Lego Figuren in einer Blumenwiese
ORF.at/Lukas Krummholz
Bioplastik

Lego sucht den „grünen“ Stein

Der Spielzeughersteller Lego hat ein Problem: Seine Geschäftsgrundlage, die bei Kindern und Erwachsenen beliebten bunten Plastiksteine, werden aus Erdöl hergestellt. Mit dem steigenden Umweltbewusstsein ist das immer schwerer vereinbar. Doch die Suche nach einem nachhaltigen Ersatzstoff für Plastik gestaltet sich schwieriger als gedacht.

Seit sieben Jahren forscht Lego, wie das Plastik für seine Bausteine aus Pflanzen hergestellt werden kann – mit mäßigem Erfolg: Bisherige Versuche stellten sich als entweder zu wenig formstabil (Mais) oder zu wenig farbstabil (Weizen) heraus. Andere Materialen waren nicht mit den bestehenden Produktionsmaschinen kompatibel oder hielten den Qualitätsstandards nicht statt, weil Steine nicht zusammenblieben, nicht mehr auseinanderzubringen waren oder überhaupt gleich zerbrachen.

Über 200 Materialien hat Lego laut eigenen Angaben bereits getestet, doch erst rund zwei Prozent seiner Plastikteile sind aus Plastik auf Basis von Pflanzen, darunter passenderweise Bäume und Pflanzenteile. 132 Millionen Euro hat Lego in die entsprechende Forschung laut eigenen Angaben investiert – ob es das selbst gesetzte Ziel, bis 2030 sein Plastik nachhaltig, also aus nachwachsenden Rohstoffen, herstellen zu können, erreicht, ist allerdings offen.

Lego Figuren in einer Blumenwiese
ORF.at
Nur ein kleiner Teil der Legosteine wird derzeit aus Pflanzen hergestellt

Es sei, wie jemanden auf den Mond zu schicken, meint Tim Guy Brooks, bei Lego zuständig für das Thema Umwelt, gegenüber dem „Wall Street Journal“ („WSJ“). Als die Idee geboren wurde, habe es die notwendigen Technologien dafür auch noch nicht gegeben. „Wir können nicht sagen, dass wir die Baumeister von morgen inspirieren und fördern wollen, wenn wir den Planeten ruinieren“, sagte Brook und legte die Latte selbst hoch.

Plastik muss stabil und farbecht sein

Seit 1963 werden die bunten Lego-Steine mit den charakteristischen Noppen aus dem Kunststoff Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat (ABS) hergestellt und müssen bestimmten Anforderungen entsprechen wie eben Formstabilität, Farbechtheit und Widerstandsfähigkeit. Die Steine sollen auch nicht biologisch abbaubar sein, denn Legos Anspruch ist, dass sie lange halten und auch so Müll vermeiden sollen – entsprechend ist Recyling keine Option. Zudem dürfen sie keine schädlichen Chemikalien enthalten.

2018 hat Lego bereits Steine auf Basis von Zuckerrohr auf den Markt gebracht. Doch das verwendete Polyethylen ist ein weicher Kunststoff, der nur bei einem kleinen Prozentsatz der Legosteine zur Anwendung kommt wie eben bei Pflanzenteilen. Für die klassischen Bausteine, aber auch die Figuren, die eine gewisse Festigkeit aufweisen müssen, damit die Bauten nicht irgendwann zerfallen, ist es nicht geeignet. Plastik sei der geeignete Werkstoff, so Lego-Chef Niels B. Christiansen gegenüber der Website Business Insider, aber man müsse verantwortungsvoll damit umgehen.

Nur ein Prozent des weltweiten Plastiks ist bio

Bisher ist der Kampf gegen Plastik bei Kinderspielzeug noch kein so großes Thema, doch Lego will für die mögliche Debatte vorbereitet sein. Und hat einiges zu tun: Eine Million Tonnen CO2 entsteht bei der Produktion der Plastiksteine und Verpackungen laut „Seattle Times“ jährlich. Rund 70 Milliarden Steine in mehr als 3.700 verschiedenen Formen und mehr als 60 Farben werden jedes Jahr bei Lego erzeugt.

Mit dem Problem der fehlenden Nachhaltigkeit ist Lego nicht allein. Weniger als ein Prozent der weltweit jährlich 335 Mio. Tonnen produzierten Plastiks sei bio, also nachhaltig und biologisch abbaubar, heißt es vom Interessenverband European Bioplastics. Im Einsatz ist dieses Plastik vor allem bei Verpackungen. Die Entwicklungen seien noch am Anfang, heißt es etwa von Ikea, wo Tiefkühlsackerl aus pflanzenbasiertem Plastik verkauft werden – dabei gibt es Plastik aus Pflanzen schon seit Jahrzehnten.

Nachfrage soll Druck erhöhen

Ein Problem ist auch die Skalierung. Erst wenn es genug Druck und Interessenten gibt, würde sich die chemische Industrie entsprechend bewegen und in die Weiterentwicklung von Pflanzenplastik für ein breiteres Anwendungsfeld investieren, so das „WSJ“. Ohne entsprechende breite Unterstützung aus der Industrie, sagt Lego, seien die selbst gesteckten Ziele auch nicht zu erreichen.

Einige Firmen versuchen nun über die Weitergabe ihres Know-hows und Kooperationen in dem Bereich weitere Mitstreiter zu bekommen. Lego ist einer Allianz mit Nestle, Procter & Gamble und McDonald’s beigetreten, die versucht eine Lieferkette auf die Beine zu stellen. Coca-Cola stellt sein Know-how bei der Flaschenproduktion anderen Firmen zur Verfügung. Seit vier Jahren hat Coca-Cola eine fertig entwickelte wiederverwertbare aus Pflanzen erzeugte Flasche im Regal, hat aber noch keinen effizienten Weg für die Produktion gefunden.