Mehr als 200 Verletzte bei Ausschreitungen in Georgien

Bei Ausschreitungen in der georgischen Hauptstadt Tiflis sind rund 240 Menschen verletzt worden. 102 Menschen würden in Krankenhäusern behandelt, teilte das Gesundheitsministerium der Ex-Sowjetrepublik heute lokalen Medienberichten zufolge mit. Unter den Verletzten sind den Angaben zufolge 80 Polizisten und Polizistinnen. Zunächst war von weit weniger Verwundeten bei den Protesten vor dem Parlamentsgebäude ausgegangen worden.

Aus Empörung über die Ansprache eines russischen Abgeordneten im georgischen Parlament hatten zuvor Tausende Demonstranten versucht, das Parlamentsgebäude zu stürmen. Einsatzkräfte der Polizei drängten die Menschen zurück und setzten dabei Tränengas und Gummigeschoße ein.

Neuwahl gefordert

Der Abgeordnete Giga Bokeria von der oppositionellen Europäischen Partei Georgiens sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Demonstranten forderten eine Neuwahl und den Rücktritt des Parlamentspräsidenten sowie des Innenministers.

Demonstration in Georgien
APA/AFP/Vano Shlamov

Spannungen seit Jahren

Auf der Demonstration im Zentrum der Hauptstadt hielten viele Demonstranten die georgische und die EU-Flagge hoch und schwenkten Transparente mit der Aufschrift „Russland ist ein Besatzer“.

Die Beziehungen zwischen dem prowestlich ausgerichteten Georgien und Russland sind seit Jahren angespannt. Russland betrachtet die ehemalige Sowjetrepublik Georgien als seine Einflusssphäre. Das Bestreben Georgiens, der EU beizutreten und NATO-Mitglied zu werden, sorgt seit Jahren für Konflikte mit Russland. Diese gipfelten am 8. August 2008 in einem Krieg um die von Tiflis abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien.

Krieg 2008

Georgien hatte mit dem von ihm begonnenen Krieg versucht, die abtrünnigen Gebiete wieder in sein Territorium einzugliedern. Doch die russischen Truppen überrannten die georgische Armee innerhalb von fünf Tagen. In dem Krieg kamen Hunderte Soldaten und Zivilisten ums Leben. Im Anschluss erkannte Moskau die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Südossetien und Abchasien an und errichtete dort Militärstützpunkte. Tiflis und seine westlichen Verbündeten verurteilten den Schritt als „illegale militärische Besetzung“. Die beiden Regionen machen 20 Prozent des georgischen Staatsgebiets aus.

„Russlandfeindliche Provokation“

Der Kreml verurteilte die Massenproteste indes als „russlandfeindliche Provokation“. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin sagte heute vor Journalisten und Journalistinnen in Moskau: „Was gestern in Georgien passiert ist, ist nichts anderes als eine russlandfeindliche Provokation.“ Für die russische Regierung seien die Proteste Anlass zu Besorgnis, fügte Dmitri Peskow hinzu.