Eine Frau wird geimpft
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„Nachlässigkeitseffekt“

Impfskepsis in Westeuropa besonders hoch

Menschen in Ländern mit hohen Einkommen haben weltweit am wenigsten Vertrauen in Impfungen. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch veröffentlichten Studie der britischen Wohltätigkeitsorganisation Wellcome. Diese spricht von einer „globalen Krise“.

In Westeuropa glauben laut der Umfrage fälschlicherweise 22 Prozent, dass Impfungen gefährlich sind, in Frankreich sind es sogar 33 Prozent. In Österreich stimmten 21 Prozent dieser Aussage zu. Das größte Vertrauen gibt es in Bangladesch und Ruanda, wo fast die gesamte Bevölkerung überzeugt ist, dass Impfungen ungefährlich, wirksam und wichtig sind.

Für die Studie befragte das Meinungsforschungsinstitut Gallup zwischen April und Dezember 2018 mehr als 140.000 Menschen ab 15 Jahren in 144 Ländern. Der Wellcome-Leiter für Öffentlichkeitsarbeit, Imran Khan, zeigte sich „verblüfft“ vom „Ausmaß der Unterschiede“ in der Wahrnehmung von Impfungen.

Die Daten für Österreich

Für Österreich wird festgehalten, dass es so aussehe, dass immer mehr Menschen ihre Kinder nicht impfen lassen. Das erfolge aus Angst vor negativen Auswirkungen, Skepsis über die Wirksamkeit der Impfstoffe oder Misstrauen der Pharmaindustrie gegenüber, so der Bericht. Elf Prozent der Österreicher widersprachen der Aussage, dass Impfungen wirksam sind, zwölf Prozent finden sie nicht wichtig für Kinder.

Vertrauen in betroffenen Ländern besonders hoch

Das mangelnde Vertrauen gegenüber Impfungen in wohlhabenden Ländern bezeichnete Khan als „Nachlässigkeitseffekt“. Hohes Vertrauen gebe es vor allem in Ländern mit mehr Infektionskrankheiten. In entwickelten Ländern hingegen sei die Gefahr, infiziert zu werden, meist geringer – selbst ohne Immunisierung. Wer sich dort anstecke, werde „vielleicht nicht so krank oder stirbt nicht, weil wir ziemlich gute Gesundheitssysteme haben“, fügte Khan hinzu.

Menschen in Afrika werden geimpft
Reuters/Kenny-Katombe Butunka
In Afrika stehen die Menschen oft Schlange, um eine Impfung zu erhalten

Es gab in den letzten Jahren in mehreren westlichen Ländern ein verstärktes Auftreten an Masernerkrankungen – als Ursache gilt die zunehmen Impfzurückhaltung. Gegenüber der britischen Tageszeitung „Guardian“ sagte Heidi Larson vom Londoner Institut für Hygiene und Tropenmedizin, sie sei überzeugt, dass Soziale Netzwerke als Verstärker für die Skepsis und Ängste dienten.

Gerüchte und Falschinformationen

In Japan führten Sorgen vor der HPV-Impfung und ein im Internet weit verbreiteter Bericht über neurologische Probleme verbunden mit der Impfung laut Fachleuten dazu, dass das Vertrauen in die Immunisierung durch Impfungen generell nach unten ging.

In Frankreich verstärkte eine Kontroverse über eine Grippeimpfung ebenfalls die ablehnende Haltung. Der Impfstoff sei nicht wirksam, weil er überhastet entwickelt wurde, lautete der gegen die Behörden gerichtete Vorwurf. In Großbritannien zirkulierten Falschinformationen, wonach der MMR-Impfstoff (Masern, Mumps, Röteln) Autismus auslösen könne. Die Ukraine hatte mit 53.218 Fällen im Vorjahr die höchste Zahl an Masernerkrankungen in Europa – und nur 50 Prozent der Menschen dort gaben in der aktuellen Studie an, dass Impfstoffe effektiv seien.

Die Studie ist laut eigenen Angaben die weltweit größte Erhebung darüber, wie Menschen über Wissenschaft und große Gesundheitsprobleme denken. Neben der Impfskepsis gibt es andere wichtige Ergebnisse des Berichts: Drei Viertel der Menschen vertrauen am stärksten auf Rat von Ärzten und Pflegepersonal bei gesundheitlichen Problemen. In fast allen Regionen der Welt geben Männer eher als Frauen an, wissenschaftliches Know-how zu verstehen.