleute

Die bisherigen Sonderzölle hatten sich schon spürbar negativ auf den Handel zwischen beiden Ländern ausgewirkt. Während im April der chinesische Warenaustausch mit Europa stieg, sackte der Handel mit den USA um 15,7 Prozent ab. Die chinesischen Ausfuhren in die USA fielen um 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, während Chinas Importe an US-Waren sogar um 30,4 Prozent zurückgingen.

Trump sieht allerdings keine Eile für eine Einigung, sondern argumentiert gerne, die gegen China verhängten Zölle würden die Kassen der US-Finanzbehörden füllen. Diese Rechnung halten Fachleute volkswirtschaftlich für nicht schlüssig, da Zölle von den Importeuren bezahlt und zu einem großen Teil meist über höhere Preise an die Verbraucher weitergegeben werden – und so in Summe weniger Produkte gekauft werden.

„China Daily“: Die Kunst des Deals

Chinas Staatsmedien demonstrierten in dem Handelsstreit eine harte Linie, hielten aber die Tür für Dialog offen. Ein ausgewachsener Handelskrieg werde „nicht nur China allein schaden, sondern auch der amerikanischen Wirtschaft“, schrieb die „China Daily“. „Die Kunst des Deals besteht darin, ihn zu Ende zu bringen, nicht darin, ihn platzen zu lassen“, schrieb das Blatt in einem indirekten Hinweis auf Trump, der sich gerne damit brüstet, gute Geschäftsabschlüsse erreichen zu können. Später war der Kommentar auf der Website nicht mehr erreichbar.

„Wenn Washington beabsichtigt, auf den Pfad des Handelskrieges zurückzukehren, wird China bis zum Ende kämpfen“, schrieb die vom Parteiorgan „Volkszeitung“ herausgegebene „Global Times“. Die chinesische Haltung zum Handelskrieg sei klar: „China will ihn nicht; China hat keine Angst davor; China wird ihn starten, wenn es notwendig ist.“