Mordfall Lübcke: Politiker war auch im Visier des NSU

Der mutmaßlich von einem Rechtsextremisten erschossene Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war laut einem Zeitungsbericht zuvor auch ins Visier des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) geraten. Die 2011 aufgeflogene Terrorvereinigung habe den Kasseler Regierungspräsidenten auf ihrer Liste mit 10.000 Namen von Personen und Objekten geführt, berichtete der Berliner „Tagesspiegel“ gestern unter Berufung auf Sicherheitskreise. Lübcke sei im hinteren „8.000er Bereich“ der Liste aufgeführt.

Beschimpfungen seit 2015

Erstaunlich sei, dass er schon so frühzeitig auf der Feindliste stand. Denn scharf beschimpft wurde Lübcke von Rechten erst ab 2015, vier Jahre nach dem Ende des NSU. Lübcke hatte im Oktober 2015 bei einer Einwohnerversammlung den Bau einer Unterkunft für Flüchtlinge verteidigt und so den Unmut einiger Zuhörer und Internetnutzer erregt. Daraufhin folgten Angriffe in den Sozialen Netzwerken bis hin zu Morddrohungen.

Bei ihren Ermittlungen zum NSU hatte die Polizei Datensammlungen der Rechtsextremen mit insgesamt 10.000 Namen und Adressen von Organisationen und Politikern gefunden. Auf einer entsprechenden Liste standen auch 163 Bundestagsabgeordnete sowie eine ähnlich große Zahl von ehemaligen Parlamentariern.

Kontakt zu Neonazis

Das ARD-Magazin „Monitor“ hatte zuvor berichtet, dass der Mordverdächtige Stephan E. noch im März an einer „konspirativen“ rechten Veranstaltung im sächsischen Mücka teilgenommen habe. Dort sei er zusammen mit Mitgliedern der neonazistischen Organisationen „Combat 18“ und „Vereinigung Brigade 8“ fotografiert worden.

Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni auf der Terrasse seines Wohnhauses erschossen worden. Am Wochenende wurde der 45-jährige E. als dringend Tatverdächtiger festgenommen. Die Bundesanwaltschaft übernahm die Ermittlungen und stufte die Tat als „politisches Attentat“ ein.