Suchaktion auf der Donau nahe der Magaretenbrücke
AP/Laszlo Balogh
Schiffsunglück in Budapest

Kaum noch Hoffnung für 21 Vermisste

Nach dem schweren Schiffsunglück auf der Budapester Donau mit bisher sieben Todesopfern werden immer noch 21 der 35 Insassen des Ausflugsdampfers vermisst, darunter zwei ungarische Besatzungsmitlieder, berichtete die Nachrichtenagentur MIT am Donnerstag. Die sieben Überlebenden würden in drei Budapester Spitälern versorgt, ihr Zustand sei stabil.

Das Ausflugsschiff „Hableany“ (Nixe) war unter der Margaretenbrücke mit dem weitaus größeren Flusskreuzfahrtschiff „Viking Sigyn“ zusammengestoßen, wie der ungarische Polizeioberst Adrian Pal erläuterte. Es gebe nur „minimale Hoffnung“ auf weitere Überlebende, so ein Sprecher der Rettungskräfte am Donnerstag.

Laut Berichten der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap befanden sich 30 südkoreanische Touristen, die eine Sechs-Länder-Reise nach Osteuropa gebucht hatten, auf der gesunkenen „Hableany“. Dazu kämen noch drei Reisebegleiter sowie die zwei ungarischen Besatzungsmitglieder. Die meisten Reisenden seien 40 bis 50 Jahre alt gewesen. Auch ein sechsjähriges Kind sei an Bord gewesen.

Passanten beobachten die Suchaktion auf der Donau nahe der Magaretenbrücke
Reuters/Bernadett Szabo
Die Suche wurde auch am Tag weitergeführt und noch ausgedehnt

Bergung könnte Tage dauern

Die Bergung des Wracks könne sich verzögern, berichtete das Internetportal 24.hu am Donnerstag. Der hohe Wasserstand, die starke Strömung und die schlechte Sicht würden vorerst jeglichen Tauchgang verhindern. Wegen der sich wahrscheinlich im Wrack befindlichen Opfer drängen die Behörden auf eine baldmöglichste Lösung. Laut Katastrophenschutz könnte deren Bergung Tage dauern, zitierte das Portal.

Soldaten der ungarischen Armee bauen eine Taucherplattform über der Unglücksstelle. Als Erste sollen die Taucher des Katastrophenschutzes und der Polizei zum Einsatz kommen.

Unglück überraschte Menschen unter Deck

Angesichts des schlechten Wetters sollen sich die Touristen und Touristinnen zum Zeitpunkt des Unglücks unter Deck befunden haben. Das Ausflugsboot sei nach dem Zusammenstoß mit einem großen Hotelschiff dramatisch schnell gesunken, berichteten Medien. Das Hotelschiff soll unter Schweizer Flagge gefahren sein. Die „Viking Sigyn“ gehört den Viking River Cruises mit Sitz in Basel.

Rettungsboot vor der Freiheitsbrücke auf der Donau in Budapest
Reuters/Bernadett Szabo
Die Suche in der Donau ging die ganze Nacht weiter – hier bei der Freiheitsbrücke

Auf Fotos ist das Schiff nach der Kollision auf der Donau in Budapest zu sehen. Die Viking River Cruises waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf dem Hotelschiff soll niemand zu Schaden gekommen sein.

Suche auf 100 Kilometer ausgedehnt

Angesichts der niedrigen Wassertemperaturen von rund zwölf Grad und der starken Strömung gebe es nur geringe Überlebenschancen für die Opfer der Tragödie. Auf 100 Kilometer Länge sollte das Donau-Ufer abgesucht werden. Zwei der sieben Toten seien weit von der Unfallstelle entfernt geborgen worden.

Karte zeigt den Unglücksort in Budapest
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Laut Mitteilung des südkoreanischen Außenministeriums hätten die Passagiere des Ausflugsschiffes zum Zeitpunkt des Unglücks keine Rettungswesten getragen. Der nächtliche Schiffsausflug sei einer der letzten Programmpunkte der Touristengruppe in Ungarn gewesen.

Polizisten suchen von einer Brücke aus nach Überlebenden in der Donau in Budapest
AP/MTI/Zsolt Szigetvary
Auch von den Brücken aus wurde das Wasser beobachtet

„Routinemäßige Stadtbesichtigung“

Die Leitung des Schiffseigners Panorama Deck GmbH wurde von der Polizei vernommen. Laut Firmensprecher Mihaly Toth nahm die zweiköpfige, erfahrene Besatzung des Schiffes unter Einsatz ihres eigenen Lebens an den Rettungsarbeiten teil.

Laut Toth, soll es sich bei der Ausflugsfahrt um eine „routinemäßige Stadtbesichtigung“ gehandelt haben. Die „Hableany“ war ein 27 Meter langes Doppeldeckerboot und bot Platz für etwa 60 Personen, hieß es vom Schiffseigentümer. Seit 2003 war das Schiff für die Panorama Deck GmbH im Einsatz.

Notruf ging um 21.15 Uhr ein

Wie Polizeioberst Pal am Donnerstag weiter ausführte, leitete die Polizei ein Strafverfahren gegen unbekannt wegen Gefährdung mit massenhafter Todesfolge ein. Der Kapitän der „Viking Sigyn“ und weitere Besatzungsmitglieder wurden als Zeugen befragt. Weitere Angaben wollte der Polizeioberst unter Berufung auf die laufenden Ermittlungen nicht machen.

Der erste Notruf war um 21.15 Uhr, zehn Minuten nach der Kollision, bei der Polizei eingegangen. Unmittelbar darauf begannen große Such-und Rettungseinsätze von Polizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst.

Auch Spezialtaucher hinzugezogen

Ein Militärschiff mit Spezialtauchern traf am Donnerstagvormittag an der Budapester Margaretenbrücke ein, um die Lage des in einer Tiefe von drei bis vier Metern liegenden Schiffswracks zu untersuchen. Das Wrack soll schließlich in mehreren Phasen geborgen werden.

Schwierige Suche nach Vermissten

Die Suche nach den Opfern der Schiffskatastrophe in Budapest ging auch am Donnerstag weiter. Der Auslöser des Unglücks ist unklar. (Videoquelle: APTN/MTI)

Menschliches Versagen als Ursache des Unglücks sei nicht ausgeschlossen, betonte der Generalsekretär des Ungarischen Schifffahrtsverbandes, Imre Horvath, laut Medien. Schiffe seien heute mit Satellitenortung ausgestattet, sodass sie die eigene oder die Position anderer Schiffe sowie deren Bewegung mit hoher Präzision bestimmen können.

Südkorea will „schnelle Einsatzgruppe“ schicken

Der südkoreanische Reiseveranstalter Verygoodtour bat um Entschuldigung. Das Unternehmen werde alles tun, um den Opfern und deren Familien zu helfen, sagte der Leiter des Kundenservice, Lee Sang Moo, im südkoreanischen Fernsehen. Inzwischen wurden die Angehörigen der Todesopfer mit Hilfe des Reiseveranstalters nach Budapest geflogen.

Nach Informationen der ungarischen Nachrichtenagentur MTI wurde die südkoreanische Außenministerin Kang Kyung Wha in Budapest erwartet. Die Regierung in Seoul will die Suche nach den vermissten Passagieren unterstützen. Das südkoreanische Außenministerium kündigte am Donnerstag an, eine „schnelle Einsatzgruppe“ mit 18 Beamten und Rettungskräften an den Unglücksort nach Budapest zu schicken.

Präsident Moon Jae In ordnete an, einen Krisenstab einzusetzen und zusammen mit den ungarischen Behörden „alle verfügbaren Mittel“ zur Rettung der Vermissten zu ergreifen. Ungarns Gesundheitsministerin Ildiko Horvath begab sich an die Unglücksstelle, um den Familien der Opfer ihr Beileid auszudrücken.