Innenminister Eckart Ratz
Reuters/Leonhard Foeger
Innenministerium

Ratz rüttelt an Kickls Nachlass

Innenminister Eckart Ratz nimmt erneut eine unter seinem Vorgänger Herbert Kickl (FPÖ) erlassene Verordnung ins Visier. Nachdem er in der Vorwoche die 1,50-Euro-Verordnung und die Bestellung von Peter Goldgruber als Leiter der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit zurückgezogen hatte, lässt er nun eine Evaluierung des umstrittenen Medienerlasses vornehmen.

Seit 1. Mai müssen auf Kickls Betreiben die Pressesprecherinnen und Pressesprecher der Landespolizeidirektionen Herkunft und Aufenthaltsstatus von Verdächtigen aktiv nennen. Unterbleiben kann das nur, wenn dadurch eindeutige Rückschlüsse auf konkrete Personen gezogen werden könnten. Die nun angeordnete Evaluierung geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage von NEOS durch Ratz hervor.

Ratz ist seit 22. Mai neuer Innenminister, tags darauf wies er das Präsidium zu einer Evaluierung und Anpassung der Erlasslage und Richtlinie an. Das solle „insbesondere in Hinblick auf die Allgemeine Politik-Empfehlung zur Bekämpfung von Rassismus und Rassendiskriminierung in der Polizeiarbeit der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats“ erfolgen.

„Ausreisezentrum“-Schilder abmontiert

Die „Ausreisezentrum“-Schilder an den Erstaufnahmestellen Traiskirchen und Thalham wurden auf Veranlassung von Ratz abmontiert. Die Tafeln sollen durch „Schilder mit einer neutralen Bezeichnung ersetzt werden“, so Christoph Pölzl, Sprecher des Innenministeriums – mehr dazu in noe.ORF.at.

„Der Überbegriff für die Bezeichnung des Areals, auf dem die Asylbehörde und Stellen für die Bundesbetreuung angesiedelt sind, hat lediglich deklaratorischen Charakter und somit keine konstitutive Wirkung. Das heißt auch, dass diese Bezeichnung keine Auswirkungen auf das individuelle Asylverfahren hat“, so das Innenministerium. Laut Pölzl sollen allenfalls bestehende rechtliche Fragestellungen mit einem anerkannten Verfassungs- und Verwaltungsrechtler geklärt werden.

Zumindest in Traiskirchen war es die zweite Demontage binnen einer Woche. Erst am Donnerstag hatten der ehemalige Flüchtlingskoordinator Ferry Maier und ein Team der Plattform „Menschen.Würde.Österreich“ die „Ausreisezentrum“-Tafel bei der Erstaufnahmestelle entfernt. Sie wollten sie dem neuen Innenminister bringen, die Polizei nahm ihnen die Tafel jedoch wieder ab.

Ministerium betont Pressefreiheit

Kritik hatte das Innenministerium unter Kickl auch für den Umgang mit Medien geerntet. Für besondere Aufregung hatte im September 2018 eine Mail eines Sprechers gesorgt, wonach die Kommunikation mit bestimmten Medien „auf das nötigste Maß“ reduziert werden solle. Ratz hielt in seiner Beantwortung nun fest, dass „das Bundesministerium für Inneres einen hohen Wert auf die Presse- und Meinungsfreiheit in Österreich legt“.

Herbert Kickl
APA/Lukas Huter
Kickl musste das Innenministerium in der Vorwoche räumen

In der Vorwoche hatte Ratz die von Kickl kurz vor seiner Absetzung erlassene Verordnung zur Senkung des Stundenlohns für Asylwerberinnen und Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten auf 1,50 Euro zurückgenommen. Auch die Beförderung von Generalsekretär Goldgruber zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit wurde rückgängig gemacht.

Beide Entscheidungen seien erst nach dem Erscheinen des „Ibiza-Videos“ getroffen worden, hieß es zur Begründung. Nicht rückgängig gemacht würden Entscheidungen, „die im Rahmen der Koalitionsregierung zwischen ÖVP und FPÖ getroffen worden sind“, so Ratz. Der 65-jährige Vorarlberger war bis ins Vorjahr OGH-Präsident, musste das Amt dann aber wegen Erreichens des Alterslimits niederlegen.

„Schubumkehr gegen restriktive Asylpolitik“

Kickl selbst wetterte am Mittwoch über die scheinbare „Schubumkehr gegen eine restriktive Asyl- und Fremdenpolitik und eine neue Ära der Willkommenspolitik“ im Innenministerium. „Entgegen den ÖVP-Ankündigungen werden jetzt offensichtlich auch wichtige Maßnahmen, die vor dem „Ibiza-Video‘ umgesetzt wurden, zurückgenommen – siehe Medienerlass. Was kommt als Nächstes?“, schrieb Kickl in einer Aussendung.

Gleichzeitig verteidigte er die von ihm geplante 1,50-Euro-Verordnung: „Asylwerber in der Grundversorgung erhalten ein ,All-inklusive-Service‘ – alles, was sie zum Leben brauchen, bekommen sie vom Staat. Mit der sogenannten Remuneranten-Verordnung und der Beschränkung auf 1,50 Euro pro Stunde als Anerkennungsbeitrag für gemeinnützige Hilfstätigkeiten ist sichergestellt gewesen, dass sie nicht mehr bessergestellt sind als Grundwehr- oder Zivildiener.“

Auf Facebook legte der Ex-Minister nach: „In Traiskirchen wurde das Schild ‚Ausreisezentrum‘ abmontiert. Kurzzeit-Innenminister Ratz tut alles, um meine restriktive Asylpolitik zu untergraben und wieder eine Willkommenspolitik mit offenen Armen für illegale Einwanderer aus aller Welt einzuführen.“