Der Südkoreanische Regisseur Bong Joon-Ho
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„Parasite“

Goldene Palme für Bong Joon Ho

Der Film „Parasite“ („Gisaengchung“) des Südkoreaners Bong Joon Ho wurde am Samstagabend als bester Film mit der Goldenen Palme der 72. Filmfestspiele Cannes ausgezeichnet. Einen großen Erfolg gab es auch für den Film „Little Joe“ der Österreicherin Jessica Hausner: Der Preis für die beste Schauspielerin ging an die Hauptdarstellerin des Films, Emily Beecham.

„Parasite“ („Gisaengchung“) bewegt sich zwischen den Genres Gesellschaftssatire, Thriller und Komödie und hatte zuvor schon die Kritiker von Cannes begeistert. Darin stehen einander zwei unterschiedliche Familien als Kontrastprogramm gegenüber: die reichen Parks und die unter ärmlichen Verhältnissen in einer Souterrain-Wohnung lebende Familie von Ki Taek.

Als sich für Letztere über einen Freund des Sohnes eine Chance zum Aufstieg bietet, entwickeln alle Familienmitglieder erstaunliche Energie und Zielstrebigkeit samt raffinierter Betrugs- und Täuschungsmanöver. Sie befallen wie „Parasiten“ die Familie Park. Von der Komödie aus werden die Zuseherinnen und Zuseher zu unerwarteten Brüchen gelenkt, die den Charakter des Films schlagartig verändern.

„Vielen Dank, ich fühle mich sehr geehrt, das französische Kino hat mich schon immer sehr inspiriert“, sagte der 49-jährige Bong am Samstag in Cannes. Er ist der erste Filmemacher aus Südkorea, der den Hauptpreis des weltweit größten Filmfests gewinnt.

Glück aus dem Genlabor

Als beste weibliche Hauptdarstellerin wurde die 35-jährige US-Britin Emily Beecham für ihren Auftritt in dem Psychothriller „Little Joe“ ausgezeichnet. „Little Joe“ ist ein auf Englisch gedrehter Science-Fiction-Thriller und Hausners achter Langfilm. Er erzählt von einer Gentechnikerin, die eine betörend schöne Pflanze entwickelt hat. Sie macht Menschen glücklich, ist aber nicht so harmlos ist, wie sie scheint. Schon bald kümmert sich die Gentechnikerin mehr um „Little Joe“ als um ihren echten Sohn Joe.

Emily Beecham
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Beecham wurde für ihre Leistung in „Little Joe“ geehrt

„Es ist kein Film über Gentechnologie, es ist ein Film über ein grundlegendes menschliches Verlangen: das Streben nach Glück. In dem Moment aber, in dem man glücklich ist, verschwindet es wieder. Glück ist nicht real. Glück ist eine Idee“, hatte Hausner in Cannes bei der Internationalen Pressekonferenz über ihren Film gesagt. „Little Joe“ feierte in Cannes seine Weltpremiere. In Österreich soll der Film im Herbst in die Kinos kommen.

Die österreichischen Regisseurin Jessica Hausner bei den Filmfestspielen in Cannes
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Regisseurin Hausner ging mit einem Science-Fiction-Film ins Rennen

Antonio Banderas wurde am Samstag für seine ergreifende Darstellung eines alternden Regisseurs in „Dolor y Gloria“ von Pedro Almodovar als Bester Darsteller geehrt. Der Große Preis der Jury, der zweitwichtigste Preis des Festivals, ging an die 36-jährige Französin Mati Diop für ihren Film „Atlantique“.

Antonio Banderas
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Banderas räumte den Preis als bester Darsteller ab

Den Regie-Preis konnte das belgische Brüderpaar Jean-Pierre und Luc Dardenne für „Le jeune Ahmed“ entgegennehmen. Der Drehbuchpreis ging an die 40-jährige Französin Celine Sciamma für „Portrait on a Lady on Fire“. Der Preis der Jury ging ex aequo an „Les Miserables“ des Franzosen Ladj Ly und „Bacurau“ der Brasilianer Kleber Mendonca Filho und Juliano Dornelles.

US-Regiestar Terrence Malick ist in Cannes auch nicht ganz leer ausgegangen. Zwar fiel sein Film „A Hidden Life“ über den österreichischen Nazi-Gegner Franz Jägerstätter im Rennen um die Goldene Palme bei den Filmfestspielen durch, doch erhielt er am Samstagnachmittag zumindest den Ökumenischen Filmpreis des Wettbewerbs, wie Kathpress meldete.

Besonderes Jubiläum für Tarantino

Ein besonderes Jubiläum gab es in diesem Jahr für Quentin Tarantino. Genau 25 Jahre nachdem „Pulp Fiction“ die Goldene Palme in Cannes gewann, wurde Tarantinos zehnter Film „Once Upon a Time in Hollywood“ am Mittwoch erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Der rote Teppich war dabei prominent besetzt: Brad Pitt, Leonardo DiCaprio und Margot Robbie wurden neben Regisseur Tarantino in der französischen Stadt gefeiert. Tarantino erklärte in den vergangenen Jahren wieder und wieder, nach zehn Filmen seine Karriere als Regisseur beenden zu wollen – ob er dabei bleibt, ist unklar.

US-Regisseur Quentin Tarantino und seine Schauspieler Brad Pitt, Margot Robbie und Leonardo DiCaprio in Cannes
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Pitt, Tarantino, Robbie, DiCaprio (v. l.): „Once Upon a Time in Hollywood“ könnte der letzte Film des „Pulp Fiction“-Regisseurs sein

Der Andrang bei der Premiere des möglicherweise letzten Tarantino-Films war enorm, auch zahlreiche prominente Gäste wohnten der Vorführung bei. Vor dieser wurde darum gebeten, nicht zu viele Details der Handlung zu verraten. Vom Filmverleih wird „Once Upon a Time in Hollywood“ als „Hommage an die letzten Tage des goldenen Zeitalters in Hollywood“ beschrieben.

Über die Jahre von Buhrufen zum Jurypräsidenten

Laut „Guardian“ hält Tarantino für seinen Film all seine Markenzeichen aufrecht, von übermäßiger Gewalt bis hin zum zur Ära passenden Soundtrack. In den USA läuft der Film am 26. Juli an, in Österreich ist der Filmstart momentan für den 15. August angekündigt.

TV-Hinweis

ORF2 zeigt am Sonntag um 23.15 Uhr die Sondersendung „Stars unter Palmen“. Mehr dazu in tv.ORF.at.

Tarantino sorgte 1994 mit „Pulp Fiction“ für Aufregung in Cannes: Zwar konnte er sich mit seinem Film in der Jurywertung durchsetzen, dennoch wurde er vom Publikum ausgebuht, das den Preis einem anderen Film gönnte. 2004 kehrte Tarantino als Vorsitzender der Jury nach Cannes zurück, 2009 wurde sein Film „Inglourious Basterds“ bei den Filmfestspielen aufgeführt.

Umstrittener Ehrenpreis

Bereits am Montag hatte der französische Schauspieler Alain Delon die Goldene Palme für sein Lebenswerk erhalten. Der 83-Jährige reagierte gerührt auf die Auszeichnung, die ihm seine Tochter Anouchka unter dem donnernden Applaus des Publikums überreichte. „Es ist lange her, dass ich so viel geflennt habe“, sagte Delon.

Alain Delon
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Delon reagierte gerührt auf die Auszeichnung

Der Schauspieler präsentierte sich in seiner Dankesrede demütig und selbstironisch. „Heute Abend ist das ein bisschen wie eine postume Hommage, nur dass ich noch lebe“, sagte er. „Ich werde gehen, aber ich werde nicht gehen, ohne mich bei Ihnen zu bedanken“, fügte Delon hinzu. „Wenn ich ein Star bin, dann will ich Ihnen dafür danken, dem Publikum verdanke ich das und niemandem sonst.“

Gegen Delons Ehrung hatte es Widerstand von Feministinnen gegeben. Die US-Organisation Women and Hollywood warf dem Franzosen unter Berufung auf dessen frühere Äußerungen vor, er sei „rassistisch, homophob und frauenfeindlich“. Eine Petition gegen Delons Ehrung in Cannes bekam mehr als 25.000 Unterschriften.