Abrissarbeiten an Morandi-Brücke
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Firma ausgeschlossen

Mafia-Verdacht bei Brückenabriss in Genua

Bei dem Kollaps der Morandi-Brücke in Genua im August 2018 haben 43 Menschen ihr Leben verloren. Die Aufarbeitung der Katastrophe nimmt viel Zeit in Anspruch – es gibt eine Vielzahl an Beschuldigten. Doch auch beim Abriss gibt es Probleme: Wegen möglicher Mafia-Verstrickungen wurde eine Baufirma von den Arbeiten ausgeschlossen.

Die Gesellschaft Tecnodem mit Sitz in Neapel hatte den Zuschlag für einen Unterauftrag für die Zerlegung von Trümmern erhalten. Tecnodem wird allerdings von der Schwiegermutter eines verurteilten Mitglieds der Mafia-Organisation Camorra geführt, wie aus einer Mitteilung von Anti-Mafia-Ermittlern am Dienstag hervorging. Das bewegte die Behörde zu der Vorsichtsmaßnahme.

An dem Abriss der Unglücksbrücke und dem Aufbau einer neuen Brücke wirken zahlreiche Gesellschaften mit. Genuas Bürgermeister Marco Bucci, der als Sonderverwalter für den Neubau fungiert, würdigte die Entscheidung der Polizei als Beleg für die Effizienz der Anti-Mafia-Kontrollen der Behörden.

Abrissarbeiten an Morandi-Brücke
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Abrissarbeiten an der Morandi-Brücke – im Februar war mit dem Abriss begonnen worden

Abriss im Februar angelaufen

In Italien versuchen kriminelle Clans oder Banden immer wieder, den öffentlichen Sektor mit seinen lukrativen Aufträgen zu infiltrieren, um dort über Strohmannfirmen Gelder abzugreifen oder zu waschen. Die viel befahrene, fast 1.200 Meter lange Morandi-Autobahnbrücke über dem Polcevera-Flussbett war am 14. August 2018 eingestürzt. Im Februar hatte der Abriss begonnen.

Damals hieß es, dass der gesamte Abriss der Brücke mindestens sechs Monate in Anspruch nehmen werde. Dutzende Arbeiter sind seither Tag und Nacht im Einsatz. Die italienische Regierung hat zugesagt, dass die neue Stahlbetonbrücke, die der aus Genua stammende Stararchitekt Renzo Piano gratis entwirft, bis April 2020 in Betrieb genommen werden kann.

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Eingestürzte Brücke in Genua
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Die Brücke unmittelbar nach dem Einsturz des mittleren Teilstücks am 14. August 2018
Eingestürzte Brücke in Genua
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Die Brücke verläuft über bewohntes Gebiet – nun sollen auch zahlreiche Gebäude darunter abgerissen werden
Eingestürzte Brücke in Genua
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Rettungseinsatz unmittelbar nach dem Unglück. 43 Menschen starben.
Hubschrauber über eingestürzter Brücke in Genua
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Suche nach Überlebenden in den Trümmern
Eingestürzte Brücke in Genua
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Der Einsturz eines Pylons – eines Stehers, der die Seilkonstruktion hält – ließ die Brücke abbrechen
Eingestürzte Brücke in Genua
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Blick von unten – aus dem nach dem Unglück zur verboteten „roten Zone“ erklärten Wohngebiet, über das die Brücke verläuft
Eingestürzte Brücke in Genua
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Die gesamte Brücke wenige Tage vor Beginn der Abrissarbeiten

Ermittlungen gegen viele Beschuldigte

Die Behörden hatten einen schnellen Wiederaufbau versprochen, doch bürokratische und auch technische Hürden lähmen seither den Prozess. Experten hatten nach dem Unglück erklärt, der Einsturz sei wegen der vielen baulichen Mängel an der Spannbetonbrücke vorhersehbar gewesen. Die italienische Justiz ermittelt in dem Fall gegen eine Reihe von Beschuldigten und gegen die Betreiberfirma Autostrade per l’Italia (ASPI).

Ermittelt wird ebenso gegen Manager der Infrastrukturholding Atlantia und der Betreiberin des eingestürzten Morandi-Viadukts sowie Funktionäre des Verkehrsministeriums in Rom, verlautete seitens der Anklagebehörde im März. Ermittelt wird auch gegen Funktionäre der Straßenverwaltungsgesellschaft ANAS. Ihnen wird Fahrlässigkeit bei den Sicherheitskontrollen der Brücke vorgeworfen.