Eingang des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog
ORF.at/Peter Pfeiffer
Nationalratsbeschluss

Aus für Abdullah-Zentrum

Das König-Abdullah-Zentrum in Wien steht vor dem Aus – das ist ein Ergebnis der ersten Nationalratssitzung unter Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein am Mittwoch. Einen entsprechenden Mehrheitsbeschluss will das Außenministerium umsetzen, hieß es nach dem Plenum. Dort wurde eine ganze Reihe von Themen abgehandelt, von einem Verbot des Pestizids Glyphosat bis zum Rauchverbot in der Gastronomie.

Praktisch fix ist nach der Sitzung der 29. September als Termin für die Nationalratswahl. ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS stimmten im Plenum dafür, die Legislaturperiode vorzeitig zu beenden. Nach dem Bruch der ÖVP-FPÖ-Koalition infolge der „Ibiza-Affäre“ habe es keine andere Wahl gegeben, waren einander die Abgeordneten der vier Fraktionen weitgehend einig. Bis zuletzt umstritten war der genaue Wahltermin, de facto kommt nun aber aufgrund des Fristenlaufs nur noch der letzte Sonntag im September infrage.

Zur Schließung des seit Anfang an umstrittenen, großteils von Saudi-Arabien finanzierten König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) hielt des Außenministerium fest: „Es gibt einen klaren Beschluss des Nationalrates, der umzusetzen ist.“ Außenminister Alexander Schallenberg „hat bereits die Prüfung aller rechtlich notwendigen Schritte beauftragt“. Er werde auch dafür sorgen, „dass die Umsetzung ohne Schaden für Österreichs außenpolitische Interessen und im Rahmen der internationalen Gepflogenheiten erfolgt“.

Todesurteil in Saudi-Arabien als unmittelbarer Anlass

Für die Schließung des KAICIID hatte sich mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und JETZT eine breite Mehrheit gefunden. Eingebracht hatte den Antrag JETZT – mehr dazu in religion.ORF.at. Unmittelbarer Anlass dafür war die drohende Hinrichtung Murtadscha Kurairis in Saudi-Arabien. Dem 18-Jährigen drohe dort die Todesstrafe, weil er acht Jahre zuvor, also als Zehnjähriger, an einer Demonstration für Menschenrechte teilgenommen habe, erklärte Listengründer Peter Pilz (JETZT).

Auch die ÖVP sprach sich für eine Schließung und einen Ausstieg aus, brachte aber einen eigenen Antrag ein. Sie sprach sich für ein neues Zentrum aus, etwa unter Obhut der UNO, das ebenfalls in Österreich angesiedelt sein und sich dem interreligiösen Dialog widmen sollte. Das KAICIID selbst reagierte mit „Besorgnis“ über die Entscheidung. Das Zentrum stehe „zu seinen Leistungen bei der Förderung des Dialogs weltweit. An diesen Leistungen sollte es gemessen werden“ betonte das Zentrum in einer Aussendung.

Gastrorauchverbot kommt nun doch

Praktisch nichts mehr steht dem Rauchverbot in der Gastronomie im Wege, nachdem sich die ÖVP mit den früheren Oppositionsparteien auf die Zustimmung zu einem Fristsetzungsantrag einigte. Laut dem soll das Thema im Juli-Plenum behandelt werden. Die Vorzeichen sind positiv, wenn auch die Volkspartei mit ihrer Zustimmung zum Gesetz an sich noch formal abwartet, weil sie zunächst den Entscheid des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu dem Thema sehen will, der schon in den kommenden Wochen vorliegen könnte. Grundsätzlich hat man sich aber darauf verständigt, dass das Verbot mit 1. November in Kraft treten kann.

„Don’t Smoke“-Initiatoren erfreut

Das an sich bereits 2015 von SPÖ und ÖVP beschlossene Rauchverbot wurde Ende 2018 als Koalitionsbedingung der FPÖ wieder gekippt. Der Sturz von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und dessen Regierung brachte die Kehrtwende. Die publik gewordene Einigung auf einen Antrag für ein Rauchverbot in der Gastronomie wurde von den Initiatoren des Nichtraucherschutz-Volksbegehrens „Don’t Smoke“ „hocherfreut“ begrüßt. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass schlussendlich die menschliche Vernunft sowie die wissenschaftliche und medizinische Faktenlage über die parteipolitischen Interessen der vergangenen zwei Jahre triumphiert haben“, teilten Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres und Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda per Aussendung mit.

SPÖ-FPÖ-Mehrheit für Glyphosatverbot

Bereits zu Mittag hatte sich abgezeichnet, dass es auch eine Mehrheit für das Verbot des Unkrautvernichters Glyphosat geben wird. So kündigte die FPÖ Unterstützung für den entsprechenden SPÖ-Antrag im Nationalrat an. Der Antrag muss nun im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft behandelt werden. Eine Abänderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes ist schon in der Sitzung des Nationalrats am 2. Juli möglich.

Glyphosat gilt laut der Internationalen Agentur für Krebsforschung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) beim Menschen als „wahrscheinlich krebserregend“. Trotzdem ist das Pflanzengift derzeit EU-weit bis 2022 zugelassen – die EU-Agenturen halten den Wirkstoff ja für unbedenklich.

ÖVP mit eigenem Antrag auf Teilverbot

„Es gibt genügend Studien, in denen die Gefahr, die Glyphosat für die Umwelt und die Gesundheit der Menschen hat, ausreichend belegt werden. Es ist daher ein Zeichen für verantwortungsvolle Umweltpolitik, dieses Verbot auf Schiene zu bringen“, so FPÖ-Klubobmann Norbert Hofer in einer Aussendung.

Norbert Hofer (FPÖ) schüttelt die Hand der Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein
ORF.at/Roland Winkler
Hofer teilte per Aussendung mit: „Glyphosatverbot kommt“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner zeigte sich „erfreut, dass sich der jahrelange Einsatz der SPÖ für ein Glyphosatverbot ausgezahlt“ habe. Bis dato seien die SPÖ-Initiativen von jenen blockiert worden, „denen die Interessen der Agrochemiekonzerne wichtiger waren als die Gesundheitsinteressen der Menschen“. Jetzt sei „endlich Vernunft eingekehrt“, so Rendi-Wagner.

Die ÖVP geht beim Glyphosattotalverbot nicht mit und sprach sich per Antrag für ein Teilverbot aus. Dieser zielt darauf ab, dass Glypohsat nur bei Kindergärten und anderen sensiblen Bereichen wie Schulen verboten sein soll. Dass die ÖVP der SPÖ-FPÖ-Initiative nicht zustimmt, begründete Bauernbund-Obmann Georg Strasser mit rechtlichen Gründen. Seiner Darstellung nach ist das Totalverbot nämlich nicht EU-konform. 

Auch Papamonat kommt

Praktisch fix ist nach dem Plenum am Mittwoch auch der Rechtsanspruch auf den Papamonat. Gegen die Stimmen von ÖVP und NEOS wurde beschlossen, der entsprechenden SPÖ-Initiative bis Donnerstag eine Frist zu setzen. Allerdings: Der Beschluss erfolge erst im Plenum Anfang Juli, hieß es am Abend.

Ebenfalls rasch erfolgte mit einer Mehrheit von SPÖ, FPÖ und JETZT die Entscheidung für eine Entgeltzahlung für freiwillige Helfer, die aus öffentlichen Geldern bis zu fünf Tage im Katastrophenfall bezahlt werden sollen. Auch hier soll der Beschluss schon am Donnerstag folgen. Ebenfalls auf dem Weg zur Umsetzung ist eine Initiative der SPÖ, die eine volle Anrechnung der Karenzzeiten vorsieht. Ohne Gegenstimmen blieb ein FPÖ-Antrag, der Wasser vor Privatisierung schützen soll.

Keine Mehrheit für Ministeranklage als Minderheitsrecht

Eine Ministeranklage als parlamentarisches Minderheitsrecht wird es bis auf Weiteres nicht geben. Ein entsprechender Vorstoß von JETZT, der auch von SPÖ und NEOS unterstützt wurde, blieb in der Minderheit. Die ÖVP warnte vor einer inflationären Inanspruchnahme des Instruments aus parteitaktischen Gründen, die FPÖ wiederum zeigte sich grundsätzlich gesprächsbereit, meinte aber, der Antrag komme vor dem Hintergrund der aktuellen Übergangsregierung zur falschen Zeit.

JETZT wollte mit seinem Antrag bereits einem Drittel der Abgeordneten die Möglichkeit einräumen, Regierungsmitglieder wegen schuldhafter Rechtsverletzungen im Zuge ihrer Amtsführung beim Verfassungsgerichtshof anzuklagen. Nach der derzeitigen Regelung brauche es einen Mehrheitsbeschluss, was dazu führe, dass die Ministeranklage in der Praxis totes Recht bleibe, gab er zu bedenken.

ÖVP-Initiativantrag für Plastiksackerlverbot

Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) brachte ein Plastiksackerlverbot als Initiativantrag ein. Dabei handelt es sich um die Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetz, die inhaltlich unverändert zur Regierungsvorlage ist. „Es gibt keinen Grund, warum wir dieses Verbot nicht jetzt umsetzen sollten. Die Novelle ist fertig verhandelt, sie war in Begutachtung, wir stehen zu dem, was wir vereinbart haben. Deshalb bringen wir dieses Verbot jetzt im Nationalrat ein. Es soll im Juni beschlossen werden und 2020 in Kraft treten“, meinte Köstinger, die den Antrag gemeinsam mit Hofer einbrachte.

Parteienfinanzierung landet in Unterausschuss

Auf der Tagesordnung des Verfassungsausschusses waren indes auch einige Anträge zur Neuregelung der Parteienfinanzierung. Nach Angaben der Parlamentskorrespondenz werden die Reformvorschläge nun in einem Unterausschuss vorberaten werden.

Diskutiert werde über Reformen „schon länger“, das Thema habe durch das „Ibiza-Video“ zuletzt aber „zusätzlich Brisanz“ erhalten, wie das Parlament per Aussendung dazu weiter mitteilte.
Alle Anträge sind mit den aktuellen Beschlüssen noch nicht durch, allerdings ist mit dem Ja zur Fristsetzung jeweils wahrscheinlich, dass die Initiativen noch vor dem Sommer oder spätestens im September real vom Parlament umgesetzt werden.