Der italienische Autor Andrea Camilleri
AP/Alessandra Tarantino
1925–2019

Andrea Camilleri ist tot

Der italienische Bestsellerautor Andrea Camilleri ist tot. Der 93-Jährige starb am Mittwoch im Krankenhaus in Rom, wie die Gesundheitsbehörde der Stadt mitteilte. International bekannt wurde Camilleri durch seine Kriminalromane über Kommissar Salvo Montalbano. Längst machte sich Camilleri aber auch einen Namen als kritische Stimme Italiens.

In seinen Geschichten warf er immer wieder ein Schlaglicht auf heikle Themen wie Korruption und das organisierte Verbrechen. Mit seinen ab 1994 veröffentlichten Kriminalromanen über Kommissar Montalbano, der in der fiktiven sizilianischen Kleinstadt Vigata ermittelt, feierte der zuvor vor allem als Drehbuchautor und Regisseur aktive Camilleri seinen Durchbruch als Schriftsteller und hatte auch international anhaltenden Erfolg.

Allein in Italien wurden seine Bücher mehr als 20 Millionen Mal verkauft, außerdem wurden sie in etwa 30 Sprachen übersetzt. Etliche Romane wurden verfilmt, außerdem gibt es eine Fernsehserie über Montalbano, die die Italiener seit 20 Jahren unterhält.

Auftritt in Caracalla-Thermen vorbereitet

Ungeachtet seines hohen Alters war Camilleri höchst aktiv. Erst vor rund zwei Monaten erschien in Italien mit „Il cuoco dell’Alcyon“ ein weiterer Montalbano-Roman. Selbst eine Erblindung konnte Camilleri nicht vor der Veröffentlichung neuer Bücher abhalten. Sein Gedächtnis sei „stärker geworden, ich erinnere mich an mehr Dinge als früher mit großer Klarheit und ich schreibe immer noch“, sagte Camilleri dazu in einem Interview einmal. Unmittelbar vor einem am 15. Juli geplanten Auftritt in den römischen Caracalla-Thermen erlitt Camilleri einen Herzstillstand, von dem er sich nicht mehr erholte.

Kritik an Salvinis Migrationspolitik

Schlagzeilen machte Camilleri zuletzt zudem mit kritischen Äußerungen über den italienischen Innenminister Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega. In Camilleris Fokus stand dabei immer wieder Salvinis Migrationspolitik – kein Verständnis zeigte Camilleri zudem dafür, dass der Lega-Chef immer wieder mit Rosenkranz auftrete – das rufe Brechreiz in ihm hervor, sagte der Schriftsteller jüngst dazu.

Aber auch abseits von Lega und Salvini hielt Camilleri mit seinen Büchern etwa auch bei Korruption und organisiertem Verbrechen seinem Heimatland immer wieder gekonnt den Spiegel vor. Typisch für Camilleris Bücher sind zudem literarische Zitate und die tiefgründigen Dialoge im sizilianischen Dialekt. Zudem finden sich auch Camilleris Leben und Persönlichkeit in seinen Romanen ein Stück weit wieder. So ähnelt etwa die Figur des Commissario Montalbano seinem Vater, der fiktive Schauplatz Vigata in Sizilien seinem Heimatort Porto Empedocle, einer süditalienischen Küstenstadt.

Von 14 Verlagen abgelehnt

Dort wurde er am 6. September 1925 geboren. Bereits mit zwölf Jahren begann Camilleri zu schreiben, während seines Philosophiestudiums veröffentlichte er dann erste Erzählungen und Gedichte. Später arbeitete er vor allem als Theaterregisseur, TV-Produzent und Drehbuchautor, war an zahlreichen Krimiserien für das italienische Fernsehen beteiligt.

Zudem war Camilleri auch als Lehrender aktiv – in den 1960er Jahren etwa im römischen Centro Sperimentale di Cinematografia (Experimentelles Zentrum für Kinematographie) und von 1977 bis 1997 als Professor an der Nationalakademie der Dramatischen Künste, Silvio D’Amico. Später versuchte sich Camilleri mehr und mehr als Schriftsteller und Autor, doch sein erstes Werk „Il corso delle cose“ („Der Lauf der Dinge“) wurde 1978 von 14 Verlagen abgelehnt. Schließlich veröffentlichte er bei einem kleinen lokalen Verlag historische Romane, jedoch ohne großen Erfolg.

Der Durchbruch folgte mit fast 70 Jahren dann mit seinem ersten Montalbano-Roman „La forma dell’acqua“ („Die Form des Wassers“). Der Commissario habe ihm „auf geradezu beängstigende Weise wie eine Dampfwalze den Weg geebnet“, meinte Camilleri später. „Ich dachte, ich hätte nicht genug für eine so lange Serie. Aber dann hat es doch geklappt.“

„Großer Verlust für Literaturwelt“

Das offizielle Italien reagierte am Mittwoch bestürzt auf den Tod des Bestsellerautors. Der italienische Vizepremier Luigi Di Maio bezeichnete Camilleris Tod als „traurige Nachricht für Sizilien und Italien“. „Sizilien verliert einen Sohn, und Italien verliert einen Lebensmeister“, so der Vizepremier und Chef der populistischen Regierungspartei Fünf-Sterne-Bewegung. Auch Salvini würdigte den Schriftsteller als „unermüdlicher Erzähler seines Siziliens“. Der Bürgermeister von Palermo, Leoluca Orlando, bezeichnete den Auto als „Meister von Kultur, Lebendigkeit und Humor“.

Der italienische Kulturminister Alberto Bonisoli (Fünf-Sterne-Bewegung) sagte, Camilleri hinterlasse eine große Leere in der italienischen Kultur. Er habe mit „Humor, Leichtigkeit und kritischem Geist“ viele Italiener für die Literatur gewonnen. Der Präsident des EU-Parlaments, David Sassoli (Demokratische Partei), sprach von einem „großen Verlust für die Literaturwelt“. „Worte, die die Wahrheit ausdrücken, haben eine ganz besondere Schwingung. Camilleri hat uns die Liebe für die Literatur geschenkt“, so Sassoli auf Twitter.