Balkendiagramm zur EU-Wahl
SORA/ISA/ORF
Wahlmotive

Die EU-Wahl und das Vertrauen

Die Wahltagsbefragung von SORA für den ORF weist die Europawahl als innenpolitische Testwahl für die Nationalratswahl im Herbst aus: Für die ÖVP ist Kanzler Sebastian Kurz das drittstärkste Wahlmotiv. FPÖ-Wähler zeigten sich durch den „Ibiza-Skandal“ wenig beeindruckt. Und die Grünen sind bei den Jungen die stärkste Partei.

Laut der SORA-Befragung unter 1.287 Wahlberechtigten (durchgeführt zwischen 21. und 26. Mai) gaben fast zwei Drittel (62 Prozent) an, mit ihrer Stimme ein innenpolitisches Zeichen setzen zu wollen. Besonders stark ausgeprägt war das bei der FPÖ, wo 57 Prozent der Aussage „sehr“ zustimmten und 26 Prozent „eher“ (in Summe also 83 Prozent). Bei den anderen Oppositionsparteien waren es 60 (Grüne), 64 (SPÖ) und 68 Prozent (NEOS). Bei den ÖVP-Wählern gab nur knapp die Hälfte ein innenpolitisches Wahlmotiv an (49 Prozent).

Vertrauen in Politik erschüttert – außer bei FPÖ-Wählern

Eine Mehrzahl der Befragten gab an, dass das „Ibiza-Video“ ihr Vertrauen in das politische System in Österreich erschüttert habe. Ein Drittel stimmte dieser Frage sehr zu, ein Viertel ziemlich. Bei SPÖ- und NEOS-Wählern stimmten der Aussage fast 70 Prozent zu, bei ÖVP und Grünen jeweils ein bisschen mehr als die Hälfte. Bei der FPÖ waren es nur 18 Prozent der Wähler, mehr als die Hälfte gab an, gar nicht erschüttert zu sein.

„Ibiza-Skandal“ motivierte FPÖ- und SPÖ-Wähler

Der FPÖ dürfte das Video sogar einen Mobilisierungsschub gebracht haben. 16 Prozent der befragten freiheitlichen Wähler gaben an, dass sie ohne das Video nicht an der Wahl teilgenommen hätten. Das sagten auch 15 Prozent der SPÖ-Wähler.

FPÖ-Wähler besonders EU-kritisch

Während nur zwölf Prozent aller Österreicher einen EU-Austritt befürworten würden, sind es laut SORA bei den FPÖ-Wählern 50 Prozent. Bei ihnen findet sich – wenig überraschend – auch mit 97 Prozent der höchste Wert bei der Zustimmung zur Frage, ob nationale Interessen in der EU stärker vertreten sein sollen.

Die Skepsis der FPÖ-Wähler zeigt sich auch bei anderen Fragen: 35 Prozent aller Befragten, die eine negative Entwicklung in der EU empfinden, wählten die Freiheitlichen. Und 81 Prozent, die die Mitgliedschaft als schlechte Sache sehen, stimmten für die FPÖ. Bei beiden Fragen folgte die ÖVP – wenn auch mit gehörigem Abstand – auf Platz zwei.

Welche Themen die Wähler beschäftigten

Was die Wahlkampfthemen angeht, lieferte die Umfrage erwartbare Ergebnisse: Bei der FPÖ wurde die Zuwanderungs- und Asylpolitik am häufigsten genannt, bei den Grünen Umwelt- und Klimaschutz. Laut SORA war die Zuwanderung auch bei einem Viertel der ÖVP-Wähler ein im Wahlkampf häufig diskutiertes Thema (knapp hinter der Wirtschaft). Das „Erstarken von nationalistischen Kräften in Europa“ war sowohl für die SPÖ-Wähler (45 Prozent) als auch für jene der Grünen (54 Prozent) zweitwichtigstes Wahlkampfthema, für jene von NEOS sogar das wichtigste (35 Prozent).

Kurz als ÖVP-Zugpferd

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der am Sonntag ja offiziell gar nicht zur Wahl stand, schaffte es bei den ÖVP-Wählern unter die wichtigsten Wahlmotive.

Grüne stärkste Kraft bei Jungen

Aufgeschlüsselt nach Alter und Geschlecht ergibt sich ein differenziertes Wahlverhalten. Bei den unter 29-Jährigen waren die Grünen die stärkste Kraft. Bei den 30- bis 59-Jährigen lag jeweils die ÖVP klar voran. Fast schon traditionell war der Männerüberhang bei der FPÖ: Rund ein Viertel aller Männer wählten sie, bei den Frauen waren es nur zehn Prozent.

Gewohntes Bild bei Wahlverhalten nach formaler Bildung

Ebenfalls ein gewohntes Bild zeigt sich beim Wahlverhalten nach formaler Bildung. Vor allem Männer mit niedrigen Bildunsgsabschlüssen sind bei der FPÖ stark vertreten. Bei hoher formaler Bildung hat die ÖVP bei Männern die Nase vorn, bei Frauen liegen die Grünen knapp vor SPÖ und ÖVP.