Geschlossene Heschäfte in Khartoum
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Sudan

Mit „zivilem Ungehorsam“ gegen die Armee

Die Opposition im Sudan ändert in der Auseinandersetzung mit dem Militär ihre Strategie. Am Sonntag begann ein landesweiter Generalstreik. Laut einem Bericht des „Guardian“ folgten diesem Aufruf zu „zivilem Ungehorsam“ landesweit Millionen von Sudanesen. Damit wollen mehrere Oppositionsgruppen Druck auf den militärischen Übergangsrat ausüben, die Macht an eine zivile Regierung zu übergeben.

Die Opposition, darunter das Gewerkschaftsbündnis SPA setzt nun auf eine „friedliche Form des Widerstands“. Nur Ärzte und Pflegepersonal seien von dem Generalstreik ausgenommen. Der Streik macht sich auch in den Straßen von Khartum und der Stadt Omdurman bemerkbar. Menschen blieben in ihren Häusern, das Geschäftszentrum von Khartum genauso wie Märkte blieben geschlossen. Es fuhren keine Busse.

„Wir werden nicht zur Arbeit zurückkehren, bis die SPA das Ende des Streiks verkündet“, sagte etwa ein Angestellter gegenüber Reuters. Ein Teil der „Bewegung des zivilen Ungehorsams“ ist auch die Errichtung einer Barrikade aus Autoreifen, Baumstämmen und Steinen in einem Teil von Khartum. Obwohl die Zentralbank offiziell mitteilte, sich nicht an dem Streik zu beteiligen, blieben auch dort zahlreiche Mitarbeiter ihrem Arbeitsplatz fern.

Geschlossene Heschäfte in Khartoum
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Am Sonntag startete der Generalstreik: Geschäfte blieben geschlossen, der öffentliche Verkehr kam zum Erliegen

Gewaltsame Auflösung von Sitzblockade

Präsident Omar al-Baschir, der das Land drei Jahrzehnte lang mit harter Hand regiert hatte, war im April von den Streitkräften gestürzt worden. Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen. Seitdem ringen das Militär und die Opposition um die Bildung einer Übergangsregierung. Gesprächsversuche scheiterten bisher.

Der neuen Protestform der Opposition vorangegangen ist die gewaltsame Auflösung einer wochenlangen Sitzblockade in der Hauptstadt Khartum, die maßgeblich zum Sturz des Langzeitmachthabers Baschir beigetragen haben soll. Nach Angaben eines Ärzteverbandes wurden bei der Auflösung der Blockade mehr als 100 Menschen getötet und über 500 verletzt. Das sudanesische Gesundheitsministerium sprach von 61 Toten.

Chef von paramilitärischer Truppe auch im Militärrat

Einsatzkräfte der von den Oppositionellen gefürchteten paramilitärische Bereitschaftspolizei RSF werden von Augenzeugen für die Gewalt verantwortlich gemacht. Sie werden angeführt von Mohamed Hamdan „Hemeti“ Dagalo, zugleich stellvertretender Präsident des militärischen Übergangsrats. Der RSF setzt sich Medienberichten zufolge zu einem großen Teil aus Milizen zusammen, die für Menschenrechtsverletzungen während des Darfur-Kriegs verantwortlich gemacht werden.

Mohamed Hamdan „Hemeti“ Dagalo
AP
„Hemeti“ Dagalo – Chef einer paramilitärischen Einheit und Vizepräsident des militärischen Übergangsrats

Dennoch gilt Dagalo als einer der mächtigsten Männer derzeit im Sudan, ist er es doch, der laut BBC die Kontakte zu westlichen Diplomaten aufrechterhält. Zudem erhält er die Unterstützung von regionalen Verbündeten – Ägypten, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emirate.

Internationaler Druck steigt

Neben der Armee patrouillierten auch RSF-Kräfte am Sonntag, bewaffnet mit Maschinengewehren, durch Khartum. Einige hatten das Elektrizitätswerk der Stadt umstellt. Sicherheitskräfte setzten Tränengas gegen die Demonstrierenden ein. Nach Angaben von Ärzten wurden bei Auseinandersetzungen vier Menschen getötet. Die Opposition macht die Militärregierung und paramilitärische Truppen für die Todesfälle verantwortlich.

Sudanesische Soldaten in Khartoum
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Sicherheitskräfte reagierten mit Warnschüssen und Tränengas auf Proteste

Der Protest solle andauern, bis die regierenden Generäle die Macht an eine zivile Regierung übergeben, erklärte die SPA. Am Sonntag erklärte sich nun ein Sprecher des militärischen Übergangsrats bereit, den Anliegen der Opposition zuzuhören und Verhandlungen wiederaufzunehmen.

Der internationale Druck auf die Militärführung ist in den vergangenen Tagen gestiegen – im Westen wie auch bei der Afrikanischen Union, die mit Sanktionen drohte. Selbst enge Verbündete wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate scheinen die unvoreingenommene Unterstützung für die Militärregierung zu mäßigen.