„USS Abraham Lincoln“
AP/Suez Canal Authority
EU warnt

USA verschärfen Drohungen gegen Iran

US-Präsident Donald Trump verschärft seine Drohungen gegen den Iran. Am Montag warnte er Teheran vor einem „schweren Fehler“. Die EU warnte ihrerseits vor einer Eskalation des Konflikts. Ein Blitzbesuch von US-Außenminister Mike Pompeo in Brüssel hinterließ offene Fragen.

Wenn der Iran „etwas“ gegen die USA unternehme, werde das Land „stark leiden“, drohte Trump vor der Presse im Weißen Haus in Washington. Seine Warnung vor einem „schweren Fehler“ präzisierte er nicht weiter. Die USA haben Teheran im Verdacht, hinter militärischen Sabotageakten auf Tankschiffe im Persischen Golf zu stehen. Der Iran weist das vehement zurück.

Ein überraschender Besuch Pompeos in Brüssel trug offenbar nicht zu einer Deeskalation bei. Er hatte seine Ressortkollegen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini getroffen – überraschend und auf dem Weg zu einem Termin mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Dienstag. Mogherini verneinte auf Nachfrage der Presse, dass Pompeo die Europäer um Vermittlung gebeten habe, und hielt sich auch zu Erkenntnissen über die mutmaßlichen Sabotageaktionen an den Schiffen im Golf bedeckt.

Mike Pompeo
APA/AFP/John Thys
US-Außenministe Mike Pompeo überraschte mit einem Blitzbesuch in Brüssel

Im Vorjahr hatte US-Präsident Trump einseitig das Atomabkommen mit Teheran aufgekündigt. Die anderen Unterzeichnerstaaten des Wiener Abkommens von 2015 – Deutschland, Großbritannien, China, Frankreich und Russland – wollen trotz teilweise bestehender Skepsis genauso wie die EU das Abkommen erhalten und verweisen darauf, dass der Iran bisher alle eingegangenen Verpflichtungen einhält.

Großbritannien warnt vor Eskalationsspirale

Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens warnten die USA eindringlich vor einem Krieg mit der Islamischen Republik. „Wir sind äußerst besorgt, dass es aus Versehen zu einem Konflikt kommen könnte – mit einer Eskalation, die von keiner Seite gewollt ist“, sagte der britische Außenminister Jeremy Hunt in Brüssel.

Er spielte mit seinen Äußerungen offensichtlich darauf an, dass die USA zuletzt eine Erhöhung ihrer Militärpräsenz im Nahen Osten angekündigt hatten. Das Pentagon verlegte die „USS Abraham Lincoln“ und Kampfflugzeuge einer Bomberstaffel Richtung Iran und begründete das damit, dass es Hinweise darauf habe, dass das Land Angriffe auf US-Truppen unternehmen könne. Zudem wurde die Verlegung der „USS Arlington“ und eines Patriot-Raketenabwehrsystems in die Region angekündigt.

EU ruft zu Zurückhaltung auf

Die EU rief in den Gesprächen mit Pompeo zur Zurückhaltung auf. Man habe ihm gesagt, dass die Entwicklung im Iran nun am Scheidepunkt stehe, sagte Mogherini. Die EU habe betont, dass deshalb verantwortungsvolles Handeln und das Vermeiden einer militärischen Eskalation am wichtigsten seien. Laut FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) traf Pompeo ihre Ressortkollegen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien (EU-3) sowie Mogherini einzeln. Sie zeigte sich enttäuscht, hätte sich Kneissl doch erwartet, dass Pompeo sich „ins Kollektiv hineinbegibt“, da alle EU-Mitgliedsstaaten dem Internationalen Atomabkommen (JCPOA) mit dem Iran eine große Bedeutung zumessen würden.

Deutschland stellt sich gegen Pompeo

Auch der deutsche Außenminister Heiko Maas warnte Pompeo vor einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Iran. Er habe deutlich gemacht, „dass wir besorgt sind hinsichtlich der Entwicklung und der Spannungen in der Region“, sagte Maas am Montag in Brüssel nach einem bilateralen Treffen mit seinem US-Kollegen. Er habe auch klargemacht, „dass wir nicht wollen, dass es zu einer militärischen Eskalation kommt“.

Beide Seiten verfolgten mit Blick auf Teheran dieselben Ziele, sagte Maas, „nämlich keine Nuklearwaffen für den Iran“ und „eine andere Rolle des Iran in der Region“. Deutschland sei aber – im Gegensatz zu den USA – weiter der Auffassung, dass das Atomabkommen mit Teheran „Grundlage dafür ist, dass der Iran keine Nuklearwaffen hat“.

Mysteriöse „Sabotageakte“ gegen Schiffe im Golf

Der Iran bezeichnete am Montag die kolportierten Meldungen über „Sabotageakte“ gegen vier Handelsschiffe vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) als „alarmierend“ und „besorgniserregend“. Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Abbas Mussawi, forderte eine Untersuchung. Zugleich warnte er vor „Abenteurertum ausländischer Akteure“. Solche Vorfälle hätten „negative“ Auswirkungen auf die Schifffahrt im Golf.

ORF-Korrespondent Jörg Winter analysiert

Hat die EU überhaupt noch irgendwelche Trümpfe in der Hand, um den Iran am Festhalten am Atomdeal zu überreden? Jörg Winter analysiert.

Gegen „vier kommerzielle, zivile Handelsschiffe unterschiedlicher Nationalitäten“ seien Sonntagfrüh „Sabotageakte“ vor der Küste verübt worden, teilte das Außenministerium der VAE in Abu Dhabi mit. Das Ministerium machte allerdings keine näheren Angaben zur Art der Vorfälle. Nach Angaben aus Riad stammten zwei der Schiffe aus Saudi-Arabien. Die beiden Öltanker seien erheblich beschädigt worden, sagte der zuständige Energieminister Chalid al-Falih der staatlichen Nachrichtenagentur SPA. Die Besatzung sei unverletzt geblieben. Es habe sich um einen Versuch, weltweit die Sicherheit von Erdöllieferungen zu gefährden, gehandelt. Angaben zur Art des Angriffs und über den oder die Angreifer machte auch Falih nicht.

Iran versucht zu beruhigen

Die iranische Atomorganisation (IAO) trat unterdessen Befürchtungen entgegen, der Iran plane nach seinem Teilausstieg aus dem internationalen Atomabkommen den Bau von Kernwaffen. „Wir wollen mit dem Teilausstieg weder jemanden provozieren noch planen wir damit ein unfriedliches Nuklearprogramm“, sagte IAO-Sprecher Behrus Kamalwandi am Montag. Sein Land Iran werde sich nur nicht mehr an Verpflichtungen eines Abkommens halten, wenn die Gegenseite das auch nicht tue.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani hatte vergangene Woche zum Jahrestag des US-Ausstiegs aus dem Wiener Atomabkommen von 2015 seinerseits ein partielles Aussetzen der Vereinbarungen verkündet. In der ersten Phase werde der Iran sich nicht mehr an die Abmachung halten, maximal 300 Kilogramm Uran und 130 Tonnen Schwerwasser im Land zu behalten und den Rest ins Ausland zu schicken oder zu verkaufen. Falls der Atomdeal innerhalb von zwei Monaten nicht vertragsgerecht umgesetzt werde, werde der Iran in einer zweite Phase Uran unbegrenzt höher anreichern als die bisher zulässigen 3,67 Prozent.

Laut Kamalwandi wurde dieser Schritt auch der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien mitgeteilt. Auf die Frage nach der Reaktion der IAEA sagte er: „Die IAEA ist Beobachter, kein Richter.“ Außerdem gebe es seiner Meinung nach kein einziges Land auf der Welt, das die iranische Reaktion auf den Vertragsbruch der USA nicht nachvollziehe und sie nicht als legitim einstufe.