Macron sondiert vor EU-Gipfel über Topjobs

Der Ring ist frei für das Gerangel um den nächsten EU-Kommissionspräsidenten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will bei der Auswahl des nächsten EU-Kommissionspräsidenten freie Hand für die Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat. Seine Partei rief heute nach einem Kandidaten, der eine robuste Mehrheit hinter den Parteilinien bilden könne.

Macron sucht eine Alternative zum EVP-Spitzenkandidaten Manfred Weber. Die großen Fraktionen sind sich hingegen weitgehend einig, dass nur einer ihrer Spitzenkandidaten Kommissionschef werden könne.

Parlamentarier suchen nach gemeinsamer Position

Die Fraktionschefs im EU-Parlament wollen morgen Früh eine gemeinsame Position verabreden. Es könnte auf ein Machtgerangel zwischen dem Rat und dem Parlament hinauslaufen. Bei dem Gipfel wird die Personalie wohl noch nicht festgezurrt. Beide Institutionen wollen aber rasche Entscheidungen bis Ende Juni, damit die EU nach den Erfolgen der Rechten und Nationalisten nicht handlungsunfähig wirkt.

Macron absolviert vor dem Gipfel noch einige Sondierungsgespräche. Bereits gestern tauschte er sich mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel aus. Heute Abend will er den spanischen Premier Pedro Sanchez treffen. Auch Treffen mit den Premierministern von Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei sowie mit EU-Ratspräsident Donald Tusk stehen auf dem Programm.

Macrons Partei „Republique en Marche“ zieht mit mehr als 20 Sitzen erstmals ins Europäische Parlament ein, sie blieb aber hinter dem rechtspopulistischen Rassemblement National von Marine Le Pen. Dennoch könnte Macrons Partei an der Spitze der Liberalen im EU-Parlament eine entscheidende Rolle bei den kommenden Besetzungen der EU-Topjobs spielen.

Experte erwartet langes Ringen

Der EU-Experte Janis Emmanouilidies vom Thinktank European Policy Centre sieht weder für den EVP-Kandidaten Weber noch für seinen sozialdemokratischen Herausforderer Frans Timmermans große Chancen auf das Amt des Kommissionspräsidenten. „Ich denke, dass diesmal kein Spitzenkandidat Kommissionspräsident wird.“ Er erwartet ein langes Ringen um die Spitzenposten. Denn Konservative und Sozialdemokraten verloren bei der EU-Wahl ihre gemeinsame Mehrheit.

Durch die „Fragmentierung“ der politischen Kräfteverhältnisse im neuen EU-Parlament – die Großparteien verloren, Liberale und Grüne sowie die drei rechten Fraktionen in Summe konnten zulegen – würden nun schwierige Verhandlungen bevorstehen.