Der ehemalige OGH-Präsident Eckart Ratz
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Hackl, Luif, Pöltner, Ratz

Die neuen Gesichter der Übergangsregierung

Nach der Entlassung der FPÖ-Regierungsmitglieder durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist nicht viel Zeit für Spekulationen über Nachfolgekandidaten geblieben. Vielmehr sind diese bereits angelobt. Nur kurz zuvor bestätigte das Bundeskanzleramt die Namen jener Experten und Spitzenbeamten, mit denen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) weiterregieren will.

Für den im Zuge der Aufarbeitung des FPÖ-„Ibiza-Skandals“ aus der Regierung entlassenen Herbert Kickl übernahm der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs (OGH), Eckart Ratz, das Innenministerium. Die bisherige Chefin der Austro Control, Valerie Hackl, ersetzte Norbert Hofer im Infrastrukturministerium. Neuer Verteidigungsminister und damit Nachfolger von Mario Kunasek ist der bisherige stellvertretende Generalstabschef Johann Luif, Walter Pöltner übernahm von Beate Hartinger-Klein das Sozialministerium, das er bereits als Sektionschef kennt.

Keine personellen Veränderungen gibt es wie bereits am Vortag von Van der Bellen angekündigt an der Spitze des Außenministeriums: Die von der FPÖ nominierte Karin Kneissl bleibt im Amt. Die restlichen FPÖ-Minister haben geschlossen ihren Rücktritt erklärt, nachdem Kurz bei Van der Bellen die Entlassung von Innenminister Kickl beantragt hatte.

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Eckart Ratz (Innenministerium) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Der ehemalige OGH-Präsident Ratz ist neuer Innenminister
Valerie Hackl (Infrastrukturministerium) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Hackl machte bei den ÖBB Karriere und wechselte nun vom Austro-Control-Chefsessel in die Regierung
Johann Luif (Verteidigungsministerium) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Mit Luif ist erstmals seit Jahrzehnten wieder ein aktiver Offizier Verteidigungsminister
Walter Pöltner (Sozialministerium) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Pöltner war vor seiner Pensionierung bereits Sektionschef im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz – nun ist er dort Minister
Hartwig Löger und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
APA/Herbert Neubauer
ÖVP-Finanzminister Löger ist nun auch Vizekanzler
Juliane Bogner-Strauss (ÖVP, Beamten- und Sportministerium) und Bundespräsident Alexander Van der Bellen
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Familienministerin Bogner-Strauß (ÖVP) ist nun auch für das Sport- und Beamtenressort zuständig

Mit Hartwig Löger (ÖVP) hat der bisherige Finanzminister den durch den Rücktritt von Heinz-Christian Strache nun auch den frei gewordenen Vizekanzlerposten übernommen. Zusätzliche Kompetenzen gibt es für Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) – diese ist nun auch für die durch den Strache-Rücktritt ebenfalls frei gewordenen Ressorts Sport und öffentlicher Dienst zuständig. Keinen Ersatz gibt es indes für den ebenfalls zurückgetretenen FPÖ-Finanzstaatssekretär Hubert Fuchs.

Neue Minister sind angelobt

Die neuen Minister sind nach der Angelobung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Amt.

„Bin ja noch nichts“

Mit der Nachbesetzung durch Experten bzw. hohe Beamte betritt Österreich nach den Worten Van der Bellens „Neuland“. Fest steht: Viel Vorbereitungszeit hatten Ratz, Hackl, Luif und Pöltner auf ihre neue Aufgabe nicht. Bereits am Mittwochvormittag gaben sich die neuen Regierungsmitglieder in der Hofburg im Halbstundentakt die Klinke in die Hand – der Hintergrund: Van der Bellen bat die von Kurz Nominierten vor der Angelobung noch zu Einzelgesprächen.

Während Hackl nach dem Treffen auf einen Kommentar verzichtete, meinte Pöltner auf dem Weg zum Bundespräsidenten: „Die Eitelkeit freut sich, die Vernunft sagt, es ist dumm.“ Auf die Frage, ob nicht sein könnte, dass er angesichts der gegen Kurz im Raum stehenden Misstrauensfrage lediglich eine Woche Minister sei, meinte er: „Vielleicht.“ Wortkarg zeigte sich schließlich auch Ratz, der wohl prominenteste „Expertenminister“, der auf sämtliche inhaltlichen Fragen nach seinem Gespräch mit Van der Bellen sagte: „Ich bin ja noch nichts.“

Die neuen angelobten Minister mit Bundespräsdient Van der Bellen und Kanzler Kurz
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Das Familienbild nach der Angelobung: Ratz, Pöltner, Hackl, Kurz, Van der Bellen, Löger, Bogner-Strauß und Luif (v. l. n. r.)

Bis im Vorjahr OGH-Präsident

Der Vorarlberger war bis ins Vorjahr OGH-Präsident. Der 65-Jährige (geboren am 28. Juni 1953) kommt aus politischem Background, sein Vater Gerold Ratz (ÖVP) war in Vorarlberg Landesstatthalter, also stellvertretender Landeshauptmann. Er selbst studierte Jus und promovierte in Innsbruck. Später war Ratz Richter am Bezirks- und Landesgericht Feldkirch, danach am Wiener Straflandesgericht, ehe er 1997 an den OGH wechselte.

Ex-OGH-Präsident Ratz leitet Innenministerium

Eckart Ratz, der ehemalige Präsident des Obersten Gerichtshofs, ist eines der prominentesten Gesichter der Übergangsregierung.

Dort schaffte es der zweifache Vater über einen Zwischenschritt als Vize 2012 zum Präsidenten des Höchstgerichts. Das Amt verließ er vor einem Jahr wegen Erreichens des Alterslimits. Auch universitär engagierte sich Ratz als Lehrbeauftragter an der Uni Wien. Wissenschaftliche Prominenz erlangte er als einer der Herausgeber des „Wiener Kommentars“ zum Strafgesetzbuch.

Von Doskozil in Generalstabsdirektion geholt

Mit Luif übernimmt erstmals nach Jahrzehnten wieder ein aktiver Offizier das Verteidigungsminsterium. Luif war bisher stellvertretender Generalstabschef und als Generalleutnant Leiter der Generalstabsdirektion im Verteidigungsressort. Geholt hatte ihn der damalige SPÖ-Ressortchef Hans Peter Doskozil, obwohl Luif als schwarz gilt. Doskozil kannte ihn aus dem Burgenland, wo er von 2003 bis 2016 als Militärkommandant gedient hatte.

Aktiver Offizier im Verteidigungsministerium

Johann Luif ist neuer Verteidigungsminister. Er ist seit 1977 der erste aktive Offizier auf diesem Posten.

Seit 2016 leitet der 1959 im Burgenland geborene Luif die Generalstabsdirektion, seit 2018 ist er stellvertretender Generalstabschef. Der verheiratete Vater von zwei Kindern verfügt auch über Auslandserfahrung, konkret im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina. Höhepunkt war dabei wohl die Leitung der EUFOR/ALTHEA-Mission in Bosnien, wo ihm rund 600 Soldaten aus mehr als 20 Ländern unterstanden.

Von Hartinger-Klein aus Ruhestand geholt

Als langjähriger Leiter der Sektion II im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz wechselt auch Pöltner in ein bekanntes Arbeitsumfeld. Der 67-Jährige hat sich als Pensionsexperte einen Namen gemacht. Dem Sozialdemokraten bzw. ehemaligen Sozialdemokraten (Pöltner ist mittlerweile aus der SPÖ ausgetreten, Anm.) werden gute Beziehungen zu seiner Vorgängerin Hartinger-Klein nachgesagt. Diese holte ihn aus dem 2015 angetretenen Ruhestand als eine Art Berater und machte ihn zum kommissarischen Leiter der neuen Sozialversicherung.

Zunächst Sektionschef, nun Minister

Walter Pöltner war bereits in den 1990er Jahren für den damaligen Minister Josef Hesoun (SPÖ) tätig. Zuletzt war er Berater seiner Vorgängerin Hartinger-Klein.

Dabei kommt Pöltner, der nach einem nachgeholten Jusstudium über die Arbeiterkammer (AK) und den damaligen Sozialminister Josef Hesoun (SPÖ) ins Sozialministerium kam, aus ganz anderer Ecke. Gelernt ist er als Industriekaufmann spezialisiert auf Klimaanlagen.

Von ÖBB über Austro Control zur Hofer-Nachfolge

Neo-Infrastrukturministerin Hackl übernahm indes erst zu Jahresbeginn den Austro-Control-Chefsessel.

Mit 36 ins Infrastrukturministerium

Valerie Hackl wurde Anfang des Jahres von Norbert Hofer (FPÖ) in den Vorstand der Austro Control bestellt. Nun übernahm die 36-Jährige Hofers Posten im Verkehrsministerium.

Davor hatte die 36-jährige Betriebswirtin in den ÖBB Karriere gemacht, von der Assistentin des Vorstandsvorsitzenden und späteren SPÖ-Kanzlers Christian Kern über die Leitung der Konzernstrategie- und Unternehmensentwicklung der ÖBB-Holding AG bis (als letzte Station vor dem Wechsel in die Austro Control) in den Vorstand der ÖBB-Personenverkehr AG.